Andreas J.M. Kropp: Images and Monuments of Near Eastern Dynasts. 100 BC - AD 100 (= Oxford Studies in Ancient Culture and Representation), Oxford: Oxford University Press 2013, XX + 500 S., 142 s/w-Abb., ISBN 978-0-19-967072-7, GBP 105,00
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In zahlreichen Artikeln hat Andreas Kropp während der letzten Jahren gezeigt, dass er zu den besten Kennern der Archäologie des hellenistischen und römischen Nahen Ostens zählt. Die nun vorliegende überarbeitete Fassung seiner 2007 eingereichten Dissertation unterstreicht dies. Kropp hat erstmals den Versuch unternommen, die materiellen Zeugnisse lokaler Dynasten des Nahen Osten aus der Zeit zwischen 100 v. Chr. und 100 n. Chr. in ihrer ganzen Breite zu analysieren. Dies ist vor allem mit Blick auf die Strategien der Herrschaftssicherung und -legitimation aufschlussreich und zeigt, wie die Herrscher kreativ mit lokalen Traditionen, hellenistischem Erbe und römischer Mode operierten. Darüber hinaus vermittelt Kropp allgemein einen guten Einblick in das kulturelle und religiöse Milieu des Nahen Ostens und ist jedem, der sich mit der hellenistischen und römischen Epoche dieser Region beschäftigt, als Lektüre zu empfehlen.
Gegliedert ist das Buch in sechs Kapitel. Das erste Kapitel fungiert als erweiterte Einleitung. Neben der Darstellung der Ziele und Methoden wird der geographische und historische Kontext anschaulich erläutert. Am Ende steht eine knappe Einführung in die Geschichte und Kultur der untersuchten Dynastien und Territorien: Dies sind Kommagene, Emesa, die Ituräer, das hasmonäische Reich, die Herrschaften des Herodes und seiner Familie sowie das nabatäische Reich.
Die folgenden vier Kapitel befassen sich jeweils mit einem Bereich herrscherlicher Repräsentation. Den Anfang machen die Bildnisse. Angesichts der geringen Zahl einschlägiger Skulpturen bilden Münzbilder die wichtigste Materialgruppe, wobei auch hier gilt, dass viele Herrscher ihr Bildnis nicht auf Münzen prägen ließen bzw. gar keine Münzen prägten. Als ein zentrales Element der Bildnisse stellt Kropp die Adaption römischer Moden heraus. Während Insignien und Tracht in hellenistischer Tradition stehen konnten, orientiere sich das Porträt zumeist an den zeitgenössischen römischen Konventionen. [1] Eigene Wege gehen die nabatäischen Könige, deren Frisuren an indigene Traditionen anknüpfen und die seit Obodas III. statt des Diadems einen Lorbeerkranz tragen. [2]
Palastanlagen stehen im Zentrum des nächsten Kapitels. Kropp zeigt, wie diese in besonderer Weise zur Inszenierung des Herrschers und der symbolischen Kommunikation mit den Eliten oder dem Volk genutzt werden konnten. Die Überlieferungslage ist freilich sehr disparat. Weder aus Emesene noch aus Ituräa stehen Zeugnisse zur Verfügung. Aus Kommagene sind nur Teile des Palastes in Samosata bekannt. [3] Der Schwerpunkt liegt daher auf den zahlreichen und gut erforschten Palästen des Herodes, die kenntnisreich analysiert werden.
Im folgenden Kapitel werden Grabanlagen behandelt. Hier ist die Disparität der Befunde noch stärker ausgeprägt. Neben dem Grab des Antiochos I. von Kommagene auf dem Nemrud Dağ und neuerdings dem Herodesgrab sind königliche Grabanlagen kaum sicher zu bestimmen. Das macht es notwendig, auch Denkmäler, deren Kontext unklar ist - etwa das Grab des Samsigeramos in Emesa, des Zenodoros in Baalbek oder das Mausoleum von Hermel -, in die Betrachtung einzubeziehen.
Im längsten Kapitel, "Kings and Cults", steht die Beziehung der Herrscher zu Kulten im Zentrum. Anschaulich werden die vielfältigen Strategien einzelner Herrscher im Umgang mit lokalen Kulten und Kulttraditionen gezeigt. Eine wichtige Rolle spielt zudem die Frage nach Herrscherverehrung und Kaiserkult. Das Kapitel enthält eine Fülle bemerkenswerter, vielfach neuer Beobachtungen, die stets anregend sind, zum Teil aber einer eingehenden Erörterung bedürften. [4]
Das letzte Kapitel fasst die Ergebnisse getrennt nach Herrschaftsbereichen zusammen. Kropp resümiert überzeugend, dass sich in der Selbstinszenierung der Herrscher zwar allgemeine Trends ausmachen lassen, deren konkrete Ausprägungen jedoch in hohem Maße individuell und kontextorientiert gestaltet waren. Dabei stellten das gleichzeitige Bewahren uralter bzw. vermeintlich uralter Traditionen und die Adaption neuer, häufig römischer Moden keine Gegensätze dar. Die Könige bedienten sich einer breiten Palette von Vorbildern und Mustern, um ihren herrschaftlichen Anspruch gerecht zu werden bzw. diesen zu legitimieren. Die dabei frei werdende kreative Kraft verdeutlicht nicht zuletzt Antiochos I. von Kommagene, der quasi ex nihilo ein komplexes religiöses und dynastisches System mit eigener Bildsprache erschuf. [5]
Die Redaktion des Textes ist durchweg gut, in Fußnoten und Bibliographie sind allerdings häufiger Inkonsistenzen zu beobachten. [6] Irritierend ist, dass wörtliche Zitate aus der Sekundärliteratur nur in englischer Übersetzung gegeben werden, was, wie Kropp im Vorwort selbst betont, vom Verlag verlangt wurde. Positiv hervorzuheben sind die zahlreichen Textabbildungen, Pläne und Zeichnungen. Hilfreich ist auch der katalogartige Appendix zur Münzprägung der einzelnen Dynasten, dessen Aufbau allerdings nicht einheitlich ist.
