Theodor C. Schlüter: Flug- und Streitschriften zur "Kölner Reformation". Die Publizistik um den Reformationsversuch des Kölner Erzbischofs und Kurfürsten Hermann von Wied (1515-1547) (= Buchwissenschaftliche Beiträge aus dem Deutschen Bucharchiv München; Bd. 73), Wiesbaden: Harrassowitz 2005, XVI + 462 S., ISBN 978-3-447-05075-3, EUR 98,00
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Jahrzehntelang lag der Forschung nur die maschinenschriftliche Dissertation Theodor C. Schlüters vor: "Die Publizistik um den Reformationsversuch des Kölner Erzbischofs Hermann v. Wied aus den Jahren 1542-1547. Ein Beitrag zur rheinischen Reformationsgeschichte und - Bibliographie". Bereits in dieser 1957 bei Hubert Jedin in Bonn entstandenen Dissertation gab Schlüter einen guten Überblick über die zahlreichen in den Jahren 1542 bis 1547 im Zusammenhang mit dem Kölner Reformationsversuch entstandenen Druckschriften. Schlüters Werk erwies sich später allerdings als revisions- und vor allem ergänzungsbedürftig, da im Laufe der Zeit durchaus noch weiteres Material zum Vorschein gekommen war und bei weiteren Recherchen noch zum Vorschein zu kommen versprach. Erst 1993, mit der Vorbereitung einer Ausstellung zum Gedenken an den Kölner Reformationsversuch und nach dem Eintritt in den Ruhestand, wandte sich Schlüter wieder dem Thema zu und begann mit der grundlegenden Überarbeitung und wesentlichen Erweiterung seiner Dissertation. Die Arbeiten konnte er 2004 zum Abschluss bringen und das verdienstvolle und nützliche Werk 2005 publizieren.
Im ersten Teil (1-157) gibt Schlüter einen Überblick über die weit über das Erzbistum Köln hinaus bedeutungsvollen Ereignisse rund um den von Erzbischof Hermann von Wied in die Wege geleiteten und insbesondere von Martin Bucer - ferner auch Kaspar Hedio und Philipp Melanchthon - kräftig vorangetriebenen Versuch zur Einführung einer kirchlichen Reformation protestantischer Prägung im Erzbistum Köln. Er stellt die an den zum Teil recht heftigen und turbulenten Ereignissen Beteiligten vor: Hermann von Wied, den Straßburger Reformator Martin Bucer (Butzer), den zunächst reformfreudigen, dann aber zum schroffen Gegner gewordenen Kölner Theologen Johannes Gropper, den dem neuen Glauben zuneigenden Bonner Buchdrucker Laurentius von der Mülen, die altgläubigen Kölner Drucker Jaspar von Gennep und Melchior Novesianus, außerdem die Kölner Landstände, den Kölner Stadtrat und auch den Kölner Klerus.
Während in der Dissertation von 1957 erst 144 Druckschriften aus den Jahren 1542 bis 1547 berücksichtigt worden waren, führt Schlüter im zweiten Teil (159-355) des nun vorliegenden Werkes deren 266 in chronologischer Reihenfolge auf. Die Beschreibungen beginnen jeweils mit dem Kurztitel. Darauf folgt, unnötigerweise jeweils in ein Kästchen gepresst, die exakte Wiedergabe des vollständigen Titels. Aus technischen Gründen sind einige Sonderzeichen etwas unschön wiedergegeben, so die Nasalstriche; auch werden die Ligaturen œ und æ in der Kursivschrift gar nicht unterschieden. Es folgen Angaben zum Seiten- bzw. Blattumfang, zum Format, zur Lagenzählung, zur Zeilenzahl, zum Buchschmuck etc. Hernach führt Schlüter die einzelnen Teile der meist mehrteiligen Druckschriften auf. Diesen Angaben schließen sich die Exemplarnachweise an. Diese kommen etwas unredigiert daher; die Bezeichnungen der Bibliotheken sind oft nicht einheitlich und zum Teil überholt. Den Abschluss bilden die Angaben zur Literatur mitsamt den bibliographischen Nachweisen.
Im dritten Teil (357-436) bietet Schlüter etliche Texte und Materialien, die von besonderem Interesse sind, im Wortlaut, so etwa die "Sententia delectorum" des Kölner Domkapitels von 1544 in deutscher Sprache, die Abschiede dreier Landtage von 1542 und 1543, einige Mandate Kaiser Karls V. und ein blasphemisches Gedicht. Am Ende dieses Teiles stellt Schlüter zwei in Kölner Bibliotheken vorhandene reichhaltige Sammelbände vor. Hilfreich sind die im Anhang gebotenen Register, hier vor allem das alphabetische Titelregister der Druckschriften.
Bei den Flug- und Streitschriften, die in den Jahren 1542 bis 1547 in rascher Folge von den verschiedenen Seiten in Druck gegeben worden sind, handelt es sich zum großen Teil um Publikationen geringen Umfangs. Erfahrungsgemäß haben sich derartige Drucke nicht eben zahlreich und vollständig in den Bibliotheken erhalten oder harren dort noch der Entdeckung. Viele dieser Schriften gehören, obwohl gedruckt (z.B. Briefe, Mandate), von ihrer Entstehung und Verwendung her eher in den Archivbereich. In den Aktenbeständen mancher Archive - keineswegs nur in Köln - lassen sich, eingestreut in die handschriftlichen Akten und als Drucke nicht eigens erfasst, denn auch immer wieder Einblattdrucke und andere kleine Druckschriften zum Kölner Reformationsversuch aufstöbern.
Zum Schluss seien hier ein paar Ergänzungen zum Katalog der Drucke aufgeführt. Nr. 22, 46, 48, 98, 99, 103 und 104: hier hätten die in Martin Bucers Deutschen Schriften, Bände 11,1 und 11,2 genannten Exemplare berücksichtigt werden können. Nr. 57: vorhanden auch in Augsburg SStB und Siegburg Kreisarchiv. Nr. 60: auch in Oxford Bodleian und Ulm StB. Nr. 64: auch in Stockholm KglB und Tübingen UB. Nr. 84: auch in Trier StB. Nr. 131: auch in Stuttgart LB, Augsburg SStB, München UB und Straßburg BNU. Nr. 151 (Kaiserliches Mandat, selten!): auch in Köln StArchiv (Köln und das Reich 93,4, Bl. 19). Nr. 178: auch Linz Landesarchiv. Nr. 198: auch in Straßburg BNU. Nr. 207: auch in Basel ÖB und Straßburg BNU. Nr. 237: auch in Straßburg BNU.
Thomas Wilhelmi