Rezension über:

Arturo Giraldez: The Age of Trade. The Manila Galleons and the Dawn of the Global Economy (= Exploring World History), Lanham: Rowman & Littlefield 2015, XII + 257 S., ISBN 978-0-7425-5663-8, GBP 24,95
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Rezension von:
Eberhard Crailsheim
Instituto de Historia, Consejo Superior de Investigaciones Científicas (CSIC), Madrid
Redaktionelle Betreuung:
Sebastian Becker
Empfohlene Zitierweise:
Eberhard Crailsheim: Rezension von: Arturo Giraldez: The Age of Trade. The Manila Galleons and the Dawn of the Global Economy, Lanham: Rowman & Littlefield 2015, in: sehepunkte 16 (2016), Nr. 4 [15.04.2016], URL: https://www.sehepunkte.de
/2016/04/27433.html


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Arturo Giraldez: The Age of Trade

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Arturo Giraldez, Professor für Moderne Sprachen und Literatur an der University of the Pacific in Kalifornien (einen zweiten PhD erhielt er in Geschichte, Universität von Amsterdam), ist ein Altmeister der frühen Geschichte der Europäer im Pazifik. Nun hat er ein Buch über die Manila Galeone geschrieben, anhand derer er - so lässt der Titel vermuten - den Beginn der globalen Wirtschaft festmachen will. Ganz ist ihm dies nicht geglückt, doch hat er eine gelungene Geschichte der spanischen Philippinen vorgelegt.

The Age of Trade erscheint in der Serie Exploring World History (herausgegeben von niemand anderem als John McNeill und Kenneth Pomeranz), die ihr Augenmerk auf die Regionen überschreitenden Bewegungen von Menschen, Gütern, Ideen etc. legt. Im Rahmen des Feldes der World History, will sie klare, prägnante Handbücher (reader) für Studenten und Historiker der Weltgeschichte herausgeben, die aufzeigen, wie die globale Vernetzungen der Vergangenheit Einfluss auf unsere heutige Welt haben. Mit The Age of Trade greift Arturo Giraldez einen der frühesten Momente dieser globalen Verknüpfung auf und mit dem Fokus auf die Manila Galeone präsentiert er eine "Verkehrsverbindung", die gleichsam einer der zentralsten Träger dieser Globalisierung war, da sie lange Zeit die ausschließliche Verbindung zwischen Amerika und Asien war. Ganz im Sinne von Bernd Hausberger, der in Die Verknüpfung der Welt [1] zu Recht darauf hinweist, dass die Frühphase der Globalisierung (im 16.-18. Jahrhundert) von der aktuellen Historiografie sträflich vernachlässigt wird (Stichwort: Pfadabhängigkeit historischer Prozesse), verweist Arturo Giraldez darauf, dass mit der Verknüpfung Amerikas und Asiens eines der ersten Kapitel der bis heute andauernden Globalisierung aufgeschlagen wurde.

