Rezension über:

Waldemar Könighaus (Bearb.): Regesta Pontificum Romanorum. Polonia pontificia sive repertorium privilegiorum et litterarum a Romanis pontificibus ante annum MCLXXXXVIII Poloniae ecclesiis monasteriis civitatibus singulisque personis concessorum, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2014, XXV + 227 S., ISBN 978-3-525-30052-7, EUR 79,99
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Rezension von:
Ingrid Männl
Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin
Redaktionelle Betreuung:
Ralf Lützelschwab
Empfohlene Zitierweise:
Ingrid Männl: Rezension von: Waldemar Könighaus (Bearb.): Regesta Pontificum Romanorum. Polonia pontificia sive repertorium privilegiorum et litterarum a Romanis pontificibus ante annum MCLXXXXVIII Poloniae ecclesiis monasteriis civitatibus singulisque personis concessorum, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2014, in: sehepunkte 17 (2017), Nr. 3 [15.03.2017], URL: https://www.sehepunkte.de
/2017/03/26857.html


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Waldemar Könighaus (Bearb.): Regesta Pontificum Romanorum

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Bereits drei Jahre nach dem Erscheinen der Bohemia-Moravia Pontificia hat Waldemar Könighaus den Band Polonia Pontificia im Rahmen des gesamteuropäischen Unternehmens der Regesta Pontificum Romanorum vorgelegt. Er konnte zwar auf Vorarbeiten vor allem polnischer Wissenschaftler zurückgreifen, doch es ist sein Verdienst, das umfangreiche Werk zum Abschluss gebracht zu haben. Der Band verzeichnet alle schriftlichen Kontakte, die sich zwischen dem Papsttum und der Kirchenprovinz Gnesen sowie dem seit 1181 exemten Bistum Kammin und den weltlichen Herrschern in diesen Gebieten, nämlich den Herzögen beziehungsweise Königen von Polen und den Herzögen von Pommern, vor dem Einsetzen der päpstlichen Register im Jahr 1198 nachweisen lassen.

Die Gliederung des Bandes folgt dem Schema der vorhergehenden Bände der Reihe. Am Anfang steht eine chronologische Auflistung der erfassten Dokumente, getrennt nach päpstlichen Ausstellern (Erstbeleg unter Silvester II.) und nach weltlichen und geistlichen Ausstellern aus den behandelten Gebieten (973/74 Erstbeleg für den Herzog von Polen). Es folgen die einzelnen Artikel, zunächst zu den weltlichen Herrschern, dann zu den (Erz-)bischöfen und den in ihren (Erz-)diözesen gelegenen Klöstern und Stiften: Gnesen mit Augustinerchorherrenstift zu Tremessen und Benediktinerkloster zu Mogilno, Posen mit dortigem Johanniterhaus, Krakau mit Benediktinerkloster zu Tyniec, Breslau mit dortigem Sandstift, einer Abtei der regulierten Augustinerchorherren, und dortigem Prämonstratenserstift St. Vinzenz, Płock mit Augustinerchorherrenstift zu Czerwińsk, Leslau mit Prämonstratenserinnenstift zu Strzelno und Kammin mit Prämonstratenserkloster zu Grobe-Usedom-Pudagla und Zisterzienserkloster zu Kolbatz. Die Artikel bestehen neben umfangreichen Quellen- und Literaturangaben auch aus einer bis in die heutige Zeit reichenden Geschichte der jeweiligen Institution unter Berücksichtigung der Archiv- und Bibliotheksverhältnisse. Sie sind ebenso wie die sich anschließenden Regesten in lateinischer Sprache abgefasst und zeugen von der großen sprachlichen Leistung des Bearbeiters.

