Maria Brosius: The Persians. An Introduction (= Peoples of the Ancient World), London / New York: Routledge 2006, xvii + 217 S., ISBN 978-0-415-32089-4, GBP 55,00
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Während die Kontakte zwischen der griechisch-römischen Oikumene und dem Orient von jeher zum Gegenstand der Alten Geschichte zählen, ist die Zahl der Althistoriker, die sich primär mit der Geschichte der antiken iranischen Großreiche beschäftigen, nach wie vor vergleichsweise gering. Zu diesen zählt auch Maria Brosius, die bereits mit diversen Arbeiten über das Achaimenidenreich hervorgetreten ist. Ihre hier zu besprechende Einführung in die antike iranische Geschichte beschränkt sich allerdings nicht auf das Altpersische Reich, sondern behandelt auch Arsakiden und Sasaniden. So zielt Brosius' Werk wohl auf ein ähnliches Publikum wie Josef Wiesehöfers "Das frühe Persien" und Philip Huyses "La Perse antique". [1]
Das Buch ist in drei große Abschnitte zu den drei Reichen untergliedert. Diese wiederum zerfallen jeweils in eine Darstellung der Ereignisgeschichte sowie Kapitel zu "King and court", "Organisation and administration of the empire", "Religion" und "Art and architecture". Positiv hervorzuheben ist die große Zahl an Abbildungen sowie die Einfügung übersetzter Auszüge aus orientalischen wie westlichen Zeugnissen. Leider verzichtet Brosius auf eine zusammenfassende Darstellung der komplizierten Quellenlage.
Es ist schlechterdings unmöglich, es im Rahmen einer kurzen Einführung in mehr als ein Jahrtausend altiranischer Geschichte jedem Leser recht zu machen. Es sei daher schon hier vorweggenommen, dass Brosius diese schwierige Aufgabe insgesamt gut gelöst hat. Wenn im Folgenden einige Aspekte herausgegriffen und kritisch betrachtet werden, so soll dies die grundsätzliche Nützlichkeit des Buches nicht in Abrede stellen.
Brosius zählt nicht nur die frühen Könige der Persis, sondern auch Kyros II. und seinen Sohn Kambyses nicht zu den Achaimeniden; diese Position hat sich in den letzten Jahren mit gutem Grund weitgehend durchgesetzt: Wie Brosius darlegt, war der Achaimenide Dareios wohl ein Usurpator, der mit dem Königshaus der Teispiden allenfalls weitläufig verwandt war (17 f.). Die berühmte Geschichte von dem Magier Gaumata wird von Brosius daher bezweifelt: "It is quite possible that, following the (accidental) death of Cambyses in July/August 522, his brother Bardiya succeeded to the kingship, and that it was he who was killed in a palace coup by a group of nobles headed by Darius. Bardiya's murder was then concealed behind the story of Cambyses' fratricide and the appearance of a 'false Bardiya', who was claimed by Darius and the nobles to have been a magus called Gaumata" (17).
Bemerkenswert ist die Interpretation der Perserkriege. Brosius erblickt in den Angriffen begrenzte Strafaktionen: Indem Athen den Ionischen Aufstand unterstützte, habe es den 507 geschlossenen Vertrag mit Persien gebrochen (23). Mit der Zerstörung der Akropolis 480 habe Xerxes schließlich sein Kriegsziel - "the punishment of Athens" - erreicht, die Niederlage gegen die Griechen sei für die Perser weitgehend folgenlos geblieben (24 f.). Hier stutzt man, denn obwohl die Bedeutung der Perserkriege auf griechischer Seite gewiss stark übertrieben worden ist, war zumindest der Xerxeszug wohl zu aufwändig, als dass man annehmen könnte, es sei dem Großkönig nicht doch um die Herrschaft über die mutterländischen Griechen gegangen.
