Isabella Lazzarini (ed.): The Later Middle Ages (= The Short Oxford History of Europe), Oxford: Oxford University Press 2021, XX + 266 S., 9 Kt., 9 Farb-, 2 s/w-Abb., ISBN 978-0-19-873163-4, GBP 22,50
Inhaltsverzeichnis dieses Buches
Buch im KVK suchen
Bitte geben Sie beim Zitieren dieser Rezension die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.
Julia Seeberger: Olfaktorik und Entgrenzung. Die Visionen der Wienerin Agnes Blannbekin, Göttingen: V&R unipress 2022
Ruth J. Salter: Saints, Cure-Seekers and Miraculous Healing in Twelfth-Century England, Woodbridge / Rochester, NY: Boydell & Brewer 2021
Nicole R. Rice: The Medieval Hospital. Literary Culture and Community in England, 1350-1550, Notre Dame, IN: University of Notre Dame Press 2023
Isabella Lazzarini / Armando Miranda / Francesco Senatore (a cura di): Istituzioni, scritture, contabilità. Il caso molisano nell'Italia tardomedievale, Roma: Viella 2017
Sandro Carocci / Isabella Lazzarini (eds.): Social Mobility in Medieval Italy (1100-1500), Roma: Viella 2018
Isabella Lazzarini: Communication and Conflict. Italian Diplomacy in the Early Renaissance, 1350 - 1520, Oxford: Oxford University Press 2015
Bereits zu Beginn der 2000er Jahre wurde das jetzt vorliegende Werk von Malcom Vale konzipiert, um nun von Isabella Lazzarini abgeschlossen zu werden. Sie habe sich bewusst dafür entschieden, den nun erschienenen Band über das Spätmittelalter nicht von einem einzigen Wissenschaftler schreiben zu lassen, sondern sieben Experten auf ihrem jeweiligen Gebiet einen Essay zu übertragen. Das Buch ist so in sieben Kapitel gegliedert. Lazzarini selbst übernahm die Einleitung und das Fazit.
John Watts beleuchtet im ersten Kapitel die Themen Macht, Regierung und politisches Leben. Eindrücklich zeigt er politische Verflechtungen, im Hundertjährigen Krieg mit der Spaltung der Burgunder und Armagnacs beginnend, auf. Beleuchtet werden die komplizierten Geflechte politischer Bündnisse aus Verheiratung, Freundschaften und Institutionen als Akteuren diplomatischer Beziehungen im transeuropäischen Kontext. Diese Verflechtungen, so der Autor, hätten jedoch auch Konflikte heraufbeschworen, die sich in dynastischen Rivalitäten und Konfrontationen gezeigt hätten.
Stephan R. Epstein und Christopher Dryer liefern den zweiten Essay zum Thema Ökonomie und analysieren die Auswirkungen des Klimawandels und der Pest-Pandemie auf den Getreidepreis. Veranschaulicht werden unter anderem Marktregulierungsstrategien und Währungsunionen, die geschlossen wurden, um den Brotpreis zu stabilisieren.
Kirche und religiöses Leben sind die Oberbegriffe im von Robert Swanson verfassten dritten Kapitel, das veranschaulicht, welche Aushandlungsprozesse zwischen der Institution Kirche und der christlichen Glaubensgemeinschaft bezüglich interreligiöser Beziehungen, religiöser Praxis und übernatürlicher Kräfte ausgetragen wurden. Ein Großteil des Kapitels ist dem Avignonesischen Papsttum gewidmet.
Alexander Lee führt den Leser im vierten Kapitel durch die kunsthistorische Rezeptionsgeschichte und beleuchtet den Begriff des Humanismus. Kunsthistorisch werden grundlegende Begriffe der mittelalterlichen Architektur veranschaulicht, Veränderungen in Bildenden Künsten, der Musik und in der Buchproduktion aufgezeigt. Anschließend zeichnet Matthew Kempshall in seinem Beitrag zu Raum, Zeit und der Welt das Spätmittelalter als ein "Zeitalter der Entdeckungen", das von den Konzepten von Raum und Zeit ausgegangen sei. Vorgestellt werden die mappae mundi, die Erfindung und das öffentliche Anbringen der ersten Uhren als Ausdruck von Autorität, sowie die Verschriftlichung der Astronomie in der Cosmographie.
Im sechsten Kapitel hinterfragt Catherine Koversi die Anwendung des Genderbegriffes in den Geschichtswissenschaften kritisch und demonstriert die Fluidität des Begriffes "Mann" und "Frau" anhand zweier Königinnen, die gekrönt wurden, um an politischer Macht partizipieren zu können. Deutlich wird, dass das Konzept des sozialen Geschlechts zwar patriarchal geprägt, aber permeabel war, und dass Frauen in ihrer Lebenswirklichkeit oft auch männliche soziale Rollen einnehmen mussten und konnten.
Im abschließenden siebten, dem "globalen Mittelalter" gewidmeten Kapitel beleuchtet Catherine Holmes aus der Makroperspektive den Osten vom Balkan, über das Mongolische Reich und Byzanz bis hin zu China und Angkor, dabei auch auf Mali ausgreifend. Deutlich wird dabei, dass die Pluralität einer Gesellschaft auch von den Regierenden beachtet werden musste. Unterschiedliche Netzwerke dieser Länder konnten nur durch erfolgreiche Vermittler zusammengebracht werden.
Die Autoren dieses Bandes unternehmen die Anstrengung, eine Übersicht über die wichtigsten Themen des Spätmittelalters kompakt und leicht verständlich aufzubereiten. Das ist, das muss konstatiert werden, ihnen gelungen, wobei besonders hervorzuheben ist, dass sie bekannte Phänomene wie den Klimawandel, die Auswirkung der Pest-Pandemie, Technik und Genderthemen derart hervorheben, dass sie, bedingt durch die Aktualität der Themen, eine jüngere Leserschaft zweifellos ansprechen werden. Gerade beim Themenkomplex der Kunst wären die Beispiele durch Abbildungen sicher eindrücklicher gewesen, der Bezug zu den genutzten Abbildungen hingegen wird in den Texten nicht immer deutlich. Die Herausgeberin ist sich bewusst, überwiegend englische Literatur verwendet zu haben, obwohl, wie sie selbst sagt, Forschung dazu aus ganz Europa kommt. Insgesamt kann der Band als gute Einführungs- und Überblickslektüre dienen.
Monja Schünemann