Thomas Sterba: Herders Neues Klösterlexikon, Freiburg: Herder 2010, 909 S., ISBN 978-3-451-30500-9, EUR 58,00
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In ähnlicher Aufmachung wie das 2008 veröffentlichte "Herders neues Bibellexikon" vereint das anzuzeigende Nachschlagewerk auf über 900 Seiten den umfangreichen Bestand klösterlicher Niederlassungen in den Grenzen der heutigen Bundesrepublik Deutschland. Ein Kartenteil verschafft einen ersten Überblick zu den 1300 Klöstern, die alphabetisch nach Orten in Einzelartikeln vorgestellt werden. Diese ambitionierte und umfangreiche Arbeit musste in der Auswahl der Klöster selektieren, da eine Gesamtdarstellung monastischer Niederlassungen von den Anfängen bis zu den jeweiligen Aufhebungen, beziehungsweise ihrer bis heute währenden Existenz monographisch kaum realisierbar gewesen wäre. Thomas Sterba beschränkt sich daher auf diejenigen vor 1530 gegründeten Institutionen, die reine klösterliche Gemeinschaften mit Professablegung der Mitglieder und gemeinschaftlichem Besitz darstellen. Damit scheiden weltliche Kanonissenstifte, Domkapitel, Kollegiatstifte sowie Begarden- und Beginenhäuser und die Niederlassungen der Brüder bzw. Schwestern vom gemeinsamen Leben aus. Zudem werden Klöster mit einem eigenen Eintrag nur dann erwähnt, wenn die Niederlassung baulich noch existent ist oder wenigstens bauliche Reste auf die ehemalige Existenz schließen lassen. Zur schnellen Übersicht erteilt ein Register Auskunft, ob ein Kloster mit eigenem Lemma vertreten ist oder bei einem anderen Kloster Erwähnung fand.
Eingeleitet wird jeder Artikel mit stichpunktartigen Angaben zu den Kategorien Ordenszugehörigkeit, Patrozinium, Gründungs- bzw. Aufhebungsdaten, Diözesan- und heutige Kreiszugehörigkeit sowie Bundesland. Dem folgt ein geschichtlicher Abriss, der die historische Entwicklung der Niederlassung mit Nennung wichtiger ordensinterner Ereignisse wie Provinzkapitel oder Reformen und unter Erwähnung wichtiger Persönlichkeiten beinhaltet. In einem davon gesonderten Abschnitt wird kurz auf die bauliche Gestalt der Anlage und gegebenfalls deren Nutzungsgeschichte nach Aufhebung des Klosters eingegangen. Eine Kurzbibliographie mit zwei bis vier der wichtigsten Veröffentlichungen zur Niederlassung ergänzt die Informationen. Jedem Artikel ist eine farbige Abbildung beigegeben - durchweg von Sterba selbst aufgenommen. Zeichnungen wie Grundrisse, Aufrisse oder Lagepläne fehlen, würden aber auch den gesteckten Rahmen einer Gesamtschau aller erhaltenen Klöster in der Bundesrepublik Deutschland sprengen. Neben den Einträgen zu den Einzelniederlassungen gibt es ebenso Kurzartikel zu kirchenhistorischen Phänomenen wie "Hirsauer Reform", "Martinianische Konstitutionen" oder zu den einzelnen Ordensgemeinschaften. Den Abschluss bildet ein Glossar, aufgeteilt in kirchen- und ordensgeschichtliche sowie kunst- und architekturgeschichtliche Fachbegriffe. Zudem wird eine Zeittabelle geboten, die die wichtigsten kirchen- und ordensgeschichtlichen Ereignisse vom Jahr 215 bis 1850 auflistet.
Angesichts der Größendimension des Themas ist anerkennend zu betonen, dass Thomas Sterba dieses Mammutprojekt alleine geschultert hat. Seine einbändige, auf Kurzinformation abzielende Publikation richtet sich an eine kulturinteressierte Leserschaft und überzeugt auch durch übersichtliche Aufmachung und anspruchsvolles Layout, wozu nicht zuletzt die zu jeder Niederlassung präsentierten Farbfotos gehören. Erstmals in diesem Umfang wird ein einführender, informativer Einblick in den bundesweiten klösterlichen Denkmalbestand gegeben. Eine umfassende Kulturgeschichte aller Klöster kann und will dieses Lexikon hingegen nicht schreiben. Hier ist zu verweisen auf regional begrenzte Übersichtsdarstellungen zur Geschichte, Theologie und Kultur von einzelnen Konventen oder Ordenslandschaften, wie sie gerade im Bereich der Nachschlagewerke zu monastischen Einrichtungen mit den regional zugeschnittenen Klosterbüchern geboten werden, beispielsweise dem Westfälischen und dem Brandenburgischen Klosterbuch. Diesen wissenschaftlichen Handbüchern folgen im Aufbau und in der Konzeption die Klosterbücher zu Niedersachsen, Mecklenburg sowie Schleswig-Holstein und Hamburg, die aktuell an den jeweiligen Lehrstühlen für Regionalgeschichte der Universitäten Göttingen, Leipzig und Kiel entstehen.
Kritisch angemerkt sei die problematische oder gar irreführende Zusammenlegung einiger Klöster nur aufgrund geographischer Nähe. So ist die Zuordnung der Hamburger Franziskaner zu den Franziskanern in Schleswig sachlich ungerechtfertigt, da beide weder zur selben Diözese gehören noch zu einer gemeinsamen Ordensprovinz und sich auch quellenkundlich kaum Schnittmengen ergeben. Die Stringenz, mit der vor allem Niederlassungen Erwähnung finden, die baulich auch im Kleinen noch nachweisbar sind, ließ leider andere, heute nur noch archäologisch erhaltene Klöster, größten Teils unberücksichtigt. Demzufolge erfährt man beispielsweise kaum etwas zu den Dominikanern in Berlin, obgleich sie für die Stadtgeschichte von besonderer Bedeutung waren. Trotz kunsthistorischer wie historischer Relevanz werden die liturgischen Geräte und die weitere materielle Ausstattung sowie die Bibliotheken nicht behandelt. Bauhistorisch sind die Artikel rein deskriptiv. So erhält man kaum Einblick in ordensspezifische Bauformen oder die regionalen Spezifika. Querverweise aufgrund eines ähnlichen ruinösen Zustands, wie sie bei der Augustiner-Stiftskirche Schiffenberg zu dem Prämonstratenser-Chorherrenstift Leitzkau gemacht werden, wirken eher verwirrend. Auch der Aufbau und insbesondere die liturgische Nutzung der einzelnen Konventsräumlichkeiten wird kaum erklärt, was anhand der berühmten Anlagen in Walkenried oder Maulbronn besonders anschaulich zu machen gewesen wäre. Funktion, Aufgabe und Ausformungen von doppelten Kreuzgängen bleiben ebenfalls unbeleuchtet.
Trotz dieser Anmerkungen bietet das Klösterlexikon von Thomas Sterba zweifellos einen ebenso kompakten wie fundierten Überblick über Klostergeschichte und heutigen Baubestand. Die gewissenhaft recherchierten und übersichtlich präsentierten Informationen, die in dieser Dichte bisher nicht monographisch veröffentlicht wurden, dokumentieren eindrucksvoll die Vielzahl und Vielfalt der mittelalterlich geprägten Klosterlandschaft in der Bundesrepublik Deutschland. Insofern ist der Band - diesseits wie jenseits enger fachwissenschaftlicher Grenzen - bestens geeignet als erster Einstieg zu einer vertieften Beschäftigung mit der monastischen Kultur.
Katja Hillebrand