Bernd Kluge / Bernhard Weisser (Hgg.): Gold gab ich für Eisen. Der Erste Weltkrieg im Medium der Medaille. Katalog zur Ausstellung des Münzkabinetts der Staatlichen Museen zu Berlin im Bode-Museum 20. März 2014 bis 30. März 2015 (= Das Kabinett. Schriften des Münzkabinetts; Bd. 14), Berlin: Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz 2014, 280 S., ISBN 978-3-88609-748-7, EUR 24,95
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Unter den zahlreichen Publikationen zum 100. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges zeichnet sich der hier vorzustellende Band, der die gleichnamige Ausstellung des Berliner Münzkabinetts (20.3.2014 bis 30.3.2015) begleitet, dadurch aus, dass er nicht nur die von Politik-, Militär- und Kunstgeschichte zumeist marginal behandelten Medaillen zum Gegenstand hat und ihren spezifischen Wert als gegenständliche Quelle belegt, sondern auch eine faszinierende Sicht auf diese Kleinkunstwerke vom zeitgenössischen (Propaganda-)Objekt zum Zeugnis der sich wandelnden künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Krieg über ein Jahrhundert ermöglicht. Das hier versammelte Material reicht dabei von den Stücken einer im Dezember 1915 vom Berliner Münzkabinett angeregten speziellen Medaillenedition mit 180 geplanten Nummern über weitere numismatische Objekte aus dem reichhaltigen Fundus bis hin zu den Ergebnissen einer 2013 wiederum vom Berliner Kabinett angeregten Edition mit 30 Nummern, die von 16 Berliner Künstlern geschaffen worden sind.
Der Band enthält neun Beiträge (9-90) sowie einen dreigliedrigen Katalogteil. Beigegeben sind ferner ein Literaturverzeichnis (275-278) sowie ein für weiterführende Forschungen sehr nützliches Verzeichnis der Weltkriegsmedaillen des Münzkabinetts, gegliedert nach den Namen der Medailleure unter Anführung der Nummern im Katalogteil sowie des online frei zugänglichen Interaktiven Katalogs des Kabinetts (IKMK). Es wäre wünschenswert gewesen, wenn dieser spezifisch kunsthistorische und medaillenkundliche Zugriff sein Pendant in einer thematischen Auflistung gefunden hätte, um das umfangreiche Material auch in dieser Hinsicht schneller erschließen zu können.
Nachdem die 1915 vom Berliner Münzkabinett angeregte Medaillenedition bereits 1998 von Wolfgang Steguweit in einer eigenständigen Publikation [1] erschlossen wurde, knüpfen die im zu besprechenden Band vereinten Studien mit zwei Beiträgen Steguweits hieran an (15-22, 73-80), während Bernhard Weisser mit Ausführungen zu den "Positionen der gegenwärtigen Medaillenkunst" die große Klammer zu der vom Münzkabinett angeregten Medaillenedition 1914-2014 schlägt (81-90). Hervorzuheben ist ferner, dass der Band nicht nur den Blick bis in die Gegenwart gestattet, sondern auch geographisch über Deutschland hinaus, indem Medaillen der Kriegsgegner Großbritannien, Frankreich, Belgien und USA vorgestellt werden. Karsten Dahmen charakterisiert kurz Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Bildsprache und Inhalten mit den deutschen Stücken (57-65), während Emma Harper am Beispiel der personalisierten britischen Gedenkmedaillen auf das Schicksal zweier Gefallener eingeht und die Entstehungsgeschichte der offiziell als 'Next of Kin Memorial Plaque' bezeichneten, im Volksmund aber als 'dead man's penny' bekannten Stücke beschreibt (67-71). Dahmen stellt leider nicht die Frage, ob es nicht auch in Russland, Polen, Italien usw. zum Themenkomplex gehörige Medaillen gab. Es wäre zum Beispiel zu prüfen, ob nicht die Medaille Konstantin Laszczinskis auf die Festungshaft Josef Pilsudskis 1917 in Magdeburg [2] hierzu zählt. Ebenso ist nach den alliierten Siegesmedaillen zu fragen. [3]
Interessante Informationen über Frauen als Medailleurinnen sowie das auf den Weltkriegsmedaillen vermittelte Frauenbild finden sich in einer Skizze von Elke Bannicke. Die gleiche Autorin steuert ferner einen Abriss zur Erwerbspolitik des Berliner Kabinetts in den Jahren von 1914 und 1918 (9-13) sowie einen Beitrag zum Verhältnis von Kunst und Kommerz bei den Weltkriegsmedaillen (23-31) bei. Die mehrfachen Hinweise auf die Goldpolitik der Reichsbank hätten aber zur besseren Verdeutlichung dadurch ergänzt werden sollen, dass sich diese während des Krieges veränderte: Seit Kriegsbeginn vereinnahmte zwar die deutsche Zentralnotenbank alles ihr, nicht zuletzt durch eine umfangreiche patriotische Sammlungstätigkeit, zufließende Gold, sie sah jedoch zunächst davon ab, selbst aktiv zu werden oder diese Bestrebungen direkt zu fördern. Erst Mitte 1916 ging sie zum Ankauf von Goldsachen über. [4]
Ebenso hätte die Reminiszenz auf einen Artikel in der Times vom 25.5.1915, in dem von einer deutschen Medaille zur "Erinnerung an die Einnahme und Verbrennung von Paris durch v. Kluck" nach einer Meldung der Kölnischen Zeitung, die wiederum die Blätter für Münzfreunde (dort Sp. 5825) aufgegriffen hatten, berichtet wird, sowohl den Hinweis darauf verdient, dass der Inhalt des britischen Leserbriefs recht frei wiedergegeben wurde, als auch dazu, ob wirklich ein derartiges Stück verfertigt wurde. Schließlich war es doch allgemein bekannt, dass Paris in der Marne-Schlacht eben nicht erobert werden konnte.
Der Katalogteil, der die deutschen Medaillen, die der Alliierten und die moderne Edition erfasst, genügt höchsten Ansprüchen sowohl in der Beschreibung der Objekte als auch bei den Abbildungen. Zusammen mit Layout und Druck machen sie den Band nicht nur zu einem wichtigen Nachschlagewerk, sondern auch zu einem buchkünstlerischen Meisterwerk.
Anmerkungen:
[1] Wolfgang Steguweit: Das Münzkabinett und die Förderung der Medaillenkunst. Künstlerbriefe und Medaillenedition im Ersten Weltkrieg (= Das Kabinett, Bd. 5), Berlin 1998.
[2] http://www.wcn.pl/eauctions/131205/details/21189, (aufgerufen am 25.5.2014).
[3] Vgl. z.B. Alexander J. Laslo: The Interallied Victory Medals of World War I, Albuquerque, 2. Aufl. 1992.
[4] Vgl. Die Reichsbank 1901-1925, Berlin 1925, 61 f.; Mitteilung für die Goldankaufstellen und Goldhilfsankaufstellen, hrsg. vom Kriegsbüro des Reichsbank-Direktoriums, Berlin, Nr. 1-25 (1916-17).
Reinhold Zilch