Società Internazionale di Studi Francescani / Centro Interuniversitario di Studi Francescani: Frater Franciscus. Storia e attualità. Atti del XLVIII Convegno internazionale, Assisi, 15-17 ottobre 2020 (= Atti dei Convegni della Società internazionale di studi francescani e del Centro interuniversitario di studi francescani. Nuova serie; 31), Spoleto: Fondazione Centro Italiano di Studi sull'alto Medioevo 2021, X + 354 S., 11 s/w-Abb., ISBN 978-88-6809-334-1, EUR 42,00
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Anne Huijbers (ed.): Emperors and Imperial Discourse in Italy, c.1300-1500. New Perspectives, Rom: École française de Rome 2022
Agostino Paravicini Bagliani: Le monde symbolique de la papauté. Corps, gestes, images d'Innocent III à Boniface VIII, Firenze: SISMEL. Edizioni del Galluzzo 2020
Isabel Blumenroth: Das Alexandrinische Schisma in Briefen und Ideenwelt des Arnulf von Lisieux und Johannes von Salisbury, Köln / Weimar / Wien: Böhlau 2021
Die im Oktober 2020 abgehaltene internationale Tagung Frater Franciscus. Storia e attualità sowie der daraus hervorgegangene Tagungsband, der hier besprochen wird, fügen sich in die lange und lebendige Tradition franziskanischer Studien ein, die unter anderem von der Società internazionale di studi francescani erfolgreich weitergeführt wird, die seit vielen Jahren der wichtigste internationale Bezugspunkt in diesem Forschungsbereich ist.
Der Beitrag von Grado Giovanni Merlo (5-25), der den Sammelband eröffnet, befasst sich mit zwei zentralen forschungsgeschichtlichen Fragen, nämlich der nach der Erkennbarkeit des historischen Franziskus und der nach der Brauchbarkeit der zahlreichen hagiographischen und historiographischen Darstellungen. Nur ein ständiges und unablässiges hermeneutisches Bemühen ließe - so Merlo - Erkenntnisse über die historische Figur des Franz von Assisi zu (24). Enrico Menestò bietet in seinem Beitrag (27-54) einen wichtigen Überblick über die Lage der franziskanischen Handschriftenquellen, ergänzt durch einen nützlichen abschließenden Anhang, der bezüglich der Bildung der franziskanischen Überlieferung drei Phasen identifiziert und einige wichtige und dennoch noch offene ekdotische Fragen aufgreift.
Ausgehend von Paul Sabatiers Vie de S. François untersucht Maria Pia Alberzoni (55-96) die Auswirkungen dieses Werkes auf die ältere katholische und protestantische Forschung in Bezug auf das bis vor einigen Jahren als harmonisch dargestellte Verhältnis zwischen Franz von Assisi und der römischen Kurie. In ihrem Beitrag bietet sie einen wichtigen und gründlichen Forschungsüberblick und stellt hierbei einen historischen sowie einen historisch-theologischen Strang heraus. Die Beziehung zwischen Franziskus und dem Orden, insbesondere im Hinblick auf die minoritas, steht im Mittelpunkt des Aufsatzes von Stefano Brufani (100-130), der den heiklen Prozess der Institutionalisierung der ersten franziskanischen Bruderschaft in ihrem Austausch mit dem apostolischen Stuhl bis hin zur Institutionalisierung behandelt. Die der Erfahrung von Franziskus innewohnende Dimension der minoritas wird im Beitrag von Maria Teresa Dolso (131-145) in ihrer Verwendung in verschiedenen Quellen untersucht. In einem zweiten Teil geht Dolso hingegen auf die Entwicklung des sogenannten Minoritentums ein, insbesondere auf die unterschiedlichen Facetten der franziskanischen Erfahrung in verschiedenen regionalen und sozialen Kontexten (146-169).
Roberto Lambertini greift den Aufsatz Verso una nuova antropologia e una nuova religiosità von Ovidio Capitani aus dem Jahr 1991 auf, zeichnet weitere Entwicklungslinien nach und versucht, einige Fixpunkte einer möglichen franziskanischen Anthropologie auszumachen (173-192). Lambertinis Aufsatz fügt sich in eine klare Forschungstradition ein und hebt auf anthropologischer Ebene die Aktualität des Franziskus überzeugend hervor. Marina Benedetti beschäftigt sich in ihrem Aufsatz mit der Beziehung zwischen Franziskus und Klara von Assisi (193-210): Sie fasst die jüngeren Forschungsbeiträge zu diesem breiten und faszinierenden Thema zusammen und ordnet die Freundschaft zwischen Klara und Franziskus in die komplexe Darstellung der Frauengestalt und das facettenreiche Verhältnis zwischen den beiden Zweigen des Ordens ein. Der Beitrag von Francesco Mores, der einige den Biographien des Heiligen gewidmete Studiensammlungen analysiert, arbeitet in hervorragender Weise die Aktualität Franz' von Assisi heraus, indem er ihre Rezeption in der heutigen Zeit unterstreicht und mit einigen Aspekten des aktuellen Pontifikats in Verbindung bringt (231f. und 236-238). Haude Morvan befasst sich in seinem Aufsatz (249-270, mit einem weiterführenden ikonographischen Anhang) mit der Entstehung und Entwicklung der Darstellung des Gesichts Franz' von Assisi um Mitte des 13. Jahrhunderts und ihrer Weiterentwicklung nach den ordensinternen Gegensätzen bis zum Zeitalter der Observantenreform.
Der Band schließt mit einem Protokoll des runden Tisches, der am Ende der Konferenz stattfand und dem Thema "Franz von Assisi zwischen Vergangenheit und Gegenwart" gewidmet war. Der Dialog zwischen Franco Cardini (Franz und der Islam), Giacomo Todeschini (Franz und die Wirtschaft), Raimondo Michetti (Franz und das Wesen des Christentums), Giuseppe Buffon (Franz und der Kredit) und Andrea Riccardi (Bruder Franziskus - Heiliger Franziskus - Papst Franziskus) befasst sich mit verschiedenen Themen mit Aktualitätsbezug und nimmt einen großen Teil des Bandes ein (271-338). Die Hervorhebung der unangetasteten Relevanz sowie der starken Rezeption des Franz von Assisi bis in die heutige Zeit lässt sich als eine wesentliche Stärke eines Sammelwerkes ausmachen, das die Gestalt des Heiligen aus Assisi und die Ordensgeschichte aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet. Für eine Orientierung im mare magnum der Franziskusforschung erweisen sich durch ihre tiefgreifenden Einblicke in die Quellenlage und die Forschungstendenzen vor allem die Beiträge von Brufani und Alberzoni als hilfreich.
Caterina Cappuccio