sehepunkte 25 (2025), Nr. 7/8

500 Jahre Bauernkrieg

Einführung

Von Bettina Braun

Nach dem Jubiläumsjahr 1975 war es um den Bauernkrieg eher ruhig geworden. In den letzten Jahrzehnten sind vergleichsweise wenige Arbeiten zum Thema erschienen. Und die Diskussionen darüber, ob es sich beim Bauernkrieg um eine frühbürgerliche Revolution, die Revolution des Gemeinen Mannes oder eben doch schlicht um einen Bauernkrieg gehandelt habe, hatten sich mit dem Ende der DDR teilweise erledigt. Nach dieser jahrzehntelangen Ruhe ist nun zum fünfhundertsten Jubiläum des Bauernkriegs geradezu eine Explosion an Publikationen und Veranstaltungen zu beobachten. Das ist wohl weniger dem allgemein zunehmenden Interesse der Geschichtswissenschaft an den Verhältnissen auf dem Land geschuldet als der Magie der - in diesem Fall ja wirklich - runden Zahl: 500 Jahre Bauernkrieg. Im besten Fall entfalten Jubiläen eine Wirkung als Katalysatoren der Forschung, indem sie viele Forschende veranlassen, sich zeitgleich einem länger vernachlässigten Thema zu widmen, was für den wissenschaftlichen Austausch sehr produktive Rahmenbedingungen schaffen kann. Die vielen Bauernkriegs-Tagungen landauf landab mit ihren intensiven Diskussionen, die erkennbar Bezug nehmen auf die aktuellen Publikationen und die zu unterschiedlichen Regionen Forschenden miteinander ins Gespräch bringen, lassen für den Bauernkrieg auf einen solchen Effekt hoffen. Gleichzeitig sind auch die problematischen Seiten solcher Jubiläumskonjunkturen in diesem Fall unübersehbar, wenn in mancher Festrede vorschnell Parallelen zum Mouvement des Gilets jaunes in Frankreich 2018/19 oder den Aktionen in Deutschland 2023/24 mit Traktorsternfahrten und Grünen Kreuzen gezogen werden. Neben diesem Fokus auf die Lebensverhältnisse auf dem Land ist bei den aktuellen Veranstaltungen und Kommentaren zudem die Tendenz zu beobachten, den Forderungen von 1525 eine weit darüber hinaus gehende Relevanz zuzuschreiben, indem die Artikel der Bauern als frühe oder gar die ersten Menschenrechtserklärungen verstanden werden, die damit eben alle Menschen und nicht nur eine bäuerliche Bevölkerung angehen.

Auch wenn diese aktuellen Bezüge mal mehr, mal weniger gelungen sind, ist es selbstverständlich nicht nur berechtigt, sondern sogar notwendig, mit den Fragen unserer Gegenwart an die Vergangenheit, und damit auch an den Bauernkrieg, heranzutreten, wenn Geschichtswissenschaft mehr leisten will als nur ein rein antiquarisches Interesse zu bedienen. Diesem Anspruch stellen sich die aktuellen Publikationen auf unterschiedliche Weise. Mir sind dabei in der Zusammenschau insbesondere drei Punkte aufgefallen.

Während die Diskussionen um die "Revolution des gemeinen Mannes" in den 1970er Jahren vor allem um die Frage kreisten, ob der Begriff des "Bauern"kriegs angesichts der Unruhen in den Städten und den Bergbaurevieren nicht zu eng sei, da er die nicht-bäuerlichen Teilnehmer zu wenig berücksichtige, veranlasst der Begriff des gemeinen "Mannes" heute, danach zu fragen, ob der Bauernkrieg eine rein männliche Angelegenheit gewesen sei, d.h. es wird bewusst nach den Frauen im Bauernkrieg gesucht.

Angesichts der rasanten Entwicklung moderner Kommunikationstechniken sicher nicht zufällig wird verstärkt auch die Kommunikation im Bauernkrieg in den Blick genommen. Dabei geht es nicht nur um die Verbreitung der Forderungen der Aufständischen im Druck, sondern z.B. auch darum, wie Informationen von einem Bauernhaufen zum nächsten gelangten, wie die Aufständischen sich organisierten und eventuell auch koordinierten.

Große Aufmerksamkeit erfahren außerdem Fragen nach der Rezeption des Bauernkriegs. Das kann der Tatsache geschuldet sein, dass neue Quellen zum Bauernkrieg kaum vorgelegt werden, auf der Ereignisebene die Möglichkeiten zu grundlegenden neuen Erkenntnissen also eher gering sind oder zumindest so wahrgenommen werden. Es dürfte aber auch damit zusammenhängen, dass der Bauernkrieg im Laufe der Jahrhunderte vielfältige politische Inanspruchnahmen und Umdeutungen erfahren hat, die sich damit auch hervorragend eignen, Fragen der Standortgebundenheit von Geschichtswissenschaft zu diskutieren.

Die folgende Sammlung von Rezensionen gilt den rechtzeitig zum Jubiläum erschienenen Überblicksdarstellungen ebenso wie einigen Sammelbänden eher regionalen oder thematisch eingegrenzten Zuschnitts.


Rezensionen