José Eloy Hortal Muñoz (ed.): Politics and Piety at the Royal Sites of the Spanish Monarchy in the Seventeenth Century (= Habsburg Worlds; Vol. 5), Turnhout: Brepols 2021, 317 S., 31 s/w-Abb., ISBN 978-2-503-59159-9, EUR 78,00
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Gillian B. Fleming: Juana I. Legitimacy and Conflict in Sixteenth-Century Castile, Basingstoke: Palgrave Macmillan 2018
Sina Rauschenbach / Christian Windler (Hg.): Reforming Early Modern Monarchies. The Castilian Arbitristas in Comparative European Perspectives, Wiesbaden: Harrassowitz 2016
Marina Mestre Zaragozá: L'Espagne de Charles II, une modernité paradoxale. 1665-1700, Paris: Classiques Garnier 2019
Der dem Rezensenten vorliegende Paperback-Band, eine E-book-Ausgabe liegt gleichfalls vor, untersucht, reichlich schwarz-weiß illustriert, die "sitios reales", oder englisch die "royal sites" in den von der Dynastie der Habsburger im 17. Jahrhundert beherrschten Territorien. Als deutsche Übersetzung des Begriffs wäre an "königliche Residenzen" zu denken, doch ist diese in die Sprache einer Republik gegenüber einer die Geschichte ihrer vergangenen Größe reflektierenden Monarchie, wie dem Spanien des Herausgebers, zu eng, rechtfertigt aber die Übersetzungen ins Englische. Dies dokumentiert der mehrseitige "Index of Royal Sites", der den Band beschließt. Darin werden aktuelle wie ehemalige Königspaläste, königliche Kirchen, Kapellen, Konvente und Klöster für beide Geschlechter mit royalem Bezug sowie verschiedene religiöse Ordensgemeinschaften aufgeführt. Die Häufung ergibt sich daraus, dass königliche Residenzen einer sich katholisch definierenden Monarchie entsprechend religiös gewidmete Räume besaßen, Angehörige der Dynastie ihr Leben ganz oder teilweise in Klöstern verbrachten und autorisierte Stellvertreter der Krone, die deren religiöse Pflichten und Funktionen zu verrichten hatten, in Palästen residierten, in denen es dafür eigene Räumlichkeiten und Personal gab. Die Beschränkung auf das 17. Jahrhundert führt dazu, dass auch portugiesische und italienische Stätten in Neapel, Sardinien und Sizilien, die Wiener Hofburg, die Innsbrucker Hofkirche, natürlich Brüssel und infolge der transatlantischen Expansion Spaniens selbst Manila, Santo Domingo, Mexiko-Stadt und Lima in der Liste aufgeführt sind. Es fehlen hingegen die Hauptstädte der von den österreichischen Habsburgern ererbten Reiche, so dass etwa der durch Fensterstürze historisch bedeutend gewordene Prager Königspalast nicht in der Liste aufgeführt wird. Der Palast des Vizekönigs in Mexiko-Stadt, aus dem im 17. Jahrhundert zwei Vizekönige nach Volksaufständen fliehen mussten, wird zwar erwähnt, aber im Gegensatz zu Lima nicht untersucht.
Zwar folgert der Herausgeber in seiner Einleitung zutreffend, dass unter Philipp II. die königliche Repräsentanz mehr und mehr auf Kastilien konzentriert wurde, so dass er für Zentralorte, in denen Vertreter königlicher Macht residierten, wie etwa Vizekönige oder Gouverneure, eine zweite und dritte Kategorie von Zentren königlicher Herrschaftsausübung postuliert, um die Problematik abzudecken. Inwieweit diese mit königlicher Symbolik ausgestatteten Städte in der Lage waren, die regionalen Eliten über die Vergabe von religiösen oder zivilen Ehrenämtern, die Förderung neuer geistig-religiöser Orden und Kollegien, wie die Barfüßer[BDS1], die Kapuziner usw., an die Krone zu binden, erscheint aus der Perspektive religiöser Praxis der Herrschenden in überseeischen Zentren fraglich.
Nach der Definition und Skizzierung der Fragestellung durch den Herausgeber gliedert sich der Band in zwei Teile, die beide auch vom Herausgeber eingeleitet werden, der sich auch eine Zusammenfassung vorbehält und daher mit vier Beiträgen unterschiedlicher Provenienz in dem Werk vertreten ist. Der erste Teil ist den königlichen Kapellen in den Palästen, von denen die Herrschaft oder Regentschaft ausgeübt wird, gewidmet, verfolgt die darin geübten Frömmigkeitsformen und das Zeremoniell um das die Pietät verwaltende Personal. Der 2. Teil untersucht die "königliche Präsenz" in Palästen, Konventen und Klöstern und deren integrative Funktionen.
