T. Corey Brennan: Sabina Augusta. An Imperial Journey (= Women in Antiquity), Oxford: Oxford University Press 2018, XXIV + 302 S., 3 Kt., 17 s/w-Abb., ISBN 978-0-19-025099-7, GBP 55,00
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In der Reihe "Women in Antiquity" liegen mittlerweile auch mehrere Abhandlungen zu römischen Kaiserfrauen vor, die vor kurzem durch T. Corey Brennan um eine Darstellung zu einer der weniger bekannten Damen der domus Augusta, Sabina, Gemahlin Hadrians, erweitert worden sind. Ähnlich wie vor einigen Jahren Barbara Levick in ihrer Studie zu den beiden Faustinen hat sich Brennan in dem anzuzeigenden Band gegen eine biographische Herangehensweise entschieden (xiii), die angesichts der verschwindend geringen Quellen zum Leben der Sabina (34) auch kaum umzusetzen gewesen wäre. [1] Wenngleich sich die Reihe mit dem Anspruch, "compact and accessible introductions" zu den verschiedenen Protagonistinnen zu liefern, durchaus auch an ein breiteres Publikum richtet, zeigen bereits die umfangreichen Endnoten (239-268), dass Brennan sich diversen Forschungsfragen widmet. Generell geht es ihm darum, die aus den literarischen Quellen resultierende negative Beurteilung der anscheinend kinderlosen Ehe, die von der gegenseitigen Abneigung des Kaiserpaares geprägt gewesen sein soll, und die angeblich geringe Bedeutung der Sabina kritisch zu hinterfragen. Demgegenüber will Brennan vielmehr ein Narrativ konstruieren, "that illustrates the development of Sabina's partnership in Hadrian's principate", und dabei aufzeigen, dass Sabina schließlich eine "key role in promoting the public character of his rule" gewann (xxiii). Um Sabina in der kaiserlichen Herrschaftsrepräsentation zu verorten, wird eine Fülle an archäologischen, numismatischen und epigraphischen Quellen diskutiert. Das Ergebnis ist ein wenn auch natürlich immer noch höchst lückenhaftes, so doch differenzierteres Bild hinsichtlich der ideologischen Rollenbilder der Sabina.
Nichtsdestoweniger überrascht der vergleichsweise große Umfang des Bandes. Dieser wird durch eine überaus breite Einordung Sabinas in den historischen Kontext und insbesondere in die Herrschaft und Selbstdarstellung Hadrians erreicht, so dass der Band etwa das Panhellenion, Hadrians Verhältnis zu Antinoos und vor allem Hadrians zahlreiche Reisen eingehend behandelt. Letzteres besitzt besondere Bedeutung, da Sabina nach Brennan "the most traveled and visible empress that Rome had ever known" (34) war. Ihre Beteiligung an den Reisen ihres Gemahls bleibt indes mitunter unsicher. Der Leser erfährt insofern viel über die Herrschaft Hadrians, ohne dass dies immer in konkretem Zusammenhang mit der Kaiserfrau Sabina steht.
Das Buch gliedert sich dabei in 3 Teile (xxiv). Der erste Abschnitt (1-65) zeigt in den Kapiteln 1-5 die strukturellen und ereignisgeschichtlichen Rahmenbedingungen für Sabina als Gemahlin Hadrians auf. Während sich der zweite Teil, Kapitel 6-10 (67-197), Sabinas Rolle als Kaiserfrau und schließlich ihrem Tod und ihrer Vergöttlichung widmet. Im Unterschied zum ersten Abschnitt finden sich hier kaum Vergleiche, die aber durchaus die Besonderheiten Sabinas stärker hätten illustrieren können. Schließlich führt drittens ein Epilog (199-217) in rezeptionsgeschichtliche Aspekte ein und bringt die Betrachtungen der vorangegangenen Kapitel zusammen.
