Isabelle Dubois / Alexandre Gady / Hendrik Ziegler: Place des Victoires. Histoire, architecture, société. Préface de Claude Mignot, Paris: Éditions de la Maison des sciences de l'homme 2003, X + 377 S., 243 Abb., ISBN 978-2-7351-1003-2, EUR 76,00
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Das ausgangs der 1990er-Jahre errichtete Deutsche Forum für Kunstgeschichte in Paris kann sich einer exquisiten Adresse rühmen: 10, place des Victoires. Mitarbeiter dieses Zentrums kamen im Verein mit Dritten - über die man gerne mehr als den bloßen Namen erfahren hätte - auf die gute Idee, unter kunstgeschichtlichen, städtebaulichen und sozialgeschichtlichen Fragestellungen der Geschichte dieses auch heute noch beeindruckenden Platzes nachzugehen, der sozusagen exemplarisch für die Brüche, aber auch die Kontinuitäten dieses Landes steht.
Der erste Teil des repräsentativen, üppig ausgestatteten Buches behandelt die Entstehungsgeschichte des eigens für das Monument und die Herrschersakralisierung Ludwigs XIV. in den 1680er-Jahren gestalteten Platzes: die städtebauliche Konzeption, das Schicksal von der Neuanlage betroffener oder neu errichteter Häuser, insbesondere aber natürlich die von dem Duc de Feuillade in Auftrag gegebene Statue des Roi-soleil und ihr ikonografisches Programm, das in einigen seiner Komponenten, insbesondere den vier "Staatswesen" symbolisierenden Sklaven am Fuß des Denkmals, in den entsprechenden Gemeinwesen auf zum Teil harte Kritik stieß.
Ein zweiter Block von Beiträgen ist dem Schicksal des Platzes seit der Revolution gewidmet, die in ihren bilderstürmerischen Exzessen gegen alles, was sich mit dem Ancien Régime verband, das Monument natürlich entfernte - von dem sich gleichwohl Teile erhalten haben; bezeichnenderweise wurde in den frühen 1820er-Jahren unter dem Vorzeichen der Restauration dann ein neues (Reiter-)Standbild Ludwigs XIV. errichtet. Aber der Platz veränderte sich generell im 19. und 20. Jahrhundert nachhaltig; sein bisheriger, von herrschaftlichen Häusern dominierter Charakter ging schnell verloren, er wurde - und ist es bis heute geblieben - ein besonders beliebter Standort für Modeherstellung und Modevertrieb.
Ein dritter Block von Aufsätzen behandelt schließlich die Geschichte des Hauses 10, place des Victoires und herausragender Gebäude in der unmittelbaren Umgebung, darunter die Kirche Notre Dame des Victoires und die Banque de France und ihre jeweiligen Kunstschätze, sowie die Musiker und Literaten, die im Quartier gewirkt haben. Eine Reihe von sehr schönen Fotos des gegenwärtigen Zustands des Platzes und seiner Seitenstraßen, einige Beilagen und eine Chronologie runden den Band in glücklicher Weise ab.
Ein Platz als Spiegel der Nationalgeschichte, ihrer Brüche, ihrer Entwicklungen, ihrer Kontinuitäten? Ich glaube, dass das Experiment als gelungen bezeichnet werden kann. Über die Kunst- und Baugeschichte werden wichtige Einblicke in die Geistes- und Mentalitäts- sowie die Sozialgeschichte der Hoch-Zeit Ludwigs XIV., der Epoche der Revolution und des 19. und 20. Jahrhunderts eröffnet, die in Verbindung mit dem umfänglichen Bildmaterial den Band zu einem Gewinn für die Forschung machen.
Heinz Duchhardt