Auf die Regesten, die eine knappe inhaltliche Zusammenfassung der berücksichtigten Schriftstücke geben, folgt eine Zusammenstellung über die Überlieferung und die bisherigen Editionen und Regestierungen. Daraus ist zu ersehen, dass die allermeisten Texte zu den insgesamt 130 erarbeiteten Regesten der Forschung bereits bekannt waren. In einem Anhang finden sich die Regesten zu 115 fiktiven Nachrichten über die Beziehungen Polens zur päpstlichen Kurie, die der spätmittelalterliche polnische Geschichtsschreiber Johannes Długosz in seinen Werken erwähnt, sowie die Regesten zweier aus den Pontifikaten Paschalis' II. und Lucius' III. stammender Dokumente, die von der Forschung bisher oft fälschlicherweise Polen zugeordnet wurden. Bedauerlicherweise sind dem Band, wie auch schon den vorhergehenden Bänden der Reihe, keine Indices beigegeben worden.

Waldemar Könighaus hat in seinem 2013 erschienenen Beitrag "Die Päpste und die Klöster Ostmitteleuropas vornehmlich im 12. und 13. Jahrhundert" bereits selbst eine Auswertung des von ihm zusammengetragenen Quellenmaterials vorgenommen. [1] Er weist darauf hin, dass sich für Böhmen und Polen verstärkt erst in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts und damit über Jahrhunderte später als in den zum spätantiken römischen Reich gehörenden Teilen Süd- und Westeuropas Kontakte zum Papsttum nachweisen lassen. Dies bewertet er zu Recht als ein Charakteristikum für die Zugehörigkeit der beiden Regionen zum "Jüngeren Europa". [2] Ferner stellt er die Parallelen in den Beziehungen der böhmischen und polnischen Klöster zur päpstlichen Kurie heraus. Er macht besonders auf die fast gänzlich fehlenden Kontakte in der Anfangszeit aufmerksam, die auf die starke Abhängigkeit der ersten gegründeten Klöster von den weltlichen Herrschern zurückzuführen sind und die erst mit den Niederlassungen der Reformorden (vor allem Zisterzienser und Prämonstratenser) und den ihnen vom Papst gewährten Privilegien intensiver wurden. Meines Erachtens wäre bei diesem direkten Vergleich noch hervorzuheben gewesen, dass aus den Bistümern Prag und Olmütz bis zum Stichjahr 1198 bereits 15 Klöster und Stifte nachweislich über Papstbeziehungen verfügten, während es für die gesamte Erzdiözese Gnesen nur sieben waren. Auch diese Zusammenstellung macht deutlich: "Polen liegt an der Peripherie. Das ist eine Tatsache, die wohl jeden der vielen Aspekte polnischer Vergangenheit geprägt hat, die etwas mit europäischen Entwicklungsprozessen zu tun hatten - geprägt in der Regel mit dem Signum der Verspätung." [3]

Es ist zu wünschen, dass die nächsten Vorhaben des an der Göttinger Akademie angesiedelten Projekts der "Papsturkunden des frühen und hohen Mittelalters", nämlich der dritte Band der Iberia Pontificia und die dritte Auflage des Jaffé, ebenso zügig voranschreiten mögen, und es ist zu begrüßen, dass mit dem Aufbau einer Online-Datenbank zu den Regesta Pontificum Romanorum begonnen wurde.


Anmerkungen:

[1] Erschienen in: Cristina Andenna u.a. (Hgg.): Die Ordnung der Kommunikation und die Kommunikation der Ordnungen. Band 2: Zentralität: Papsttum und Orden im Europa des 12. und 13. Jahrhunderts, Stuttgart 2013, 87-98.

[2] Der Begriff im Anschluss an Peter Moraw: Über Entwicklungsunterschiede und Entwicklungsausgleich im deutschen und europäischen Mittelalter. Ein Versuch, in: Ders.: Über König und Reich. Aufsätze zur deutschen Verfassungsgeschichte des späten Mittelalters, hg. v. Rainer Christoph Schwinges aus Anlass des 60. Geburtstags von Peter Moraw, Sigmaringen 1995, 293-320.

[3] Peter Moraw: Das Mittelalter (bis 1469), in: Norbert Conrads (Hg.): Deutsche Geschichte im Osten Europas. Schlesien, Berlin 1994, 37-176, hier 47.

Ingrid Männl