Die Darstellung der Vorgeschichte des Alexanderzuges wirkt ebenfalls etwas eigenwillig. Brosius sieht die Perser nun geradezu als Garanten griechischer Freiheit: "The Persian-Athenian alliance effectively meant that Philip's ambitions of a Macedonian hegemony over Greece could not be fulfilled" (30). Daher habe sich Philipp entschlossen, die kleinasiatischen Satrapien anzugreifen (31). Aber wieso begann Philipp dann erst 337/36 mit der Invasion Kleinasiens, als die Hegemonie über die Griechen bereits errungen war? Falls Brosius davon ausgeht, man habe nun einer persischen Intervention zuvorkommen wollen, so schreibt sie es nicht.
Auch in den folgenden Kapiteln fällt auf, dass Brosius einem positiven Bild vom Altpersischen Reich anhängt; Teispiden wie Achaimeniden seien meist tolerante Herrscher gewesen (50), die Großkönige seien in der offiziellen Kunst bevorzugt als zugänglich und friedliebend dargestellt worden (35). Diese Ansicht wird heute von vielen geteilt, doch auch Brosius muss einräumen, dass die Perser Widerstand gegen ihre Herrschaft nicht duldeten und in diesem Fall stets schonungslos agierten - auch mit Maßnahmen gegen fremde Kulte (69).
Die am persischen Hof übliche Proskynese hält Brosius nicht für einen Fußfall, sondern für eine Art Verneigung mit Kusshand (36). Stutzig macht ihre Erklärung des Namens jener Elitetruppen, die in griechischen Quellen als athanatoi erscheinen - während sie der klassischen Erklärung (vgl. Hdt. 7,83,1) folgt, derzufolge man die Soldaten als "Unsterbliche" bezeichnet habe, weil Verluste sogleich ausgeglichen wurden (59), gehen andere Forscher davon aus, dass sich hinter athanatoi das persische Wort für "Gefolgsmann" verberge. Brosius ist mit Recht sehr vorsichtig, was die Rolle von Mazdaismus und Zoroastrismus in altpersischer Zeit betrifft (66-68), und betont die hervorgehobene Rolle, die weiblichen Angehörigen des Königshauses zugekommen sei (43). Nützlich ist die knappe Skizze der Wahrnehmung der Perserkriege auf griechischer Seite, die den Abschnitt über die Achaimeniden abrundet.
Auch die Darstellung der parthischen Geschichte ist gelungen, obwohl auch hier gilt, dass man sich mehr Hinweise auf Forschungskontroversen gewünscht hätte. In Hinblick auf die parthische Frühzeit folgt Brosius der vorherrschenden Ansicht vom Einfall der nomadischen Parner in Parthien und der Übernahme des Namens "Parther" (83 f.) - eine Sichtweise, die jüngst bezweifelt worden ist. [2] Brosius betont mit Recht die Bezugnahme der Parther auf Seleukiden und Achaimeniden (101). Der Schwerpunkt der ereignisgeschichtlichen Darstellung liegt auf den Kontakten mit Rom. Dabei macht es stutzig, wenn Brosius die (Mit-)Schuld, die die Parther an einigen Konflikten traf, weitgehend unterschlägt. Absolut zutreffend ist hingegen die Feststellung, der parthisch-römische Krieg unter Macrinus habe mit einem Sieg der Arsakiden geendet (100 f.) - eine Tatsache, die von römischen Autoren teils verschleiert wird.
Brosius folgt jenen Quellen, die die Existenz eines einflussreichen Adelsrates behaupten; dieser habe sogar unliebsame Könige gestürzt (vgl. Trogus-Iustin XLII,4,1). Laut Brosius trug der Einfluss des Adels zu einer Schwächung der Stellung der späteren Arsakidenherrscher bei (104). Die Frage nach der Funktion des parthischen Adelsrates zählt aber aufgrund der widersprüchlichen Quellenlage zu den problematischsten Aspekten der altiranischen Geschichte, weshalb man sich hier etwas mehr Behutsamkeit gewünscht hätte. Dies gilt auch für die lapidare Feststellung, die Partherkönige hätten über kein stehendes Heer verfügt.