Obwohl Kropp verschiedene Aspekte des Buchs bereits in Artikeln vorgelegt hat, bietet die nun vorliegende Zusammenschau zahlreiche neue Perspektiven. Durch die kontrastierende Betrachtung der Dynastien lassen sich Motive und Strategien einzelner Herrscher gut nachvollziehen. Der Schwerpunkt liegt dabei freilich auf den Zeugnissen des Herodes und seiner Familie sowie der Nabatäer. Das liegt zum einen an der Überlieferungslage, ist aber sicherlich auch den Forschungsschwerpunkten Kropps geschuldet, die offenkundig in Südsyrien und Palästina liegen. Als gewisser Mangel mag der nicht sonderlich ausgeprägte theoretische Unterbau angesehen werden. Zwar sind viele Diskurse jüngerer Zeit, etwa um die Konzepte von Identität, Performanz oder der Semantik materieller Kultur mitgedacht, es fehlt aber eine explizite Auseinandersetzung. Dafür - und das scheint mir weitaus basaler als der theoretische Diskurs - gründen die Ergebnisse der Arbeit auf einer ausgezeichneten Kenntnis der Denkmäler und der archäologischen Forschungsliteratur. [7] Das Buch ist daher eines der besten und anregendsten Werke zum Nahen Osten der vergangenen Jahre.
Anmerkungen:
[1] Ob allerdings eine solche Angleichung bereits für die voraugusteische Zeit postuliert werden kann, wie Kropp dies für die Münzen Lysanias von Chalkis annimmt (78-79), oder ob nicht hellenistische Traditionen unabhängig von Rom ein entsprechendes Repertoire von Ausdrucksmöglichkeiten zur Verfügung stellte, sei dahingestellt.
[2] Ob das seit Aretas IV. unter dem Lorbeerkranz um den Kopf geführte Band tatsächlich ein Diadem meint, scheint freilich nicht ganz eindeutig, da es am Hinterkopf keine Bindenenden besitzt, die für ein Diadem konstitutiv sind, vgl. D. Salzmann: Anmerkungen zur Typologie des hellenistischen Königsdiadems und zu anderen herrscherlichen Kopfbinden, in: A. Lichtenberger u.a. (Hgg.): Das Diadem der hellenistischen Herrscher. Übernahme, Transformation oder Neuschöpfung eines Herrschaftszeichens?, Bonn 2012, 337-383.
[3] Zu diesem Befund ist zu ergänzen N. Özgüç: Samsat. Sümeysat - Samosata - Kumaha - Hahha - Hahhum (Ankara 2009). Vgl. zudem jetzt auch O. Bingöl: Samosata I. Theos Antiokhos Sarayı (Ankara 2013).
[4] So sieht Kropp die prominente Statuengruppe im hauranitischen Heiligtum von Sahr entgegen der gängigen Meinung nicht als Denkmal für Agrippa II. (259-262). Zu diskutieren wäre, ob die militärische Tracht vieler Gottheiten tatsächlich ein Reflex auf die Darstellung hellenistischer Könige in Panzertracht ist (235-236). Nicht unumstritten ist, wie Kropp selbst einräumt, die Interpretation der Gottheit Obodas als deifizierter König; vgl. jetzt auch P. Alpass: The Religious Life of Nabataea, Leiden 2014, 156-159.
[5] Hier überrascht allerdings, dass Kropp das Programm des Antiochos in manchen Passagen als eine idiosynkratrische Schöpfung jenseits zeitgenössischer Trends sieht. Vgl. hier M. J. Versluys: Cultural Responses from Kingdom to Province. The Romanisation of Commagene, Local Identities and the Mara Bar Sarapion Letter, in: A. Merz / T. Tieleman (eds.): The Letter of Mara Bar Sarapion in Context, Leiden 2012, 43-66.
[6] Das Nebeneinander von Autor-Jahr-System und Kurzzitaten ist inkonsistent umgesetzt und führt häufig zu Verwirrungen. Manche zitierten Werke fehlen zudem im Literaturverzeichnis.
[7] Nicht mehr systematisch eingearbeitet worden zu sein scheinen allerdings Titel der vergangenen fünf Jahre. Überraschend ist etwa das Fehlen von J. Aliquot: La vie religieuse au Liban sous l'empire romain, Beirut 2009.
Michael Blömer