Piotr S. Wandycz: The Price of Freedom. A History of East Central Europe from the Middle Ages to the Present, 2nd ed., London / New York: Routledge 2001, 360 S., 6 maps, ISBN 978-0-415-25491-5, GBP 15,99
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Diese Rezension erscheint auch in der Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung.
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Wenn ein Altmeister der osteuropäischen Geschichte und Autor vieler Werke eine Gesamtsicht Ostmitteleuropas über einen Zeitraum von tausend Jahren vorlegt, dann empfiehlt sich eine sorgfältige und geduldige Lektüre. Drei historische Königreiche (Böhmen, Polen und Ungarn), die in der Gegenwart in vier Nationalstaaten fortleben, werden hier aus großer Höhe als eine Region gesehen, in der "Ähnlichkeiten und tiefe Unterschiede" (257) zu finden sind. Piotr Wandycz will mehr als eine Addition von nationalen Geschichtsbetrachtungen mit gelegentlichen Überschneidungen von Herrschern und Interessen; er versucht stattdessen eine Gesamtschau dieser "Grenzgebiete westlicher Kultur" (3) oder der "Semi-Peripherie" Europas, als dessen Kern England und Frankreich gesehen werden. Wandycz ist sich bewusst, dass diese Terminologie willkürlich und umstritten ist, denn die Tschechen betrachten sich selbst als in der Mitte Europas lebend und die deutsche Nachbarschaft bleibt im vorliegenden Werk eigentümlich blass.
Jeweils zu Anfang der acht Kapitel liefert Wandycz eine Epochenübersicht, in der die "breiten Strömungen und fundamentalen Fragen" (XIII) betrachtet werden. Hier gelingt am ehesten der Vergleich untereinander und die Abgrenzung gegenüber den angrenzenden Regionen. Im chronologischen Bericht von Ereignissen, auf die auch eine vorwiegend reflektierende Darstellung nicht verzichten kann, wird dieser Zusammenhang manchmal problematisch. Während im Spätmittelalter zur Zeit der Dynastie der Jagiellonen oder unter sowjetischer Herrschaft die Gesamtschau überzeugt, kann dies für das 19. Jahrhundert und die Zeit der Nationalstaaten nach dem Ersten Weltkrieg kaum gelingen, und das Buch liefert hier Parallelgeschichten.
Wandycz setzt einen kundigen Leser voraus, der mit den Grundzügen der historischen Abläufe vertraut ist und Freude an geschliffenen Formulierungen und provozierenden Gedanken empfindet. Der Text enthält kein Wort zu viel, die Sprache ist lakonisch und gewählt auf hohem Niveau; manchmal wäre ein Halbsatz mehr wünschenswert gewesen, um mögliche Missverständnisse auszuschließen. Wandycz liefert eher Reflexionen über Trends als eine Darstellung von Ereignissen, deren Daten aus einer breiten chronologischen Faktenübersicht in synchroner Darstellung zu ersehen sind. Kultur und Wirtschaft werden mit knappen Strichen berücksichtigt. Oftmals stellt Wandycz zu Problemen mehrere Deutungen zur Wahl und hält sich selbst mit seiner Meinung zurück: "There are no easy answers" (219).
Diese Aussage gilt auch für die Wahl der Orts- und Eigennamen. Wandycz benutzt englische Bezeichnungen dort, wo sie eingeführt sind ("Cracow"); in anderen Fällen verwendet er die Namensform in der Sprache der politischen Zuordnung, sodass meist "Gdańsk" statt "Danzig" erscheint. Kurios wirkt dies, wenn zum Beispiel von Lutheranern in "Brassó" statt "Kronstadt" die Rede ist (52) oder wenn Hybridformen benutzt werden ("George of Poděbrady").
Wandycz hat das vorliegende Werk Oscar Halecki und Hugh Seton-Watson gewidmet, und er löst diesen hohen Anspruch auch ein. Unklar bleibt nur, für welche Art Leser das Buch geschrieben wurde; denn in der Lehre müsste jeder Satz oder Absatz erläutert werden, und der Leser ohne Vorkenntnisse erscheint schlicht überfordert. Wer indes über Grundkenntnisse verfügt, dem wird diese anregende und schwierige Lektüre Vergnügen bereiten, und die knapp kommentierte Auswahlbibliografie weist auf weitere Vertiefungsmöglichkeiten.
Manfred Alexander