In sieben Kapiteln umreißt Giraldez die Geschichte der Philippinen vom 15. bis ins 18. Jahrhundert und gibt damit einen Einblick in die Verflechtungsgeschichte Südostasiens und des pazifischen Amerikas. Zunächst beschreibt er einleitend die Situation des Archipels vor der Ankunft der Spanier (1521) wobei er neben der dominanten wirtschaftsgeschichtlichen Komponente (Einbettung in das muslimische und chinesische Wirtschaftssystem) auch geografische und soziale Aspekte würdigt. Im zweiten Kapitel geht Giraldez auf die globale Wirtschaft im 16. und 17. Jahrhundert ein und streicht die immense Bedeutung des amerikanischen Silbers hervor, sowohl für Europa als auch für Asien (v.a. China). Auch die Rolle der Europäer in Asien (Seemacht, Suche nach Gewürzen) wird beschrieben, v.a. die Entdeckungsreisen der Spanier im 16. Jahrhundert. Dabei unterhält Giraldez die Leser mit amüsantem Detailwissen (45, 49, 53 etc.), z.B. über ungewöhnliche Schmuggelmethoden. Kapitel drei beschreibt, wie die Spanier auf den Philippinen Fuß fassten und das Herrschaftssystem, basierend auf den Erfahrungen in Amerika, etablierten, wobei die Besonderheiten der Philippinen hervorgehoben werden (u.a. die Nachbarschaft zu den Chinesen und zu den umliegenden Sultanaten, keine Minen oder Plantagenwirtschaft). Während zahlreiche Darstellungen der Philippinen gerne vom 16. ins 18 Jahrhundert springen, ist dies hier nicht der Fall und Kapitel vier bis sechs beschäftigen sich fast ausschließlich mit dem 17. Jahrhundert. Dabei geht es zunächst um die klimatischen Rahmenbedingungen, die Beeinflussungen des Handels durch die militärischen Auseinandersetzungen (v.a. gegen die Holländer und moros, die Muslime der benachbarten Sultanate) und um die Akteure des transkontinentalen Manila-basierten Handelssystems (Portugiesen, sangleyes (Chinesen in Manila), moros, Armenier, Neuchristen etc.). Kapitel fünf beschreibt die Einzelheiten der Manila-Galeone (Schiffstypen, Schiffbau, Besatzung, Korruption, Route, Klima, Überfahrt, Häfen) und Kapitel sechs die dahinter stehenden wirtschaftlichen Zusammenhänge (Handel, Schmuggel, Vorschriften, Aufstände) wobei v.a. die Rolle der Chinesen hervorgehoben wird, v.a. als Abnehmer von Silber und Lieferanten von Seide und Porzellan. In Kapitel sieben deutet sich schließlich über die wirtschaftlichen Veränderungen und die militärischen Auseinandersetzungen des 18. Jahrhunderts der Niedergang des Galeonenhandels an.

Im letzten Kapitel (das im Übrigen im Vergleich zu den vorangehenden recht gedrängt wirkt) geht Giraldez auf das Thema des asiatischen Tee-Opium-Handelskreislaufs ein und greift den zu Beginn des Buches anklingenden Leitgedanken der interregionalen Vernetzung wieder auf (zunächst Südostasien, Ostasien und Südasien, dann auch Europa und Amerika). Genau dies hätte man sich, ausgehend vom vielversprechenden Titel, als roten Faden im ganzen Buch erwartet. Manila ist ohne Frage eine Schnittstelle globalen Handels und die Manilagaleone ist wohl der einzige Grund dafür, doch um "the dawn of global economy" darzustellen hätte man einige Aspekte weitaus gründlicher beleuchten können, beispielsweise: Manila als Treffpunkt unzähliger Ethnien und Nationen, die Handelsnetzwerke der Portugiesen und Armenier, das Agentenwesen der Neuspanier, die politische Ökonomie der Chinesen und Japaner, der (illegitime) Handel der Spanier in Manila mit "Ungläubigen", der Sklavenhandel oder der Handel mit moros. Einige dieser Aspekte finden sich in Giraldez' Buch erwähnt, eine gewissenhafte Analyse erfahren sie jedoch leider nicht. Somit bleibt das Thema der Manilagaleone als "Beginn der globalen Wirtschaft" nur in Teilen ausgeführt.

Dessen ungeachtet ist The Age of Trade eine hervorragende auf zahlreichen Sekundärwerken und einigen editierten spanischen und übersetzen Quellen basierende Einführung in die Geschichte der Philippinen, mit wirtschaftsgeschichtlichem Schwerpunkt. Als reader für Studenten und Historiker der Weltgeschichte bietet er ein fundiertes und gut lesbares Grundwissen zu den wirtschaftlichen Zusammenhängen rund um die Manilagaleone sowie deren Rolle als Träger der frühesten interkontinentalen Verbindung zwischen Amerika, Asien und Europa.


Anmerkung:

[1] Bernd Hausberger: Die Verknüpfung der Welt. Geschichte der frühen Globalisierung vom 16. bis zum 18. Jahrhundert (= Expansion - Interaktion - Akkulturation. Globalhistorische Skizzen), Wien 2015, rezensiert in: sehepunkte 15 (2015), Nr. 9, http://www.sehepunkte.de/2015/09/27375.html.

Eberhard Crailsheim