Massoud Hanifzadeh: Deutschlands Rolle in der UNO 1982 - 2005, Marburg: Tectum 2006, 186 S., ISBN 978-3-8288-9069-5, EUR 24,90
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Die Vereinten Nationen wurden schon bald nach ihrer Gründung 1945 ein wichtiges Aktionsfeld deutscher und deutsch-deutscher Politik. Auch wenn die Bundesrepublik und die DDR erst 1973 vollwertige Mitglieder wurden, nachdem sie mit dem Grundlagenvertrag die bilateralen Beziehungen weitgehend normalisiert hatten, nutzten sie insbesondere in den fünfziger Jahren mittels ihrer jeweiligen Verbündeten dieses wichtigste Forum der internationalen Politik in ihrem Sinne. Während Adenauer sich bemühte, die Unterstützung der Weltgemeinschaft für eine Wiedervereinigung im Sinne der Bundesrepublik zu finden, lancierten Moskau und Ost-Berlin ihrerseits deutschlandpolitische Initiativen. Die Vereinten Nationen waren selbstverständlich nicht das einzige Forum, über das die weltweit zunehmend mächtigere Bundesrepublik ihren Einfluss zur Geltung bringen konnte. Nachdem die deutsche Frage in den sechziger Jahren in den Hintergrund getreten war, engagierte sich Bonn insbesondere beim Nord-Süd-Dialog. Es war ein Zeichen internationaler Wertschätzung, dass die Bundesrepublik bereits 1978 für zwei Jahre zum nichtständigen Mitglied des Sicherheitsrats gewählt wurde. Dabei entfaltete sie insbesondere hinsichtlich der Loslösung Namibias von Südafrika zusammen mit Großbritannien, Frankreich, Kanada und den USA erhebliche Aktivitäten, die die Berufung in das wichtigste Gremium der Weltorganisation nochmals rechtfertigten. Des weiteren zählte die Bundesrepublik schon lange vor der Aufnahme in die UNO zu den Industrieländern, die sich entwicklungspolitisch besonders intensiv engagierten. Mit den Ölkrisen der siebziger Jahre zeigte sie sich unter Bundeskanzler Helmut Schmidt auf dem Felde der Energiepolitik besonders aktiv.
Zu Recht greift Massoud Hanifzadeh in seiner Dissertation das bundesdeutsche Engagement in Sachen Menschenrechte auf, das auch nach Ende des Kalten Krieges ein zentrales Anliegen deutscher Politik geblieben ist. Richtete sich dies vor 1990 auf die sozialistischen Staaten - womit es laut Hanifzadeh vornehmlich "ideologisch" motiviert war -, gerieten in den neunziger Jahren das zerfallende Jugoslawien und Konflikte in der Dritten Welt in den Blick. In diesem Kontext stand auch die Debatte über die Beteiligung der Bundeswehr an friedensschaffenden Missionen im Rahmen der Vereinten Nationen. In der Untersuchung stehen außerdem die Bemühungen um einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sowie die Wahrnehmung letzterer bei deutschen Nichtregierungsorganisationen im Mittelpunkt. Diese Schwerpunktsetzung erscheint willkürlich, da sie Kernfelder wie die Entwicklungs- und die Klimapolitik außer acht lässt und damit den Fokus verengt, andererseits aber mit der Einbeziehung nichtstaatlicher Akteure den Rahmen zu erweitern versucht. Eine solche Herangehensweise unterschlägt, dass die Bundesrepublik schon seit den siebziger Jahren beispielsweise im Rahmen der UNCTAD einer der wichtigsten Gesprächspartner der Entwicklungsländer war. Eine Erklärung, warum die Betrachtung nicht mit der Vollmitgliedschaft, sondern erst 1982 einsetzt, bleibt der Autor ebenfalls schuldig. Nahe läge der damalige Regierungswechsel in der Bundesrepublik, der aber weder in der Außenpolitik insgesamt noch in der UN-Politik eine Wende bedeutete. Überhaupt fallen gravierende Mängel und Lücken ins Auge, während ein eigenständiger wissenschaftlicher Wert der Studie nicht zu erkennen ist. Obwohl die Untersuchung noch zu Zeiten der deutschen Teilung einsetzt, ist von einer UN-Politik der DDR nirgendwo die Rede. Darüber hinaus scheint dem Autor nicht bewußt zu sein, dass er nicht die deutsche Politik in der Organisation der Vereinten Nationen (UNO), sondern in den Vereinten Nationen selbst (UN) darstellt. Auffällig ist, dass der Verfasser fast jeden Satz auf Memoiren oder wissenschaftliche Literatur zurückführt bzw. diese umfassend zitiert, dies gilt selbst noch für das Schlußresümee. Abgesehen davon, dass der Text durch die Anhäufung von Verweisen nicht lesbarer geworden ist, kann man angesichts dieses Vorgehens kaum von einem eigenständigen Text oder einer eigenen Gedankenführung sprechen. Bezeichnenderweise stehen in der Bibliographie Veröffentlichungen von Institutionen, Memoiren und Literatur so ungestört nebeneinander, als gehörten sie zu ein und derselben Kategorie. Beim Rückgriff auf wissenschaftliche Literatur hat der Verfasser zudem gelegentlich auf mittlerweile überholte Darstellungen vertraut: Nicht erst nach der Offenlegung entsprechender Akten des Auswärtigen Amts darf man anders als Hanifzadeh der Bundesrepublik weder eine ambivalente Namibia- noch eine profillose Nahost-Politik bescheinigen. Nicht umsonst pflegt die Bundesrepublik wegen ihrer historischen Verpflichtung im Angesicht des Holocaust enge Bande zu Israel, während sie zugleich durch kritische Stellungnahmen zur israelischen Politik große Sympathien in der arabischen Welt genießt. Dies wäre aufgefallen, wäre die verwendete Literatur kritisch hinterfragt und nicht schlichtweg übernommen worden. Dazu fügt es sich, dass der Verfasser sichtlich mit sprachlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat.
Es ist unbestritten, dass an deutschen Universitäten erstellte Dissertationen in der Regel eher zu lang geraten. Eine Abhandlung der bundesdeutschen UN-Politik über einen Zeitraum von 23 Jahren auf gerade einmal 137 Seiten schlägt aber ins andere Extrem um. Hätte der Verfasser auf diesem engen Raum eigenständige Thesen formuliert, besser noch untermauert, ließe sich das Werk wenigstens als leicht überdimensionierte Magisterarbeit einschätzen.
Amit Das Gupta