Christopher Ratté / Angela Commito: The Countryside of Aphrodisias (= Kelsey Museum Publications; 15), Ann Arbor: Kelsey Museum of Archaeology 2017, 168 S., 115 Farb-, 21 s/w-Abb., ISBN 978-0-9906623-5-8, USD 18,95
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In der Regel werden die Ergebnisse archäologischer Feldforschungen in Kleinasien in wissenschaftlichen Publikationen vorgelegt, die ausschließlich auf ein Fachpublikum abzielen. Ihre Vermittlung an die interessierte Öffentlichkeit kümmert die Archäologen bislang eher am Rande. Für Besucher antiker Orte der Türkei steht daher nur selten Reiseliteratur zur Verfügung, die den aktuellen Forschungsstand widerspiegelt und abgelegene oder schwer zugängliche Monumente erschließt. [1] Das liegt freilich oft weniger am Unwillen der Archäologen, solche Bücher zu schreiben, als an der geringen Größe der Zielgruppe. Sie macht die Produktion entsprechender Veröffentlichungen für Verlage wenig lukrativ, zumal der Verkaufspreis gering sein muss, um überhaupt ein Publikum zu erreichen. Umso begrüßenswerter ist die hier zu besprechende Publikation. Sie hat das Ziel, die im Rahmen eines großangelegten Surveys erforschten archäologischen Hinterlassenschaften im Umland von Aphrodisias einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Veröffentlicht wurde sie vom Kelsey Museum, das sich lobenswerterweise vorgenommen hat, vergleichbare Bücher für alle Feldforschungsprojekte, die vom Museum gefördert werden, zu verlegen. Hervorzuheben ist zudem, dass auch eine Ausgabe in türkischer Sprache erschienen ist. Das wirkt dem Missstand entgegen, dass es für viele Bewohner der Türkei schwierig ist, Zugang zu den im eigenen Land von ausländischen Missionen erzielten Forschungsergebnissen zu erhalten.
Die Grundlage für das Buch bilden die Ergebnisse eines Umlandsurveys, der zwischen 2005 und 2009 in der Chora von Aphrodisias durchgeführt wurde. Dessen Resultate sind bereits 2012 ausführlich vorgelegt worden. [2] Das hier zu besprechende Buch gibt die dort präsentierten Ergebnisse in kondensierter Form wieder und bietet daher aus wissenschaftlicher Sicht nichts Neues. Eine Besprechung der Monumente, Fundstellen und Interpretationen ist an dieser Stelle daher nicht notwendig.
Was das Buch leistet, ist auf der einen Seite eine konzise und allgemeinverständliche Darstellung der Surveyergebnisse. Auf der anderen Seite geben die Autoren konkrete Hinweise, wie Besucher die Region erkunden können. Das Buch präsentiert dabei nicht nur die historische Entwicklung und Archäologie der Region, sondern zeichnet auch ein kenntnisreiches und lebhaftes Bild der modernen Landschaft und ihrer Bewohner.
Im Hauptteil des Buches werden die Monumente und Ortslagen in chronologischer Abfolge besprochen. Die Gliederung folgt weitgehend dem Aufbau der erwähnten wissenschaftlichen Publikation. Unterkapitel zu einzelnen Denkmälergruppen werden von den jeweiligen Spezialisten vorgestellt. Dabei sind stets auch allgemeine Bemerkungen zur historischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der Stadt Aphrodisias in die Texte eingewoben, so dass der Leser einen guten Einblick in die Geschichte von Stadt und Umland gewinnt.
Den Beginn machen die Zeugnisse aus der Zeit vor der Gründung der Stadt Aphrodisias, am Ende stehen Hinterlassenschaften der osmanischen Epoche. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf den Monumenten der hellenistischen und römischen Zeit. Einen zweiten Schwerpunkt bilden die Zeugnisse der Spätantike und der byzantinischen Zeit.
An die chronologisch geordnete Darstellung schließt sich ein Schlusskapitel an, in dem konkrete Reisehinweise gegeben werden. Die Autoren haben eine Tagestour ausgearbeitet, die es dem Besucher ermöglicht, die zentralen Monumente zu besichtigen.
Insgesamt ist zu konstatieren, dass das Buch seinem Anspruch weitgehend gerecht wird. Aufgrund des handlichen Formats und des moderaten Preises eignet es sich tatsächlich gut als Reisebegleiter. Die Texte sind kompakt und verständlich geschrieben. Fachbegriffe werden häufig erklärt und der Leser erhält zu vielen Monumenten Hintergrundinformationen, die Nichtspezialisten das Verständnis erleichtern. Auf einen ausufernden Anmerkungsapparat wurde zurecht verzichtet. Zu bemängeln ist lediglich, dass die wenigen und eher kursorischen Karten, die dem Buch beigefügt sind, es potentiellen Besuchern erschweren werden, die beschriebenen Ortslagen auch problemlos zu finden. Hilfreich wäre es gewesen, jeweils die Koordinaten der Monumente und Fundstellen hinzuzufügen. Den praktischen Nutzen des Buches mindert zudem sein Aufbau. In den chronologisch und nach Monumentgattungen geordneten Fließtexten ist eine schnelle Navigation schwierig. Informationen zu den Sehenswürdigkeiten einzelner Orte finden sich über das Buch verstreut. Ein Ortsregister erleichtert die Suche zwar, trotzdem ist es mühselig, einen Überblick über alle Denkmäler eines Ortes zu gewinnen. Der chronologische Aufbau des Buches hat allerdings auf der anderen Seite den Vorteil, dass es mehr ist als nur ein Reiseführer. Es eignet sich auch in einem universitären Kontext sehr gut, um einen fundierten Überblick über die Geschichte und die Monumente der Region zu gewinnen und zu verstehen, wie die Stadt Aphrodisias mit ihrem Territorium vernetzt war.
Anmerkungen:
[1] Hervorzuheben ist allerdings die vom türkischen Verlag Homer Kitabevi herausgegebene Reihe "Homer Archaeological Guides", in der archäologische Führer zu verschiedenen Orten und Regionen der Türkei erschienen sind. Außerhalb der Türkei sind sie allerdings schwer zu beziehen. Eine vergleichbare Reihe mit archäologischen Führern erscheint auch im Ege ve Yayinları Verlag.
[2] Christopher Ratté / Peter D. De Staebler: Aphrodisias V. The Aphrodisias Regional Survey, Mainz 2012.
Michael Blömer