Rezension über:

Hannah Cornwell: Pax and the Politics of Peace. Republic to Principate (= Oxford Classical Monographs), Oxford: Oxford University Press 2017, XIV + 254 S., ISBN 978-0-19-880563-2, GBP 65,00
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Rezension von:
Wolfgang Havener
Ruprecht-Karls-Universität, Heidelberg
Redaktionelle Betreuung:
Matthias Haake
Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Havener: Rezension von: Hannah Cornwell: Pax and the Politics of Peace. Republic to Principate, Oxford: Oxford University Press 2017, in: sehepunkte 18 (2018), Nr. 2 [15.02.2018], URL: https://www.sehepunkte.de
/2018/02/30833.html


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Hannah Cornwell: Pax and the Politics of Peace

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In ihrer Monografie, die auf einer im Jahr 2013 an der Universität Oxford eingereichten Dissertation basiert, befasst sich Hannah Cornwell mit dem Konzept der pax sowie seinen semantischen Wandlungen in der Zeit des Übergangs von der römischen Republik zum Prinzipat. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, welche Verbindungslinien sich zwischen den Begriffen pax und imperium ziehen lassen. Die Autorin will aufzeigen, "how pax acquired a central role within imperial discourse over the course of the collapse of the Republican framework to become deployed in the legitimization of the Augustan regime." (4)

Nach einer kurzen Einleitung (1-9), die in erster Linie dazu dient, die Studie im recht breit gefassten Rahmen der Forschung zu Krieg und Frieden in der griechisch-römischen Antike zu verorten sowie die eingangs genannte Fragestellung auszuformulieren, befasst sich Cornwell im ersten Kapitel mit der Semantik des pax-Begriffs in republikanischer Zeit (11-42). Grundlegend sei sowohl im Bereich der zwischenstaatlichen Beziehungen als auch in der religiösen Sphäre (pax deorum) der Aspekt der Aushandlung und Schließung eines Vertrages zwischen ungleichen Verhandlungspartnern, symbolisiert in der Bildsprache (beispielsweise in der Münzprägung) durch den caduceus. Insbesondere während der späten Republik sei dieses Grundkonzept einer zunehmenden Politisierung unterworfen worden, in deren Rahmen sich die Semantik des Begriffs in entscheidenden Punkten gewandelt oder erweitert habe.

Die folgenden Kapitel haben zum Ziel, diesen Politisierungsprozess nachzuzeichnen. Zunächst widmet sich Cornwell den Bürgerkriegen der 40er-Jahre und versucht aufzuzeigen, dass das Konzept der pax mehrfach den sich wandelnden politischen Rahmenbedingungen angepasst worden sei (43-79). Den Ausgangspunkt ihrer Überlegungen bilden die ovationes die Caesar, Octavian und Antonius in den Jahren 44 bzw. 40 v.Chr. feierten. Insbesondere letztere demonstrieren Cornwell zufolge, dass das zuvor vor allem auf die Beziehungen Roms zu externen Gegnern gemünzte pax-Konzept nun auch auf die innerrömischen Auseinandersetzungen übertragen und als Instrument im Kampf um die Vorherrschaft in der res publica eingesetzt worden sei. Pax habe sich dabei zu einem zentralen Element der Siegesrhetorik entwickelt, das es den Protagonisten der innerrömischen Machtkämpfe ermöglicht habe, ihre Erfolge zu präsentieren, ohne dabei ihre Siege über Mitbürger besonders hervorzuheben.

Dieser Aspekt des pax-Begriffs und insbesondere der dadurch ermöglichte Verzicht auf die direkte Benennung eines (römischen) Gegners habe sich auch für Octavian in der Aufarbeitung seines Sieges über Antonius als höchst funktional erwiesen. Die spezifische Form dieser Aufarbeitung sieht Cornwell in der Formel pax terra marique auf den Punkt gebracht (81-120). Der Sieg über Antonius sei dabei gleichgesetzt worden mit der Herstellung eines umfassenden Friedens, der auf der ebenfalls umfassenden römischen Herrschaft terra marique basiere. Dieses Prinzip sieht Cornwell sowohl in der Präsentation des Sieges über Sextus Pompeius als auch des Erfolgs im Krieg gegen Antonius und Kleopatra am Werk. Nun ist ihr sicher darin zuzustimmen, dass die Begriffe Frieden und Sieg im Rahmen der Feier des Bürgerkriegserfolgs eine enge Beziehung eingingen. Wenn die Autorin jedoch hier wie auch an anderer Stelle den Aspekt des Friedens letztlich als den dominierenden Bestandteil des Konzepts ansieht, muss einer solchen Schlussfolgerung kritisch begegnet werden. Eine Privilegierung des Friedens im Rahmen der Siegesrhetorik Octavians lässt sich weder für den Dreifachtriumph des Jahres 29 v.Chr. noch für das Siegesmonument bei Nikopolis konstatieren. Von einer bewussten Zurückdrängung des Bürgerkriegsaspekts im Rahmen des Triumphs kann keine Rede sein; die Inschrift des Monuments bezeichnet Octavian explizit als victor. Wenn Cornwell resümiert, dass der von Octavian so prominent in Szene gesetzte Friede "was not concerned with reconciliation, but rather became an assertion of his command over land and sea" (120), relativiert sie die Bedeutung des Bürgerkriegs im Rahmen der Legitimationsstrategie Octavians zu stark. Es war nicht irgendein militärischer Erfolg, sondern gerade der Sieg im Bürgerkrieg, der die Grundlage für Octavians Machtposition nach Actium bildete und der im Rahmen der Präsentation des Erfolgs eine zentrale Rolle einnahm. [1]

