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Fabian Kolb: Ludwig van Beethoven (1770-1827). Einführung, in: sehepunkte 21 (2021), Nr. 3 [15.03.2021], URL: https://www.sehepunkte.de
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Ludwig van Beethoven (1770-1827)

Einführung

Von Fabian Kolb

Nach wie vor fungieren Gedenk- und Jubiläumsjahre im kulturellen Leben als besondere Katalysatoren für eine intensivere Beschäftigung mit historischen Persönlichkeiten und/oder Ereignissen; und dies gilt speziell auch für den Bereich der Musik. Das Jahr 2020 stand dabei (ungeachtet mehrerer weiterer Komponistenjubiläen) vor allem im Zeichen Ludwig van Beethovens, dessen Geburtstag sich zum 250. Mal jährte.

Nun zählt Beethoven unbestritten zu den prominentesten Protagonisten der Musikgeschichte, die im kulturellen Gedächtnis ohnehin fest verankert sind und eine hohe Präsenz genießen: Das betrifft die Frequenz seiner Werke im Konzertbetrieb wie auf dem Tonträgermarkt; und auch die musikwissenschaftliche Auseinandersetzung mit Beethoven und seiner Musik ist so reich wie ungebrochen vital. Dennoch setzte hier 2020 noch einmal eine ganze Reihe markanter Impulse: von den zahlreichen Konzert-, Ausstellungs- und Vortrags- bzw. Gesprächs-Veranstaltungen unter dem Label BTHVN 2020, die freilich besonders unter den Einschränkungen der Pandemie zu leiden hatten und nun bis in den Spätsommer 2021 hinein fortgesetzt werden, über verschiedene Medienproduktionen wie Dokumentationen und Angebote in Internet, Rundfunk, Film und Fernsehen (etwa mit dem aufwendigen Biopic "Louis van Beethoven" von Niki Stein) bis hin zu mehreren wissenschaftlichen Vorträgen, Vorlesungsreihen, Symposien und Konferenzen, darunter z. B. der internationale Kongress "Beethoven-Perspektiven" vom 10. bis 14. Februar 2020 in Bonn mit allein über 80 Beiträgen von Beethoven-Forscher*innen aus aller Welt [1].

Nicht zuletzt der musikwissenschaftliche Buchmarkt partizipierte intensiv am Beethoven-Jubiläum, und zwar mit nicht weniger als gut drei Dutzend Neuerscheinungen, die im unmittelbaren Vorfeld 2019 bzw. zum und im Gedenkjahr 2020 in den Handel kamen und dabei eine überaus spannende Vielfalt innovativer Aspekte und Blickwinkel offerieren. Aus dieser breiten Palette kann in diesem FORUM nur eine - aus unterschiedlichen Gründen - limitierte Auswahl besprochen werden; eine Auswahl, die allerdings durchaus verschiedene Bereiche, Ansätze und Perspektiven der aktuellen Beethoven-Forschung repräsentieren mag und so ein vielschichtiges Bild von der gegenwärtigen Auseinandersetzung mit dem Komponisten und seiner Musik vermittelt.

Das Spektrum reicht von neuen, jeweils eigene Akzente setzenden Komponisten-Biographien (hier Jan Caeyers sowie Christine Eichel rezensiert von Tobias Janz und William Kinderman rezensiert von Hans-Joachim Hinrichsen) [2] bis zu monographischen Betrachtungen des kompositorischen Œuvres im Sinne werkanalytischer Verortungen der künstlerischen Schaffensbiographie (hier Hans-Joachim Hinrichsen rezensiert von Wolfgang Fuhrmann). [3] Es erstreckt sich auf die kontextualisierende Würdigung von Erinnerungsorten wie dem Theater an der Wien (hier Julia Ackermann und Melanie Unseld [Hgg.] rezensiert von Hans-Joachim Hinrichsen) und umfasst rezeptionshistorische Darstellungen der Wirkungs- und der Hörgeschichte (hier Martin Geck rezensiert von Giselher Schubert) [4] sowie Plädoyers zur Hinterfragung und Neugewichtung bestimmter historiographischer Topoi (hier Birgit Lodes, Melanie Unseld und Susana Zapke rezensiert von Michael Heinemann). Wichtige Studien und Forschungsimpulse finden sich dabei nicht zuletzt auch im Rahmen der Begleitbände zu den größeren Beethoven-Ausstellungen des Jubiläumsjahres (hier "Beethoven: Welt.Bürger.Musik" rezensiert von Elisabeth Reisinger und "Diesen Kuß der ganzen Welt" rezensiert von Birger Petersen) [5], so wie insgesamt eine Tendenz auffällig ist, vermehrt speziell Bild-Zeugnisse des Komponisten in den Blick zu rücken (hier Werner Busch und Martin Geck; Silke Bettermann [Hg.]; Werner Telesko, Susana Zapke und Stefan Schmidl; sowie Werner Telesko und Stefan Schmidl rezensiert von Melanie Unseld).

