Rezension über:

Sylvia Schraut: Das Haus Schönborn. Eine Familienbiographie. Katholischer Reichsadel 1640-1840, Paderborn: Ferdinand Schöningh 2005, 451 S., ISBN 978-3-506-71742-9, EUR 58,00
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Rezension von:
Ludolf Pelizaeus
Historisches Seminar, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz
Redaktionelle Betreuung:
Matthias Schnettger
Empfohlene Zitierweise:
Ludolf Pelizaeus: Rezension von: Sylvia Schraut: Das Haus Schönborn. Eine Familienbiographie. Katholischer Reichsadel 1640-1840, Paderborn: Ferdinand Schöningh 2005, in: sehepunkte 5 (2005), Nr. 11 [15.11.2005], URL: https://www.sehepunkte.de
/2005/11/6529.html


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Sylvia Schraut: Das Haus Schönborn. Eine Familienbiographie

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In ihrer über 400 Seiten starken, chronologisch aufgebauten Darstellung verfolgt Sylvia Schraut den Aufstieg eines der für die "Germania Sacra" bedeutendsten Geschlechter, nämlich der Familie von Schönborn. Dabei hat die Autorin einen erweiterten Untersuchungszeitraum gewählt und verfolgt das Schicksal der Familie über das Ende des Alten Reiches hinaus bis 1840, sodass hier eine umfassendere Würdigung möglich ist.

Schon in der Einleitung macht die Autorin ihr Problem deutlich, dass sie darum bemüht sein will, die über 50 Biografien der Mitglieder des Gesamthauses zu berücksichtigen, "ohne in einem Wust von Daten und Ereignissen [...] zu versinken" (13). Mit einem Kaleidoskop von Facetten sollen "berufliche, wirtschaftliche und politische" Perspektiven, wie "Denk-, Verhaltens- und Handlungsweisen, [...] Ausbildungsgänge und Karriereverläufe" beleuchtet werden, was, das sei vorausgeschickt, auch durchaus überzeugend gelingt.

Die Abschnitte, durch viele Kapitelüberschriften gut gegliedert, lassen sich flüssig lesen und verlieren sich nie in genealogischen Details. Besonders die vielen Tabellen und Grafiken veranschaulichen sehr gut wichtige Einzelaspekte und tragen dazu bei, dass der Leser einerseits die Details durchaus nachvollziehen kann, ohne aber andererseits von ihnen im Fließtext belastet zu werden.

Positiv hervorzuheben ist die große Vielfalt der berücksichtigten Aspekte, besonders zur Geistesgeschichte, so zu Erziehungs-, Ausbildungs- und Heiratsmaximen. Es ist jedoch zu bedauern, dass gerade diese so interessanten und wichtigen Punkte immer nur als Schlaglichter im chronologischen Verlauf gesetzt und nicht zu thematischen Kapiteln zusammengefasst worden sind. Nach dem Kapitel "Welt der Bistümer" erfolgt relativ unvermutet die Darstellung der Wahl von Johann Philipp von Schönborn zum Landesherrn von Würzburg und Mainz (45-56), die dann aber erst ab Seite 120 ihre Fortsetzung findet. Die politischen Zusammenhänge, so z. B. der Spanische Erbfolgekrieg (ab 211) oder die Kaiserwahl 1740/42 (ab 309) sind leider nicht als ein zusammenhängender Block dargestellt.

Ähnlich verhält es sich auch mit der Beleuchtung der Themen Erziehung (56-84); Familienoberhäupter (97-111) und Sorge um Nachfolge (161-184). Die sehr wichtigen Ergebnisse gehen aufgrund der Sprünge etwas unter. Dennoch vermag Schraut, viele bemerkenswerte neue Erkenntnisse herauszuarbeiten. Betont sei hier zunächst die Beobachtung, wie wichtig es den Schönborn stets war, durch Planung und umfangreiche Konzeptentwicklung für Erziehung und universitäre Bildung - auch für die adeligen Töchter (vgl. z. B. Tab. 13, Lehrplan, 253) - zu sorgen. Zudem kann die Autorin nachweisen, wie die Vermittlung von Reformvorlagen und Bildung gerade in den geistlichen Territorien zur Heranziehung umfassend gebildeter Landesherrn führte. Insofern leistet sie den von ihr auch geforderten Beitrag zur Rehabilitation der katholischen Bildung (260).

Da die Studie von Schraut bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts reicht, werden schließlich auch Themen wie der Paradigmenwechsel bei der Heiratspolitik (353) und neue Strategien für das Überleben der Familie umfassend beleuchtet (365). So fallen kleinere Fehler - Reichskanzler statt Reichserzkanzler (20), protestantisches Fritzlar (69), Hessen-Nassau im Deutschen Bund (333) - und unpräzise Formulierungen - Kurbistümer (22); Wittelsbach "verschwand mangels manpower"; Max Franz von Habsburg "Landesherr von Köln und Münster" (27) - kaum ins Gewicht.

Insgesamt kann man daher die Arbeit und ihre Ergebnisse nur sehr begrüßen und sie als substanziellen Beitrag, der eben gerade auch über 1806 hinausgeht und daher anschaulich die langfristige Verankerung der Familie von Schönborn zu zeigen vermag, werten.

Ludolf Pelizaeus