Paola Tartakoff: Between Christian and Jew. Conversion and Inquisition in the Crown of Aragon, 1250-1391 (= The Middle Ages Series), Philadelphia, PA: University of Pennsylvania Press 2012, XIII + 209 S., 3 Kt., ISBN 978-0-8122-4421-2, USD 55,00
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Paola Tartakoff ist derzeit Assistant Professor of History and Jewish Studies am Department of Jewish Studies an der Rutgers Universität. 2007 hat sie an der Columbia University ihre Dissertation mit dem Titel Jews, Converts, and Inquisitors in the Crown of Aragon, 1243-1391, abgeschlosssen. Das nun vorliegende Buch geht auf diese Arbeit zurück.
Im Mittelpunkt von Tartakoffs Untersuchung stehen Ereignisse, die sie in Dokumenten des Archivs der Kathedrale von Barcelona beschrieben gefunden hat. Den Dokumenten zu Folge sollte 1341 ein jüdischer Konvertit namens Pere auf Grund seiner Selbstanklage vor den Behörden auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden. Laut eigener Aussage hatte Pere sich 1340 taufen lassen, war dann aber, von mehreren Juden dazu überredet, zum Judentum zurückgekehrt. Sein Tod auf dem Scheiterhaufen, zu dem diese Juden ihn ebenfalls überredeten, sollte seinen Abfall vom Glauben öffentlich sühnen und ihn zu einem Märtyrer im Namen des jüdischen Glaubens machen.
Ausgehend von Peres Fallgeschichte versucht Tartakoff in ihrem Buch darzustellen, wie das Verhältnis zwischen Juden, jüdischen Konvertiten und Christen im Spanien der Zeit vor den großen Judenverfolgungen des Jahres 1391 gewesen sein könnte. Die Überlegungen stehen vor dem Hintergrund der allgemein akzeptierten Annahme, dass die Verfolgungen von 1391 zu Massenkonversionen von Juden geführt haben, die schlussendlich das immer schlechter werdende Verhältnis von Juden, Konvertiten und Christen im 14. und 15. Jahrhundert mit verschuldeten. Vor dem Hintergrund der Geschichte von Pere möchte Tartakoff jedoch aufzeigen, dass es bereits lange vor dem Jahr 1391 zu einer Verschlechterung dieses Verhältnisses gekommen war.
Tartakoffs Buch ist dreigeteilt. Jeder dieser Teile enthält einzelne Abschnitte zum oben beschriebenen Fallbeispiel und andere, in denen Tartakoff versucht ihren Beispielfall in die größere Geschichte einzuordnen.
In Teil eins wird dargestellt, auf welche Weise die mittelalterliche Inquisition in Spanien versucht hat, Konvertiten vor der, vermuteten oder tatsächlichen, Einflussnahme durch Juden zu schützen und so die Rückkehr zum Judentum zu verhindern. Details aus dem Fallbeispiel sollen aufzeigen, auf welche Weise die beschuldigten Juden sich zu verteidigen versuchten.
Im zweiten Teil versucht Tartakoff darzustellen, wie das Leben der Konvertiten vor 1391 aussah und welche Gründe zu ihrer Konversion geführt haben könnten. Darüber hinaus wird auf die Umstände eingegangen, unter denen sie schließlich getauft wurden und ausgeführt, welche Erfahrungen die Konvertiten in ihrem nun neuen, christlichen Leben machten.
Teil drei geht der Frage nach, welche Haltung die jüdischen Gemeinden gegenüber abtrünnig gewordenen Mitgliedern einnahmen und welche Maßnahmen einzelne Mitglieder dieser Gemeinden ergriffen, um diese Abtrünnigen wiederum der Gemeinde zuzuführen. Letzteres steht wiederum im Kontext des Beispielfalles.
Ihre Ausführungen zum Aufbau des Buches schließt Tartakoff mit den Worten: "The Conclusion considers ways in which the implications of this study transcend the history of Jewish conversion and Jewish-Christian relations in the medieval Crown of Aragon, extending to majority-minority relations in Christian Spain more generally, Jewish conversion throughout medieval Western Europe, Jewish and Christian attitudes toward converts in fifteenth-century Spain, and the activities of the Spanish Inquisition." (10)
Die Stärken von Tartakoffs Buch liegen in der peniblen Aufarbeitung des Archivmaterials zum Fallbeispiel und in der spannenden Art, mit der sie dieses der Leserin, dem Leser zu vermitteln versteht. Die Schwächen der Arbeit liegen darin begründet, dass für die Geschichtsschreibung eigentlich gilt, dass die Summe der Teile kein Ganzes ergibt. Das heißt, dass aus Einzelereignissen zwar allgemeine Schlüsse gezogen werden können, umgekehrt aber kaum eines der Einzelereignisse diesen verallgemeinerten Schlüssen entspricht. Wäre Tartakoff sich dieser Tatsache bewusst gewesen, hätte sie an manchen Stellen ihres Buches ihre Fallbeispiele, respektive ihren Beispielfall, wohl anders in den von ihr dargestellten Gesamtkontext eingeordnet. So wäre zum Beispiel ihre Verwunderung darüber, dass, entgegen der grundsätzlichen Annahme eines gravierenden Unterschiedes zwischen Ashkenazim und Sefarden in Bezug auf ihre jeweilige Einstellung zu Konversion und Martyrium, etliche Einzelfälle nicht in dieses Bild passen, weit geringer gewesen als sie es zum Ausdruck bringt (67-75). Beim Versuch, ihren Beispielfall zu kontextualisieren, hätte Tartakoff vielleicht weniger häufig mehr oder minder bloße Aufzählungen von ähnlichen Fällen oder passenden Texten aus christlicher oder jüdischer Feder durch die Jahre, oder Jahrhunderte, und über unterschiedliche geografische Räume bieten und es der Leserschaft überlassen sollen, in diesen Aufzählungen den Kontext für ihren Beispielfall zu sehen (22-24). Nichtsdestotrotz, und vor allem auf Grund des zu Beginn dieses Absatzes Gesagten, legt Tartakoff mit ihrem Buch ein Werk vor, das, für wissenschaftliche Lektüre, erfreulich gut zu lesen ist und mit Gewinn ausgewertet werden kann.
Ursula Ragacs