Hanshelmut Käppel: Nürnberger Land in Not. Der Dreissigjährige Krieg, Treuchtlingen/Berlin: Keller 2005, 128 S., ISBN 978-3-934145-32-0, EUR 14,80
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Hans Pehle: Der Rheinübergang des Schwedenkönigs Gustav II. Adolf. Ein Ereignis im Dreißigjährigen Krieg 1631, Riedstadt: FORUM Verlag 2005, 219 S., ISBN 978-3-9806490-8-7, EUR 16,80
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Haus der Bayerischen Geschichte (Hg.): Der Winterkönig. Friedrich von der Pfalz. Bayern und Europa im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges. Begleitband zur Bayerischen Landesausstellung im Stadtmuseum Amberg (9.5.2003 - 2.11.2003), Stuttgart: Theiss 2003
Volker Meid: Der Dreißigjährige Krieg in der deutschen Barockliteratur, Stuttgart: Reclam 2017
Ralf-Peter Fuchs: Ein 'Medium zum Frieden'. Die Normaljahrsregel und die Beendigung des Dreißigjährigen Krieges, München: Oldenbourg 2010
Guido Braun / Antje Oschmann / Konrad Repgen (Bearb.): Die Friedensverträge mit Frankreich und Schweden. Teilband 2: Materialien zur Rezeption, Münster: Aschendorff 2007
Wilhelm A. Eckhardt / Helmut Klingelhöfer (Hgg.): Bauernleben im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges. Die Stausebacher Chronik des Caspar Preis 1636 - 1667. Mit einer Einführung von Gerhard Menk, Marburg/Lahn: Trautvetter & Fischer 1998
Kaspar von Greyerz / André Holenstein / Andreas Würgler (Hgg.): Soldgeschäfte, Klientelismus, Korruption in der Frühen Neuzeit. Zum Soldunternehmertum der Familie Zurlauben im schweizerischen und europäischen Kontext, Göttingen: V&R unipress 2018
Jeremy Black (ed.): Warfare in Europe 1650-1792, Aldershot: Ashgate 2005
Jan Hirschbiegel / Werner Paravicini (Hgg.): Der Fall des Günstlings. Hofparteien in Europa vom 13. bis zum 17. Jahrhundert. 8. Symposium der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Ostfildern: Thorbecke 2004
Neben den fachwissenschaftlichen historischen Werken gibt es seit je her populäre Publikationen, die von Heimatforschern und in den meisten Fällen von Nicht-Fachhistorikern verfasst werden. Es handelt sich durchweg um Arbeiten von Enthusiasten, die das Interesse für geschichtliche Ereignisse in der Region oder der Stadt antreibt, aus der sie stammen. Besonders die Zeit des Dreißigjährigen Krieges übt augenscheinlich eine große Faszination aus und veranlasst immer wieder Geschichtsinteressierte, sich mit einzelnen Vorkommnissen aus dieser Zeit zu beschäftigen. Dabei liegt auf der Hand, dass diese Bücher anderen Kriterien folgen als wissenschaftliche Studien, die einer strikten Fragestellung verpflichtet sind und in den Forschungsdiskurs eingebunden sein sollten. Gleichwohl können auch populäre Arbeiten aufschlussreiche Befunde bieten. Im Folgenden sollen zwei derartige Publikationen vorgestellt werden.
Der Band von Käppel widmet sich dem Nürnberger Land, doch weniger die Reichsstadt Nürnberg selbst als die Stadt Lauf, die im reichsstädtischen Gebiet lag, findet das besondere Interesse des Autors (der auch von dort stammt). Nach einem kurzen Überblick zum Verlauf des Dreißigjährigen Kriegs sowie einigen biographischen Skizzen zu den Protagonisten dieser Zeit folgt eine chronikalische Darstellung, die einzelne, unverbundene Episoden aus der Zeit von 1618 bis 1648 herausgreift. Dazu gehören so unterschiedliche Ereignisse wie die Erhebung der Altdorfer Akademie in den Rang einer Universität, ein (glimpflich abgelaufener) Zaubereivorwurf, die Begründung des "Pegnesischen Blumenordens" und diverse Pestfälle. Vorherrschend sind aber Kriegserlebnisse wie Einquartierungen verschiedener Truppen, Kontributionsforderungen, Überfälle und Ausschreitungen der Soldaten. Hinzu kommen kleinere Gefechte aber auch die Schlacht an der Alten Veste zwischen Gustav Adolf und Wallenstein 1632. Der Text ist angereichert mit vielen Abbildungen, erwähnenswert sind die gelungenen Wiedergaben zeitgenössischer Karten und Skizzen der betroffenen Städte, Orte und Dörfer der Region.
Im Mittelpunkt bei Pehle steht der Rheinübergang Gustav Adolfs am 17. Dezember 1631 bei Erfelden und Stockstadt, in der Nähe von Oppenheim. Dieses militärische Manöver wird im Kontext des schwedischen Feldzugs beschrieben, besondere Aufmerksamkeit erfährt "Der Ablauf des genialen Übergangs" (94-98). Dem Großkapitel, das sich dieser Episode widmet und rund 50 Seiten umfasst, ist die Geschichte des Dreißigjährigen Kriegs von Beginn an vorgeschaltet. Auch der Fortgang der Ereignisse nach 1631 bis zum Frieden im Jahr 1648 wird noch geboten. Den Abschluss bilden eine Zeittafel, eine Reihe von Kurzbiographien prominenter Persönlichkeiten des Kriegs sowie ein Glossar; verteilt über das gesamte Buch sind Abbildungen, teils Reproduktionen, oftmals aber eigene Nachzeichnungen zeitgenössischer Motive.