Sehr gelungen sind dann Brosius' Ausführungen zum Aufbau des arsakidischen Staates (113-117). Mit Recht konstatiert sie, dass das Reich verglichen mit dem der Achaimeniden und Sasaniden weniger zentralistisch organisiert gewesen sei, ohne dass die teilweise Autonomie der Unterkönige notwendig bedeuten müsse, dass dem Staat ein fester Zusammenhalt gefehlt habe. Brosius führt die Entstehung der "semi-independent kings" auf seleukidische Zeit zurück (115 f.). Ferner sei besonders das Kapitel über Kunst und Architektur (126-134) hervorgehoben. Ein Exkurs über das römische Partherbild rundet diesen Abschnitt ab.
Bei der Darstellung der sasanidischen Ereignisgeschichte stutzt man mitunter, auch wenn vermeidbare Detailfehler letztlich eher irritierend wirken als wirklich störend: Kaiser Carus zog nicht 293, sondern 282/83 gegen die Perser (148); der Anlass für den römisch-persischen Krieg von 540 bis 562 waren nicht Konflikte wegen Kolchis (154), sondern Streitigkeiten zwischen Lachmiden und Ghassaniden; der 572 erneut ausgebrochene Krieg mit Ostrom endete erst 591, nicht bereits 573 (154); und Heraclius und Chosrau II. standen einander nie als Heerführer gegenüber, wie Brosius suggeriert (157 f.).
In Hinsicht auf die Streitfrage [3], ob die ersten Sasaniden ihre Angriffe auf Rom mit Ansprüchen auf ehemals achaimenidische Territorien gerechtfertigt hätten, bleibt Brosius unentschieden (142). Die weitere Ereignisgeschichte wird dann, sieht man von den erwähnten Schwächen ab, souverän präsentiert. Knappe Ausführungen zu Staatsaufbau, Kunst, Architektur und den religiösen Verhältnissen vervollständigen die Darstellung; dabei betont Brosius völlig zu Recht, dass man trotz der wichtigen Rolle des Zoroastrismus unter den Sasaniden nicht ohne weiteres von einer "state religion" sprechen könne (188). Christen, Manichäer und auch Mazdakiten werden kurz behandelt. Das Buch schließt mit einer Liste der altiranischen Herrscher und einem kurzen Index. Die nach den drei Abschnitten gegliederte Bibliografie beschränkt sich auf wenige Hinweise, führt aber die wichtigsten Titel (nicht nur in englischer Sprache) an. Allenfalls den Verweis auf Hilmar Klinkotts "Der Satrap" [4] mag man vermissen.
Brosius ist eine souveräne Einführung gelungen, die trotz kleiner Irrtümer überzeugen kann. Teilweise hätte man sich vielleicht etwas mehr Abwägung gewünscht - so hätte man in den (sehr wenigen) Anmerkungen öfter auf Forschungskontroversen hinweisen können. Dennoch kann "The Persians" jedem Althistoriker ans Herz gelegt werden.
Anmerkungen:
[1] Josef Wiesehöfer: Das frühe Persien. Geschichte eines antiken Weltreichs, 2. Aufl., München 2002 (C.H.Beck Wissen); Philip Huyse: La Perse antique, Paris 2005.
[2] Vgl. S. Hauser: Die ewigen Nomaden? Bemerkungen zu Herkunft, Militär, Staatsaufbau und nomadischen Traditionen der Arsakiden; in: B. Meißner u. a. (eds.): Krieg, Gesellschaft, Institutionen, Berlin 2005, 163-205.
[3] Vgl. P. Huyse: La revendication de territoires achéménides par les Sassanides: une réalité historique?; in: P. Huyse (ed.): Iran: Questions et connaissances I: Études sur l'Iran ancien, Paris 2002, 294-308.
[4] Hilmar Klinkott: Der Satrap. Ein achaimenidischer Amtsträger und seine Handlungsspielräume, Frankfurt a. M. 2005.
Henning Börm