Michael Käufer: Sankt Maximin zwischen Kurfürst und Reich. Der Kampf der Benediktinerabtei Sankt Maximin bei Trier um die Reichsunmittelbarkeit in den Jahren 1548-1670, Trier: WVT 2003, XI + 345 S., ISBN 978-3-88476-534-0, EUR 32,50
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Während die mittelalterliche Geschichte der Abtei St. Maximin bei Trier verschiedentlich untersucht wurde, fehlte eine Untersuchung zu ihrer Geschichte in der Frühen Neuzeit. Diese Lücke soll in Bezug auf die Bemühungen der Abtei um Reichsunmittelbarkeit jetzt durch die Bonner Dissertation von Michael Käufer geschlossen werden. Dabei betont der Autor gleich auf der ersten Seite, dass er um eine "primär ereignishistorisch ausgerichtete Untersuchung, die anhand der zeitgenössischen Quellen das Geschehen zu rekonstruieren versucht", bemüht sei.
Daher kann es auch nicht verwundern, dass die Arbeit chronologisch aufgebaut ist. Nach einer kurzen Einführung der Geschichte bis in das 16. Jahrhundert und einer Einführung zum Selbstverständnis der Abtei, sowie der Vorstellung der Begriffe "Landstandschaft" und "Reichsunmittelbarkeit" beginnt die eigentliche Darstellung.
St. Maximin wurde 1548 erhöhte Aufmerksamkeit zuteil, als der Reichstag die allgemeine Überprüfung der Steuerverpflichtung der Reichsstände beschloss. Ziel war es, möglichst viele Reichsstände zu versammeln und diese auch zur Zahlung von Steuern zu veranlassen. Daher wurde auch St. Maximin als reichsunmittelbarer Stand um Zahlung gebeten. Allerdings traf die Feststellung dieser nicht mehr verteidigten Rechtssituation insofern auf eine besondere Situation, als just zu dieser Zeit der Kurfürst von Trier, Johann von Isenburg, in Personalunion Abt von St. Maximin war. Als Abt musste Johann an der Bestätigung der Reichsunmittelbarkeit liegen, als Kurfürst hingegen musste er die Abtei in seiner Landeshoheit zu erhalten suchen. So begann ein schon 1995 von Bernhard Diestelkamp in seinen Grundzügen dargestellter Prozess um die Reichsunmittelbarkeit, der allerdings erst mit der personellen Trennung der Abtswürde von dem Amt des Erzbischofs an Schärfe gewann. Mit dem Tod von Isenburg 1556 trat dann ein Konflikt ein, der in zwei Phasen gegliedert werden kann: 1556 bis 1626 und 1626 bis 1670.
Der Streit um Reichsunmittelbarkeit verlief in juristischen Bahnen, solange er nicht im internationalen Zusammenhang instrumentalisiert wurde. Bereits mit der Wahl Lothars von Metternich zum Trierer Kurfürsten, mehr noch aber zur Zeit Christoph Philipp von Sötern (ab 1623) spitzte sich der Konflikt zu, da der Kurfürst nach einer strittigen Abtswahl entschlossen war, die Abtei als Landstand einzuordnen. Doch wehrte sich St. Maximin nicht nur mit juristischen Mitteln, sondern hatte bereits vorher mit der Durchführung von Hexenprozessen deutlich gezeigt, dass es die Hochgerichtsbarkeit besitze, um auch auf diese Weise seinen Anspruch auf Reichsunmittelbarkeit zu unterstreichen.
Mit dem Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges erlangte St. Maximin dann jedoch die erwähnte Bedeutung im internationalen Konflikt. Für die Regierung in Brüssel wurde die Betonung der Unterstellung der Abtei unter den offiziellen Schutz von Luxemburg deshalb so wichtig, weil man damit sowohl einen gesicherten Platz im Kurtrierischen wie ein Druckmittel gegen den Kurfürsten von Trier hatte, dessen Territorium auf dem Weg von Italien nach Flandern eine zentrale strategische Bedeutung zukam. Die österreichischen Habsburger hingegen setzten zwar auf den Trierer Kurfürst, dessen Stimme sie bei der Wahl von 1612 und im Dreißigjährigen Krieg brauchten, gingen aber noch nicht so weit, ihn voll zu unterstützen. So fiel dann auch das Reichshofratsurteil von 1626 zu Gunsten der Abtei aus. Die Haltung des Kaisers änderte sich 1628 vorübergehend, schlug aber endgültig gegen Philipp Christoph aus, als dieser 1632 auf die französische Seite wechselte. St. Maximin wurde nun gegen den gefangen gesetzten Kurfürsten und die französischen Besatzer von Trier nach Kräften gefördert. Erst als der abgesetzte Kurfürst starb und sein Nachfolger von der Leyen mit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges wieder voll auf die kaiserliche Karte setzte, nahte das Ende der Bemühungen um Reichsunmittelbarkeit. Spanien konnte durch die Verwicklungen gegen Frankreich die Abtei nicht in gleicher Weise wie vorher stärken, wenngleich dem Abt nach der Verkündung der kaiserlichen Privation in Luxemburg Exil gewährt wurde. So wurde die Abtei besetzt und verfiel der kaiserlichen Administration. Nur durch die Anerkennung der kurtrierischen Oberhoheit gelang es dem Abt, seine Abtei 1670 als Landstand zurückzuerhalten.
Die Untersuchung von Kläger fußt auf umfangreichem Material aus Trier, Luxemburg, Wien und Koblenz. Die Literatur sowohl zu den engeren Hintergründen wie auch zu den internationalen Zusammenhängen ist überzeugend eingearbeitet, sodass man alle Schritte des Konfliktes Kurfürst - Abtei nachverfolgen kann. Dabei verliert sich die Darstellung jedoch stellenweise in recht langen Zitaten und vielen Details und betrachtet gemäß der selbst gestellten Zielrichtung einzig den Streit um die Reichsunmittelbarkeit. Sozialhistorische Ereignisse, Widerstand der Untertanen im Dreißigjährigen Krieg (162), die Zusammensetzung des Konvents (272), die Einkünfte der Abtei et cetera leuchten nur hier und da auf. Gerade aber diese zum Teil spannenden Auseinandersetzungen hätte man gerne beleuchtet gesehen und nicht allein die stringente Verfolgung der Frage der Reichsunmittelbarkeit, zumal sie ohnehin vornehmlich allgemeinhistorisch, keinesfalls aber rechtshistorisch beleuchtet wird. Diese enge Anlehnung an die Geschehnisse führt bisweilen auch zu sehr an die Quellensprache angelehnten Formulierungen, wie "Ungemach verursachen sollte" (51).
Insgesamt aber handelt es sich um eine klar geschriebene Arbeit, die ihrem selbst gesteckten Ziel, der ereignisgeschichtlichen Darstellung der Bemühungen von St. Maximin um Reichsunmittelbarkeit in der Frühen Neuzeit, voll gerecht wird. Sie ist damit ein Baustein zum Verständnis der Interdependenz des Funktionierens der Reichsgerichtsbarkeit einerseits und ihrer Abhängigkeit von der internationalen Situation andererseits.
Ludolf Pelizaeus