In Teil 1 überzeugt vor allem der Beitrag von José Martínez Millán, dem Pionier in der Erforschung der Haushaltungen der spanischen Habsburger, der die Spiritualität der königlichen Kapelle im Palast von Madrid während des 16. und 17. Jahrhunderts untersucht und mit "The Triumph of Rome" im Titel das Ergebnis seines Beitrags vorwegnimmt. Ausgehend von der Frage nach dem Ursprung der Bezeichnung "katholische Monarchie" für das Spanien des 17. Jahrhunderts, die anderen katholischen Monarchien nicht zuteilwurde, verfolgt Martínez Millán die Entwicklung des während der Regentschaft Ferdinands des Katholischen aufkommenden Konzepts einer 'Universalmonarchie', das mit der Abdankung und Reichsteilung Karls V. zum Ende kam und unter Philipp II. nach dem Konzil von Trient mehr und mehr radikalere Glaubensinhalte und die sie vertretenden Orden, wie die Jesuiten, die Barfüßerorden und die gegenreformatorischen Tendenzen bis hin zur "Kongregation de Propaganda Fide", 1622, an Einfluss gewannen. Aus der Anlehnung des Papsttums an das Kaisertum und Spanien entwickelte sich das Konzept der Katholischen Monarchie. Fabrizio D'Avenia verfolgt dann die königliche Machtausübung über die Kapelle im Palast von Palermo, während Ignasi Fernández Terricabras mit "No King for a Palace" die Lage in Barcelona charakterisiert, bevor Emilio Callado Estela "Wandel und Kontinuität" in der Kapelle Valencias verfolgt. Abschließend untersuchen G. Nieva Ocampo und A. M. González Fasani in einem gemeinsam verfassten Beitrag die geistliche Entourage der Vizekönige in der Kapelle von deren Residenz in Lima.
In Teil 2 skizziert Víctor Mínguez Cornelles im Anschluss an Hortal Muñoz die höfischen Bereiche und die dynastische Pietät in den königlichen Konventen in Madrid während des 16. und 17. Jahrhunderts, in denen der Dynastie besonders verbundene Persönlichkeiten begegnen. H. Pizarro Llorente untersucht den Einfluss Roms auf die Spiritualität der königlichen Konvente der Niederlande und verfolgt dies am Beispiel der Gründung des Kapuziner Konvents in Tervuren 1621-1633. José Pedro Paiva untersucht den dominierenden religiösen Einfluss eines abwesenden Königs am Beispiel Philipps II. in seiner Funktion als König Portugals (1580-1598). Eine ähnliche Fragestellung verfolgen Immaculada Rodríguez Moya am Beispiel Valencias für das 16. und 17. Jahrhundert und Nicoletta Bazzano für den vizeköniglichen Hof und die königlichen Konvente in Sardinien vom 15. bis zum 17. Jahrhundert, bevor J. E. Hortal Muñoz in seiner Zusammenfassung "Royal Sites" als Schlüsselelemente für die politischen und religiösen Beziehungen zwischen der spanischen Monarchie und dem Heiligen Stuhl hervorhebt. Obwohl die Krone ihre Rolle als Vize-Patron über die Kirche stets betont, habe sich die römische Spiritualität durch Jesuiten, Barfüßerorden, über die von Philipp Neri begründete Kongregation, mit deren Faksimile des Titelblatts einer 1659 in Zaragoza gedruckten Edition der Beitrag endet, durchgesetzt.
Kurzbiographien der Mitarbeiter des Bandes, Namens- und Ortsregister sowie der Index der Royal Sites beenden den Band, der infolge der reichhaltigen Benutzung von Quellen und Literatur dazu eine eigene Übersicht verdient hätte. Das auf dem Umschlag reproduzierte, von Jacob Jordaens gemalte 'Portrait der Infantin Isabella Clara Eugenia als Nonne, ca. 1635' zeigt Philipps II. Lieblingstochter aus der Ehe mit Elisabeth von Valois, die bei der Hochzeit mit Erzherzog Albrecht VII. von Österreich von ihrem Vater die Herrschaft über die spanischen Niederlande geschenkt bekam. Sie zeigt auf eines der im Hintergrund sichtbaren Gebäude, die Henar Pizarro Llorente in seinem Beitrag untersucht. In den "Acknowledgements" wird darauf verwiesen, dass der Band seine Entstehung einem workshop an der Universität von York von Anfang Mai 2017 und späteren Treffen unter Beteiligung von Professor Cordula Van Wyhe und dem Herausgeber verdankt, während Hortal Muñoz in der Anmerkung der Einleitung und seinen anderen Beiträgen auf deren Entstehung aus verschiedenen Projektfinanzierungen verweist und dem Ehepaar Janet und Anthony Dawson für Übersetzung und Durchsicht seiner vier Beiträge dankt: ein gesamteuropäisches Forschungsergebnis also angesichts der Finanzierung durch die Comunidad de Madrid, die Europäische Gemeinschaft und die Gerda Henkel Stiftung!
Horst Pietschmann