Das Anliegen des Autors ist klar formuliert, sein Interesse am schwedischen Rheinübergang hat dabei eine autobiographische Wurzel: Pehle wählt einen bekenntnishaften Einstieg über Kindheitserinnerungen, die um die Schwedensäule in Erinnerung an jenen Rheinübergang kreisen (9-11). Das ist durchaus sympathisch, reicht aber nicht, um durch ein ganzes Buch zu tragen. Die Überdehnung wird bereits an den Proportionen deutlich, da weite Teile rein narrativ die Kriegschronologie ohne jeden Bezug zum Kernthema des Buchs wiedergeben. Schwerwiegender ist, dass eine wirklich tiefgründige Erörterung des Vorgangs nicht vorgenommen wird. Was so einzigartig an diesem Unternehmen war, kann nur im Vergleich mit anderen, ähnlichen Operationen eruiert werden - was aber nicht geschieht. Beispielsweise hätte man auf die vergleichbare Unternehmung Pappenheims verweisen können, der Anfang August 1632 seine Truppen den Rhein mithilfe einer Pontonbrücke überqueren ließ. [1] Auch der Rekurs auf die zeitgenössische militärtheoretische Literatur wäre hilfreich gewesen.
Beiden Büchern gemeinsam ist die Fokussierung auf den regionalhistorischen Rahmen, übergeordnete Bezüge sind selten oder gar nicht im Blick. Dies bedingt auch die jeweilige Rezeption der Literatur, die deutlich auf Titel mit regionalem und lokalem Bezug fixiert ist (was aber bei Käppel durchaus einleuchtet). Ansonsten sind vor allem ältere und dann auch veraltete Titel aufgenommen, bei Pehle auch populäre Publizistik bis hin zu einem älteren Schulbuch. Für Zeitkolorit sorgen ausgiebige Zitate aus Grimmelshausen und dem Theatrum Europaeum, ohne dass diese im Quellenwert kritisch hinterfragt würden. Da auch eine Anbindung an die aktuelle Forschung und neuere Ansätze völlig fehlen, überrascht es nicht, wenn für das Soldatenleben und Militärwesen der Zeit über Seiten vor allem aus Gustav Freytag referiert wird (19-30).
Käppel hingegen greift auf die lokale Überlieferung zurück, bezieht neben publiziertem Material auch ungedruckte Archivalien mit ein. Dabei kommen verschiedene Quellengattungen zu Wort, schwerpunktmäßig werden chronikalische Aufzeichnungen verwandt, darüber hinaus vor allem Korrespondenzen. Diese Quellen werden nicht wirklich kritisch kontextualisiert, doch durch präzise Zitate aus diesen Zeugnissen vermittelt sich ein recht authentischer, zumindest aber ein unverstellter Blick auf die geschilderten Verhältnisse. So bieten etwa Aufzeichnungen zur überlebenden Bevölkerung in einzelnen Dörfern Primärmaterial, das über die regionalhistorische Forschung hinaus relevant ist und benutzt werden kann (vgl. 104 f.).
Beide Bücher zielen eindeutig auf ein Publikum im lokalen und regionalen Einzugsbereich. Erfolg ist besonders Pehles Buch zu attestieren, das 2005 erneut aufgelegt wurde, nachdem es im Jahr 2000 erstmals erschienen war. Dass populär aufbereitete historische Themen eine große Breitenwirkung erzielen, ist an sich begrüßenswert. Allerdings geht dies oft einher mit dem Weiterleben von Klischees und in der Forschung ansonsten längst überwunden geglaubter Fehlinterpretationen. Nun ist schnell das Urteil bei der Hand, das von grauer Literatur spricht, die zu vernachlässigen sei. Doch fachwissenschaftlicher Dünkel hilft nicht weiter. Vielmehr muss die Attraktivität vieler derartiger Publikationen anerkannt werden, die zweifelsfrei in der großen Anschaulichkeit begründet ist, mit der lange vergangene Ereignisse vergegenwärtigt werden.
Dies gelingt besonders bei Käppel mit einer insgesamt guten Detailkenntnis, für die ein solches Buch in seinem landeshistorischen Bezugsrahmen weitgehend konkurrenzlos dasteht. Gerade durch diese Sachkenntnisse in speziellen Bereichen kann eine derartige Publikation auch für Fachvertreter wichtig werden. Die jeweils genannten Einschränkungen sind damit nicht hinfällig, doch lassen insbesondere die beiden vorliegenden Bücher erkennen, dass man differenzieren muss: Während Pehles Ausführungen vielfach unbefriedigend bleiben, hat Käppel für das Nürnberger Land eine durchaus annehmbare Darstellung vorgelegt.
Anmerkung:
[1] Barbara Stadler: Pappenheim und die Zeit des Dreissigjährigen Krieges, Winterthur 1991, 667.
Michael Kaiser