William E. Metcalf (ed.): The Oxford Handbook of Greek and Roman Coinage, Oxford: Oxford University Press 2012, XVIII + 688 S., zahlr. s/w-Abb., ISBN 978-0-19-530574-6, GBP 95,00
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Hans-Markus von Kaenel / Maria R.-Alföldi / Ulrike Peter u.a. (Hgg.): Geldgeschichte vs. Numismatik. Theodor Mommsen und die antike Münze, Berlin: Akademie Verlag 2004
David B. Hollander: Money in the Late Roman Republic, Leiden / Boston: Brill 2007
John D. Grainger: The Syrian Wars, Leiden / Boston: Brill 2010
In den letzten Jahren sind diverse Companions, Einführungen und Handbücher erschienen, aber ein entsprechendes Überblickswerk zur antiken Numismatik fehlte bisher. Es ist William E. Metcalf daher zu danken, dass er diese Lücke mit dem vorliegenden Handbook gefüllt hat. Er hat für diese Aufgabe 32 der anerkanntesten Numismatiker gewinnen können, die jeweils Beiträge zu ihrem Spezialgebiet oder doch verwandten Gebieten beigesteuert haben. Insgesamt werden rund 1400 Jahre Geldgeschichte Europas und des Mittelmeerraumes mit hunderten von Prägestätten und hunderttausenden von Einzelemissionen abgedeckt. Auch auf knapp 700 Seiten lassen sich dabei nur wesentliche Aspekte skizzieren und es liegt in der Natur des Projektes, dass keine grundlegenden Neuinterpretationen präsentiert werden. Vielmehr haben es alle Mitautoren verstanden, auf dem aktuellen Forschungsstand ihre Themen überzeugend und in aller Regel sehr klar und gut lesbar zu präsentieren. Jeder Beitrag verdiente eine eigene Würdigung, doch angesichts des begrenzten Raums für diese Besprechung und der bereits sehr verdichteten Einzelbeiträge kann leider nicht auf jeden Beitrag in angemessener Ausführlichkeit eingegangen werden, vielmehr sollen wesentliche Charakteristika des Gesamtbandes vorgestellt werden.
Einleitend stellt William Metcalf fest, der vorliegende Band sei "a book that is somewhat different from its conception", u.a. weil den beteiligten Autoren ermöglicht wurde "to write what they wanted to write" (xviii). Der Herausgeber hat sich also dafür entschieden, die einzelnen Virtuosen, die er für den Band begeistern konnte, ihre Könnerschaft als Solisten entfalten zu lassen, und nicht als Dirigent versucht, sie durch Zwang in ein homogenes Orchester zu verwandeln. Der Nutzer, der nur einzelne Beiträge lesen möchte, wird diese Entscheidung sicher begrüßen. Ein Blick auf das Gesamtwerk zeigt aber auch, wo die Tücken dieses Vorgehens liegen. Nur zwei Autoren verweisen auf jeweils andere Abschnitte (Haim Gitler [Roman Coinage of Palestine] auf die Ausführungen von Oren Tal [Greek Coinages of Palestine] und Richard Abdy [The Severans] auf Rocher Bland [From Gordian III to the Gallic Empire (AD 238-274)]) und durch die Freiheit der Autoren finden sich extrem häufig Doppelungen, Wiederholungen und zuweilen auch Widersprüche zwischen einzelnen Kapiteln. Das mag man als erfrischenden Einblick in die Diskussionen von Fachvertretern gutheißen - oder aber als verwirrend für den numismatisch interessierten Laien oder Anfänger empfinden. In jedem Fall zieht sich dieser Eindruck durch den gesamten Band und führt zuweilen zu der Frage, ob die einzelnen Kapitel ideal zugeschnitten sind.
Ein Blick in das Inhaltsverzeichnis zeigt schnell, dass manche Gebiete der antiken Numismatik fehlen - etwa Nordafrika und Baktrien, wie der Herausgeber in seiner Einleitung selbst feststellt (xviii) - andere fehlende Bereiche ließen sich ergänzen. Zudem hätten die einleitenden Ausführungen von Metcalf v.a. auch unter methodologischen Gesichtspunkten ausführlicher sein können. Zumindest die Anwendung wissenschaftlicher Analysen, insbesondere zur Bestimmung der Metallzusammensetzung römischer Münzen, wird von Matthew J. Ponting im zweiten Beitrag allerdings näher ausgeführt. Nach diesen beiden eher einleitenden Kapiteln teilt sich das Handbook in drei Abschnitte.