Eine entscheidende Etappe im Prozess der Ausgestaltung einer augusteischen Friedensprogrammatik stellt für Cornwell das Jahr 19 v.Chr. dar, das im Zeichen des diplomatischen Erfolges über die Parther und der Rückgabe der in den Jahrzehnten zuvor verlorenen römischen signa stand (121-153). Dabei stellt die Autorin mittels einer Analyse des Partherbogens einen Zusammenhang her zwischen der Präsentation der signa-Rückgabe und dem durch die Säkularspiele propagierten Konzept des novum saeculum. Die abgeschlossenen Triumphalfasten hätten insbesondere dazu gedient, den Parthersieg darzustellen als "triumph to end all triumphs because Augustus has achieved the ultimate victory, that of the return of peace." (141) [2]

Im letzten Abschnitt widmet sich Cornwell schließlich einem für ihre Fragestellung zentralen Monument, der Ara Pacis (155-186). Die Autorin sieht darin einen Kulminationspunkt der programmatischen Verbindung der Konzepte pax und imperium im augusteischen Rom. Das Bildprogramm der Ara Pacis führe dem Betrachter diesen Zusammenhang vor Augen und biete ihm zugleich im Rahmen des Prozessionsfrieses eine idealisierte Version der res publica, deren Stabilität zum einen auf der Eroberung des orbis terrarum, zum anderen auf dem Fortbestehen der senatorischen Institutionen beruhe. Ein kurzer Ausblick auf die Kaiserzeit (187-200), ein Quellenverzeichnis und ein General Index beschließen den Band.

Cornwells Studie stellt ohne Zweifel einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der späten Republik und des frühen Prinzipats dar. Sie behandelt einen Themenkomplex, der für die Ausgestaltung der augusteischen Herrschaft von zentraler Bedeutung war, und zeigt dabei zu Recht auf, dass der erste princeps auch hier auf Debatten und Diskurse zurückgreifen konnte und musste, die ihren Ursprung in der Phase der Bürgerkriege hatten. Zugleich muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass Cornwells Argumentation an der einen oder anderen Stelle zu sehr auf den Aspekt des Friedens fokussiert und den Aspekt des Sieges vernachlässigt. Die Verbindung der Konzepte Krieg, Sieg und Frieden im spätrepublikanischen und augusteischen Rom war hochkomplex, ständigen Wandlungen und Schwerpunktverschiebungen unterworfen und kann letztlich nicht auf die Integration des Friedensbegriffs als bestimmendes Element in die römische Siegesrhetorik reduziert werden. Es ist daher von zentraler Bedeutung, genau zwischen den verschiedenen Protagonisten dieses Diskurses, zwischen ihren Motiven, Interessen und Handlungsspielräumen zu differenzieren. Dies gelingt Cornwell in weiten Teilen durchaus, an anderen Stellen (etwa in den kurzen Ausführungen zum PAX-Cistophor oder den Betrachtungen zum Augustusforum und zur Ara Pacis) tritt dieser methodische Grundsatz jedoch etwas in den Hintergrund.


Anmerkungen:

[1] Vgl. hierzu u.a. Wolfgang Havener: A Ritual Against the Rule? The Representation of Civil War Victory in the Late Republican Triumph, in: The Roman Republican Triumph. Beyond the Spectacle, ed. by Carsten Hjort Lange / Frederik Juliaan Vervaet, Rom 2014, 165-179. Obwohl der entsprechende Sammelband in der Bibliografie aufgeführt wird, rezipiert die Autorin diesen Beitrag ebenso wenig wie den ebenfalls darin enthaltenen Aufsatz von Ida Östenberg.

[2] Da der Raum im Rahmen dieser Rezension für eine eingehende Auseinandersetzung mit Cornwells Argumenten nicht ausreicht, sei für eine alternative Sichtweise auf diesen und weitere in der hier besprochenen Arbeit behandelte Themenkomplexe auf die ebenfalls nicht rezipierte Studie Wolfgang Havener: Imperator Augustus. Die diskursive Konstituierung der militärischen persona des ersten römischen princeps, Stuttgart 2016 verwiesen.

Wolfgang Havener