Brennan setzt in Kapitel 1 mit einführenden Bemerkungen zur Stellung der Kaiserfrauen seit Augustus ein, die aufgrund der chronologisch organisierten Narration jedoch etwas unklar bleiben. Strukturierter ist hier etwa Levick vorgegangen. Die dynastische Ausgangssituation und die intensivierte Inszenierung der weiblichen Dynastiemitglieder in trajanischer Zeit wird in Kapitel 2, 'Trajan and the Imperial House', behandelt, bevor sich Brennan dann im Detail Sabina und Hadrian widmet. Zu 'Sabina's Personal History' (Kapitel 3) gibt es an und für sich nicht viel zu sagen, jedoch stellt Brennan bündig die familiären Hintergründe und prägnant die schwierige Quellenlage dar. Kapitel 4 ('Hadrian's Personality') und 5 ('Hadrian's Relationships') konzentrieren sich ganz auf den Princeps, so dass man hier wenig zu Sabina liest; dies fügt sich aber durchaus in die Ausrichtung der Untersuchung ein.
Teil 2 setzt dann in Kapitel 6, "Sabina Augusta" (67-94), mit Betrachtungen zur Stellung und Inszenierung der Kaiserfrau Sabina nach Hadrians Herrschaftsantritt ein. In der Bewertung des persönlichen Verhältnisses zwischen Hadrian und Sabina hält sich Brennan zumeist mit Spekulationen zurück (vgl. aber 75-77). Für die Bewertung der Repräsentation ist von grundlegender Bedeutung, dass Brennan (86-90) Euseb-Hieronymus darin folgt, die Verleihung des Augusta-Titels an Sabina erst in das Jahr 128 zu setzen. [2] Davon ausgehend war dies mit der kurz darauffolgenden Verleihung des pater patriae-Titels an Hadrian koordiniert und läutete eine massive Steigerung der repräsentativen Rolle Sabinas ein (95). Während Sabina offenbar nicht auf Reichsprägungen des ersten Jahrzehnts der Herrschaft Hadrians erschien, änderte sich dies nun grundsätzlich. Gerade die Präsenz Sabinas in der Münzprägung und die mit ihr assoziierten Ideologeme spielen in den folgenden Kapiteln eine zentrale Rolle. Zugute kommt der Darstellung dabei, dass Brennan auf das Material des im Erscheinen begriffenen Bandes RIC II.3 von R. Abdy zugreifen konnte. Viel Raum wird der Diskussion der ikonographischen Analysen von Carandini sowie Adembri und Abdy gewidmet, [3] und Brennan behandelt zahlreiche (in Appendices erschlossene) Münzbilder und archäologische Hinterlassenschaften. Gerade deswegen wären allerdings zuweilen noch mehr Abbildungen hilfreich gewesen - so etwa zu Sabinas Porträt (u.a. 90-94, 168-172), das sich in bereits fortgeschrittenem Alter der Kaiserfrau zu einer zeitlos idealisierenden Darstellung entwickelte. Eine wichtige Rolle spielen in dem gesamten Abschnitt Provinzialprägungen und Ehrungen für Sabina in Provinzstädten, die in Bezug zu den Reichsprägungen gesetzt werden. Inwiefern sich aus den in ihrer spezifischen Ausrichtung maßgeblich vom lokalen Kontext geprägten Statuen, Altären usw. allerdings ein "different and more complex narrative" im Verhältnis zu den literarischen Quellen (vgl. 146) konstruieren lässt, das in sich konsistent ist, muss allerdings angezweifelt werden.