Nimmt man schließlich noch weitere Perspektiven wie die in jüngerer Zeit besonders an Fahrt aufnehmende intensivere Aufarbeitung des Umfelds von Beethovens Bonner Jahren [6] oder die erstaunlich facettenreiche popkulturelle Rezeption Beethovens [7] hinzu, so wird - allein im Brennspiegel des vergangenen Jubiläumsjahrs - erkennbar, welch ungemeine diskursive Lebendigkeit Beethoven und seine Musik nach wie vor - und sicher auch in der Zukunft - zu stimulieren in der Lage sind. Am vermeintlich Wohlbekannten gibt es so weiterhin jede Menge neu zu entdecken.

In diesem Sinne wünsche ich eine inspirierende Lektüre!


Anmerkungen:
[1] Vgl. das Tagungsprogramm unter https://www.beethoven.de/de/termine/view/5163317375008768/Beethoven-Perspektiven.
[2] Hier ferner zu nennen beispielsweise auch Mark Evan Bonds: Beethoven: Variations on a Life, Oxford: Oxford University Press 2020; John Clubbe: Beethoven: The Relentless Revolutionary, New York: Norton 2019; Martin Geck: Beethoven. Der Schöpfer und sein Universum, München: Pantheon 2020; Michael Heinemann: Beethovens Ohr. Die Emanzipation des Klanges vom Hören, München: edition text und kritik 2020; Matthias Henke: Beethoven. Akkord der Welt, München: Hanser 2020; Peter Wehle: Beethoven. Von allem mehr, Wien: Amalthea 2020.
[3] Im Sinne einer Problemgeschichte der Fugenkomposition zudem Michael Heinemann: ...dass die Fuge keine Fuge mehr ist. Beethovens poetischer Kontrapunkt, München: edition text und kritik 2019; mit Fokus auf das Werkspektrum eines einzelnen Jahres Mark Ferraguto: Beethoven 1806, Oxford: Oxford University Press 2019; im Blick auf die Verschiedenartigkeit der Werkanfänge Jeremy Yudkin: From Silence to Sound: Beethoven's Beginnings, Woodbridge: Boydell & Brewer 2020.
[4] Zu einer Geschichte des Beethoven-Hörens auch Mark Evan Bonds: The Beethoven Syndrome: Hearing Music as Autobiography, Oxford: Oxford University Press 2020; zur Geschichte der Beethoven-Verehrung Alessandra Comini: Beethoven - Die Geburt eines Mythos, Wien: Hollitzer 2020.
[5] Zu nennen hier etwa auch die Kataloge von Andreas Kugler u.a. (Hgg.): Beethoven bewegt. Ausstellungskatalog Kunsthistorisches Museum Wien, Berlin: Hatje Cantz 2020; Thomas Leibnitz (Hg.): Beethoven. Menschenwelt und Götterfunken, Salzburg / Wien: Residenz 2019; sowie Felix Meyer / Simon Obert (Hgg.): Zündstoff Beethoven: Rezeptionsdokumente aus der Paul Sacher Stiftung, Mainz: Schott 2020.
[6] Als Band 3 der Reihe "Musik am Bonner kurfürstlichen Hof" erschien hier zuletzt Elisabeth Reisinger, Musik machen - fördern - sammeln: Erzherzog Maximilian Franz im Wiener und Bonner Musikleben, Bonn: Verlag Beethoven-Haus 2020; ferner: Stephan Eisel, Beethoven - Die 22 Bonner Jahre, Bonn: Verlag Beethoven-Haus 2020; sowie Norbert Schloßmacher (Hg.): Beethoven: Die Bonner Jahre, Wien / Köln: Böhlau 2020.
[7] Moritz Baßler / Michael Custodis / Thomas Mania / Anna Seidel (Hgg.): Ludwig lebt! Beethoven im Pop, Münster: Waxmann 2020.

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