Benoît Chauvin: Recueil des chartes et documents de l'abbaye cistercienne d'Auberive au XIIe siècle. 2 volumes, Devecey: Chauvin 2020, 613 S., zahlr. Tbl., zahlr. s/w-Abb., ISBN 978-2-904690-16-0, EUR 85,00
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Philipp C. Adamo: New Monks in Old Habits. The Formation of the Caulite Monastic Order, 1193-1267, Toronto: Pontifical Institute of Mediaeval Studies 2014
Siebengebirgsmuseum der Stadt Königswinter und Stiftung Abtei Heisterbach (Hg.): Heisterbach. Die Zisterzienserabtei im Siebengebirge, Petersberg: Michael Imhof Verlag 2020
Oliver Auge / Katja Hillebrand (Hgg.): Klosterbuch Schleswig-Holstein und Hamburg. Klöster, Stifte und Konvente von den Anfängen bis zur Reformation, Regensburg: Schnell & Steiner 2019
Zugleich bekannt und unbekannt sei die Geschichte von Auberive, bemerkt Hubert Flammarion in seinem Vorwort (5) zum soeben erschienenen Urkundenbuch des Klosters. Und dies ist tatsächlich eine sehr treffende Charakterisierung der im Grenzraum zwischen Burgund und der Champagne gelegenen Abtei. 1135 als Tochterkloster von Clairvaux gegründet, entstand Auberive somit zwar in jener außerordentlich expansiven Phase zisterziensischer Ausbreitung, trug aber selbst schon nicht mehr unmittelbar zum Wachstum des Ordens bei: Von ihm ausgehend wurde kein weiteres Kloster gegründet. Dieser Umstand ist dabei jedoch kein Indiz mangelnder wirtschaftlicher Prosperität - im Gegenteil: das Kloster blühte wirtschaftlich in beeindruckender Weise und verfügte nicht nur über die üblichen Wirtschaftshöfe und Stadthäuser, sondern besaß zahlreiche Teiche, Weinberge, Salinen und betrieb Bergbau. All dies aber fand bisher kaum eingehende Würdigung. Eine Geschichte der Abtei fehlt bis heute. Mit den nun von Benoît Chauvin in mustergültiger Edition vorliegenden Urkundenbeständen des Klosters von seinen Anfängen bis zum Jahr 1200 sind die Chancen gestiegen, dass sich dies ändert.
Das Material, das Chauvin - einer der besten Kenner der zisterziensischen Geschichte Frankreichs - seiner Edition zugrunde legen konnte, ist außergewöhnlich. Trotz mehrerer Plünderungen in den Religionskriegen des 16. Jahrhunderts, hat sich der Archivbestand von Auberive in seltener Vollständigkeit erhalten. Er wird heute in den Archives départementales de la Haute-Marne in Chamarandes-Choignes aufbewahrt, wo sich auch die Bestände der Zisterzen Morimond und La Crête befinden. Ausführlich beschreibt Chauvin in seiner Einleitung (13-210) den erhaltenen Bestand, zu dem neben den Originalen auch drei Inventare und drei Chartulare gehören. Allein für das 12. Jahrhundert sind es 252 Urkunden, die Chauvin vorlegt. Weil das Archiv des Departements Haute Marne in den letzten Jahren außerordentliches Engagement bei der digitalen Erschließung seiner Bestände bewiesen hat [1] und diese nun für Auberive kostenfrei am Bildschirm bewundert werden können, ist sogar eine direkte Gegenüberstellung der Digitalisate mit dem möglich, was Chauvin in langer Arbeit für den Nutzer erschlossen hat.
Doch nicht nur die Menge und Geschlossenheit des Fonds sind beeindruckend, auch unter den Einzelobjekten sind nicht wenige herausragende Stücke. Ein Glanzlicht stellen dabei zweifellos zwölf erhaltene Chirographe dar; für die Existenz sechs weiterer sprechen starke Argumente. Sie werden von Chauvin ausführlich und mit Abbildungen vorgestellt und dabei in einer eigenen Übersicht erfasst (162-172). Ein bemerkenswertes Corpus bilden ferner 53 erhaltene bischöfliche Pancarten, die ebenfalls ausführliche Würdigung erfahren (154-162). In diesem Zusammenhang kann Chauvin zudem noch einmal die ungewöhnlich gute Überlieferungslage unterstreichen. Im direkten Zahlenvergleich entsprechender Bestätigungsurkunden zwischen Auberive, Clairvaux, La Ferté und Morimond sind einzig für Clairvaux mit 65 noch mehr Pancarten des 12. Jahrhunderts erhalten als in Auberive. Umfangreich stellt Chauvin zudem die Siegel der untersuchten und edierten Dokumente vor (179-198). Auch hier schafft ein eigener Katalog gute Übersicht.
Unter den Ausstellern dominieren, wie kaum anders zu erwarten, die Bischöfe von Langres, in deren Diözese Auberive sich befand. Zwei von ihnen waren selbst Zisterzienser. Der Cousin Bernhards von Clairvaux und seit 1119 erste Abt von Fontenay, Godefroid de la Roche-Vanneau, übernahm das Amt von 1138/39 bis 1162. Garnier de Rochefort war sogar selbst für einige Jahre Abt von Auberive, bevor er nach Clairvaux wechselte und dann von 1193 bis 1198 seinem Ordensbruder Godefroid als Bischof nachfolgte. Hinzuweisen ist aber auch auf eine Reihe päpstlicher Urkunden von Innocenz II. (n° 6), Alexander III. (n° 29), Lucius III. (n° 93, 94), Urban III. (n° 113, 113bis) und Innocenz III. (n° 201, 213, 214). Laien spielten hingegen während des 12. Jahrhunderts nur eine sehr untergeordnete Rolle unter den Urkundenausstellern. Zu verweisen ist auf Diplome der Herren von Champlitte (n° 51, 188), der Herren von Grancey (n° 112, 164, 166, 200), der Herren von Nogent (n° 191), Hugos III. von Burgund (n° 146) oder Philipps I. von Flandern (n° 148).
Beschlossen werden beide Bände von ausführlichen Registern nicht nur zu Personen und Orten, sondern es wurden auch ein Wortverzeichnis und ein Sachindex erarbeitet. Es bleibt zu hoffen, dass diese exzellente Grundlage nun tatsächlich Anstoß zu weiteren und vertieften Beschäftigungen mit Auberive gibt.
Anmerkung:
[1] Digitales Archiv des Departements Haute Marne, verfügbar unter: http://archives.haute-marne.fr/archives/search.
Mirko Breitenstein