In den Kapitel 7, 'The Journey to Egypt', und 8, 'Egypt and the Journey Home', sticht die Diskussion der von Brennan bereits in einer anderen Abhandlung betrachteten Gedichte der Julia Balbilla am Memnonkoloss hervor (125-137), den die Epigrammatikerin im Gefolge von Sabina und Hadrian im November 130 besuchte. Kapitel 9 behandelt dann keineswegs nur Sabinas 'Final Years in Rome', sondern analysiert ausgehend von einschlägiger Forschung außerdem systematisch die im Vergleich zur trajanischen Zeit überaus zahlreichen Provinzialprägungen mit Sabina seit 128. Dass sich Brennan dabei für eine chronologische Grundstruktur entschieden hat, ist ein Grund für zahlreiche Wiederholungen und abgebrochene Diskussionen, die an anderer Stelle wieder aufgenommen werden. Da die Beteiligung Sabinas an den Reisen Hadrians mitunter ganz unklar ist, finden sich somit auch hier diverse Passagen, in denen sie keine Rolle spielt. In Kapitel 10 (175-197) stehen 'Sabina's Death and Deification' im Mittelpunkt. Während Brennan einen guten Überblick über die postumen Ehren für Sabina bietet, deren Tod er ans Ende des Jahres 137 legen möchte, können jedoch die über das Buch verstreuten Ausführungen zu den Ursachen und Hintergründen des Todes der Sabina kaum überzeugen. Ausgehend von den wenig zuverlässigen Berichten der Historia Augusta (Hadr. 23,9) und Epit. Caes. 14,8, Hadrian habe Sabina vergiftet oder in den Selbstmord getrieben, stellt Brennan Überlegungen an, ob Sabina möglicherweise von dem bereits schwerkranken Hadrian ausgeschaltet wurde, um nach seinem Tod nicht in seine Nachfolgeregelung eingreifen zu können (65, 186f.). Zudem erkennt Brennan in der intensivierten Herausstellung Sabinas 'disquieting signs that the regime (...) started laying the groundwork for the empress's death and apotheosis' (186). Brennan vermag hier aber nicht zu erklären, wie der Tod und die Konsekration Sabinas der Vorbereitung der anstehenden Apotheose Hadrians genützt haben soll (187, 215-217). Hadrians Beteiligung wird letztlich offen gelassen (187, 216), doch ist wohl von einem natürlichen Tod Sabinas auszugehen. [4]
Die angemerkten Kritikpunkte schmälern jedoch nicht den Wert dieser in vielerlei Hinsicht lesenswerten Untersuchung, die nicht nur die Handlungsspielräume weiblicher Dynastiemitglieder in der Hohen Kaiserzeit erschließt, sondern auch diverse Aspekte von Hadrians Herrschaft und Repräsentation behandelt.
Anmerkungen:
[1] Vgl. Barbara Levick: Faustina I and II. Imperial Women of the Golden Age, Oxford 2014.
[2] Dies gegen die frühere Datierung aufgrund epigraphischer Evidenzen bei Werner Eck: Hadrian als pater patriae und die Verleihung des Augustatitels an Sabina, in: Romanitas - Christianitas. Untersuchungen zur Geschichte und Literatur der römischen Kaiserzeit: Johannes Straub zum 70. Geburtstag am 18. Oktober gewidmet, hg. von Gerhard Wirth, Berlin 1982, 217-229; siehe dagegen jedoch Angelos Chaniotis / Giorgos Rethemiotakis: Neue Inschriften aus dem kaiserzeitlichen Lyttos, Kreta, in: Tyche 7 (1992), 27-38, hier: 34, angesprochen und wiederholt in: Angelos Chaniotis: Livia Sebaste / Iulia Sebaste / Caius Caesar Parthikos / Domitian Anikeitos Theos: Inofficial titles of emperors in the early Principate, in: Acta Antiqua Academiae Scientiarum Hungaricae 43 (2003), 341-344. Dem folgt Brennan.
[3] Andrea Carandini: Sabina Vibia. Funzione politica, iconografia e il problema del classicismo adrianeo, Florenz 1969; Benedetta Adembri: In margine all'iconografia di Sabina, in: Vibia Sabina. Da Augusta a diva, hgg. von Benedetta Adembri / Rosa Maria Nicolai, Mailand 2007, 75-85; Richard Abdy: Chronology of Sabina's Hairstyles at the Roman Mint, in: Revue numismatique 171 (2014), 73-91.
[4] Vgl. etwa Jörg Fündling: Kommentar zur Vita Hadriani der Historia Augusta, Bd. 2, Bonn 2006, 1026.
Christoph Michels