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Stephan Conermann: Islamische Welten. Einführung, in: sehepunkte 16 (2016), Nr. 10 [15.10.2016], URL: https://www.sehepunkte.de
/2016/10/forum/islamische-welten-210/

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Islamische Welten

Einführung

Von Stephan Conermann

In diesem FORUM "Islamische Welten" finden Sie in erster Linie Buchbesprechungen, die dankenswerterweise von Dr. Mehdi Sajid betreut wurden.[1] Herr Sajid, der bei mir promoviert hat, ist zurzeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einem Verbundprojekt an der Universität Utrecht tätig. Gegenstand der von dort eingebrachten Rezensionen sind interessante Werke, die mehrere für die Islamwissenschaft wichtige Themen berühren. Für eine erste Einschätzung von Veröffentlichungen in unserem Fachgebiet sind Informationen über den Ausbildungshintergrund der Autorinnen und Autoren stets sehr hilfreich.

Yaser Ellethy zum Beispiel, der an der Freien Universität Amsterdam Islamische Theologie lehrt, kommt von der Azhar in Kairo, wo er vornehmlich die klassischen Islamischen Wissenschaften studiert hat. Insofern muss man sich auch nicht wundern, dass sein Buch eher den Anspruch erhebt, den (modernen, heutigen) Islam für die Leser aus einer dezidiert persönlichen Sicht eines Islamgelehrten zu erklären. (Sikkes zu Ellethy) In nicht ganz unerheblichem Maße kommen auch Publikationen von Personen auf dem Markt, die sich zum Islam im Allgemeinen und im Konkreten äußern, jedoch über keinerlei relevante wissenschaftliche Qualifikation verfügen. So hat der früh zum Islam konvertierte Louay Fatoohi zwar einen Doktor in Physik, aber eben keinen islamwissenschaftlichen Abschluss. Dennoch schreibt Fatoohi, ein bekennender und aktiver Anhänger der Kasnazani-Bruderschaft, seit Jahren Abhandlungen zu islamischen Fragen. Der islamwissenschaftliche Gehalt solcher Arbeiten ist in der Regel nur schwer einzuschätzen. Hier haben wir es mit einer Studie zur komplexen Abrogationslehre zu tun, die aber offensichtlich durchaus anspruchsvoll und lesenswert ist. (Jansen zu Fatoohi)

Ein sehr spannendes Feld ist der islamische Feminismus. Bemerkenswerterweise arbeiten viele Aktivistinnen gleichzeitig als Dozentinnen an amerikanischen Universitäten. Hier kann eine Vermischung der privatpersönlichen mit der wissenschaftlichen Sphäre beobachtet werden, die an deutschen Universitäten in der Regel nicht sehr verbreitet ist. Und in der Tat stellt sich aus mitteleuropäischer Sicht bisweilen die Frage, inwieweit diese Interessensverquickung der allgemein anerkannten akademischen Zurücknahme - oder zumindest reflektierten Beobachtung - der eigenen Positionalität nicht doch abträglich ist. In einer 2014 erschienenen Studie untersucht Aysha A. Hidayatillah Wirken und Werk von sechs muslimischen Feminstinnen: Riffat Hassan (geb. 1943, Professorin für Religious Studies an der Universiät von Louisville, Kentucky), Azizah al-Hibri (geb. 1943, bis 2012 Professorin an der T. C. Williams School of Law/University of Richmond), Asma Barlas (geb. 1950, Professorin am Ithaca College, New York), Kecia Ali (geb. 1972, Professorin für Religionswissenschaft an der Boston University), Amina Wadud (geb. 1952, Professorin für Islamwissenschaften an der Virginia Commonwealth University in Richmond) sowie, last but not least, die an dem Department of Religious Studies an der Universität in Kapstadt, Südafrika angestellte Sa'diyya Shaikh. (Molenaar zu Hidayatullah) Zu Sa'diyya Shaikhs feministischer Interpretation von Ibn Arabi (gest. 1240) liegt darüber hinaus noch eine eigene Rezension vor. (Stilma zu Shaikh)

Mit eher tradionell-islamwissenschaftlichen Arbeiten beschäftigen sich schließlich die drei übrigen Besprechungen. Neben einer ordentlichen Einführung in den schiitischen Islam (Moussa zu Haider) und einer gelungenen Analyse der gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Entwicklung des Iran seit der Revolution im Jahre 1979 (Schirrmacher zu Borszik) empfiehlt sich auch Jonathan A. C. Browns tiefsinniger Einblick in die immense Breite innermuslimischer Auslegungsangebote der prophetischen Tradition. (Moussa zu Brown).

Viel Spaß bei der Lektüre!


Anmerkung:
[1] Nur die Rezension von Frau Schirrmacher hat Herr Sajid nicht begleitet.

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