Der erste Abschnitt widmet sich den griechischen Münzen der Archaik und Klassik. John H. Kroll behandelt die Entstehung der Münzprägung in Kleinasien, wobei er v.a. auch den gut dokumentierten mesopotamischen Kontext als Vergleichsfolie heranzieht. Koray Konuk skizziert die Münzprägung in Kleinasien bis zum Ionischen Aufstand. Michael Alram behandelt anschließend die Münzprägung der Achaimeniden - nicht nur die königliche, sondern auch ausführlich die komplexe lokale. Peter G. van Alfen und Kenneth Sheedy haben die wichtigen Prägestätten Athen (vom 6. bis 1. Jahrhundert v.Chr.) bzw. Aigina mit den Kykladen und Kreta bearbeitet, N. K. Rutter und Wolfgang Fischer-Bossert Italien bzw. Sizilien, wobei Fischer-Bosserts klare Strukturierung besonders hervorzuheben ist. Abgerundet wird dieser Überblick durch Selene Psomas Ausführungen zum übrigen Griechenland und zum Balkanraum bis 360 v.Chr.
Der zweite Abschnitt widmet sich dem Hellenismus, wobei François de Callataÿ v.a. die Münzprägung Kleinasiens im Blick hat, Richard Ashton die der mutterländischen Poleis, Catherine C. Lorber die Ptolemäer (eher chronologisch), Arthur Houghton die Seleukiden (eher strukturell angelegt), Oren Tal Palästina und Fabrizio Sinisi - in sehr überzeugender Weise - die Parther.
Der dritte und mit Abstand größte Abschnitt umfasst 18 Beiträge zur römischen Münzprägung, die grundsätzlich chronologisch geordnet sind, wobei in der Kaiserzeit immer wieder Beiträge zu provinzialrömischen Themen mit jeweils sehr unterschiedlichem Zuschnitt eingestreut sind (Pere P. Ripollès bietet einen exzellenten Überblick über die Münzprägung der iberischen Halbinsel, der sich jeweils an Umbruchsituationen orientiert, Michel Amandry schlägt sinnvolle Schneisen in die Provinzialprägungen bis Hadrian, Liv Mariah Yarrow behandelt sowohl die Reichs- als auch die Provinzialprägung der Antoninen, Ann Johnston die Provinzialprägungen nach Commodus, wobei sie auf die technischen Aspekte und Nominal- bzw. Münzgewichtsveränderungen besonderen Wert legt, Kevin Butcher Syrien, Haim Gitler das römische Palästina und Angelo Geissen Ägypten). Einige Regionen sind somit stärker vertreten als andere, was zu einem verzerrten Bild führen könnte.
Andrew Burnett bietet mit seinem gut lesbaren Beitrag zur frühen römischen Münzprägung und ihrem italischen Kontext ein ideales Scharnier zwischen der griechischen und römischen Münzprägung. Bernhard E. Woytek behandelt anschließend die republikanische Denarprägung und richtet den Blick auch auf die Forschungsgeschichte. Die Kaiserzeit teilen sich Reinhard Wolters (julisch-claudische Zeit; mit einer gelungenen Einbindung in den historischen Kontext), Ian Carradice (Flavier; mit methodologischen Überlegungen), Martin Beckmann (Trajan und Hadrian; u.a. mit generellen Überlegungen zur Funktion römischer Münzen), Richard Abdy (Severer sowie Tetrarchie und constantinische Familie; mit einem Blick auf die Organisation der stadtrömische Prägestätte), Roger Bland (Gordian III. bis 274; nähert sich dem Thema v.a. über Fundmünzen, behandelt ikonographische Fragen aber nur sehr kurz auf zwei Seiten), Sylviane Estiot (spätes 3. Jahrhundert; deutliche Überschneidungen mit Blands Beitrag, gute tabellarische Übersichten der Münzreformen Aurelians und Diocletians auf S. 549 f.) und Sam Moorhead (die Jahre 364 bis 498 n.Chr.; mit hilfreichen Tabellen zu den Gold- und Silbernominalen auf S. 625). Alan M. Stahl bietet abschließend einen hervorragenden Überblick über die numismatischen Entwicklungen auf dem Boden des ehemals weströmischen Reiches bis ins 8. Jahrhundert. Er ist zudem der einzige, der in einem zentralen Punkt dezidiert über anderweitig publizierte Ergebnisse hinausgeht, indem er die XL- und XX-Nominale im Namen Zenos (474/6-491 n.Chr.) in die Zeit nach der Münzreform des Jahres 498 n.Chr. datiert (S. 634-638). Zwei Appendices von Roger Bland (Wertzeichen auf spätrömischen Münzen) und Richard Abdy (früheste christliche Symbole auf römischen Münzen) sowie ein Glossar und Indizes runden den Band ab.
Trotz der genannten Disparität und der Tatsache, dass mehr und größere Karten hilfreich gewesen wären, ist der Band jedem Interessierten ans Herz zu legen, zumal die meisten Nutzer wohl eher einzelne Beiträge lesen werden - und nicht den gesamten Band. Diese Einzelbeiträge sind, um es nochmals zu betonen, jeder für sich und auf seine Weise empfehlenswert, ja zuweilen unverzichtbar.
Peter Franz Mittag