Rezension über:

Carolyn Marino Malone / Clark Maines (eds.): Consuetudines et Regulae. Sources for Monastic Life in the Middle Ages and the Early Modern Period (= Disciplina Monastica; 10), Turnhout: Brepols 2014, 393 S., 16 Farb-, 49 s/w-Abb., ISBN 978-2-503-55011-4, EUR 115,00
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Rezension von:
Stefan Burkhardt
Historisches Seminar, Ruprecht-Karls-Universität, Heidelberg
Redaktionelle Betreuung:
Ralf Lützelschwab
Empfohlene Zitierweise:
Stefan Burkhardt: Rezension von: Carolyn Marino Malone / Clark Maines (eds.): Consuetudines et Regulae. Sources for Monastic Life in the Middle Ages and the Early Modern Period, Turnhout: Brepols 2014, in: sehepunkte 15 (2015), Nr. 4 [15.04.2015], URL: https://www.sehepunkte.de
/2015/04/25472.html


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Carolyn Marino Malone / Clark Maines (eds.): Consuetudines et Regulae

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Der zu besprechende Band entspringt dem Kolloquium "Medieval Customaries and Monastic/Regular Life: Approaches from Across the Disciplines", das vom 10. bis 13. Juni 2007 im Château de la Bretesche stattfand und das Wechselverhältnis zwischen Architektur und Texten des mittelalterlichen Religiosentums thematisierte. Im Zentrum des Bandes stehen Consuetudines und Regeln als Quelle für eine Vielzahl von Aspekten monastischen Lebens. Hierzu stellen Carolyn Marino Malone und Clark Maines in ihrer Einführung (15-23) knapp fest: "These texts thus offer extensive information on the structure and hierarchy of regular communities, the responsibilities and duties of individuals, sacred space and architecture, and church rituals and ceremonies, as well as procedures for preparing food and caring for the sick" (15).

Der Band gliedert sich in drei Abschnitte. Im ersten Abschnitt "Customary Texts as Sources for Monastic Life" widmet sich zunächst Isabelle Cochelin mit ihrem Artikel "Customaries as Inspirational Sources" (27-55) cluniazensischen Consuetudines des 10. und 11. Jahrhunderts. Diese frühen, jeweils in einem bestimmten Kloster abgefassten Consuetudines sollten, so kann man Cochelin lesen, die "diffuse Öffentlichkeit" der cluniazensichen Klöster beeinflussen, während spätere Consuetudines normativen Charakter trugen und auf ganz bestimmte Klöster zielten. In einem Anhang (56-72) veranschaulicht Cochelin die mitunter enge Wechselwirkung zwischen diesen Texten anhand derjenigen cluniazensischen Consuetudines, die von Ulrich von Zell und Bernhard von Cluny in den 1080er Jahren abgefasst wurden.

An diese Ausführungen kann in gewissem Sinn Catherine Bonnin-Magne mit ihrem Beitrag "Les coutumiers clunisiens, témoins de la fixation et de la diffusion du sanctoral clunisien" (73-103) anschließen, in dem sie die im 10. und 11. Jahrhundert angelegten cluniazensischen Consuetudines als Quelle für die Entwicklung der cluniazensischen Sanctoralen behandelt.

Pius Engelbert, O.S.B. erörtert - ebenso im Anschluss an seine Sektionskolleginnen - in seinem Artikel "Editing William of Hirsau's Constitutiones Hirsaugienses" die zwischen 1085 und 1091 abgefassten Constitutiones Wilhelms von Hirsau als Text, der gleichsam "zwischen" den genannten Consuetudines von Ulrich und Bernhard entstanden ist. Die durch den Autor und Candida Elvert erstellte Neuedition der Texte mache diese Zwischenstellung des Textes deutlich.

Der zweite Abschnitt des Bandes "Customary Texts and Monastic Architecture" wird durch den Beitrag von Anne Baud und Christian Sapin "L'abbaye de Cluny, entre architecture et liturgie au XIe siècle" (117-127) eingeleitet. Dieser Beitrag setzt die jüngsten Ausgrabungen des Teams in Verbindung mit den Schilderungen der zweiten Kirche und des Klosters in Cluny im Liber Tramitis. Dieses Vorgehen erlaubt eine Neubewertung des Grabungsbefundes. Ein Tafelteil (128-135) beschließt den Beitrag.

Carolyn Marino Malone erschließt in ihrem Aufsatz "Customaries as Evidence for Interpreting Saint-Bénigne in Dijon as an Unusual Liturgical Frame" (137-161) anhand der Auswertung dreier Consuetudines neue Interpretationsmöglichkeiten der zwischen 1001 und 1018 erbauten Basilika Saint-Bénigne in Dijon. Die in den Texten beschriebenen Prozessionen, Gesänge und Stationen gehen in der Interpretation der Autorin eine enge Wechselwirkung mit der damaligen architektonischen Gestaltung ein. Dieser Beitrag wird ebenso wieder durch einen reich bestückten Tafelteil (162-174) beschlossen.

Sheila Bonde und Clark Maines analysieren in ihrem Artikel "Consuetudines in Context: Change and Continuity in the Customs and Architecture of Augustinian Saint-des-Vignes, Soissons, 1098-1783" (175-223) eine Reihe von Consuetudines im Hinblick auf die Veränderungen des regulierten Lebens und setzen diese mit den architektonischen Änderungen der Abtei in Beziehung. Ein Tafelteil (224-251) und acht Anhänge (252-267) runden den Beitrag ab.

Der dritte Abschnitt des Bandes ist mit "Monastic and Regular Life as Revealed in Customs, Rules, and Other Texts" überschrieben. éric Palazzo erörtert in seinem Beitrag "Les cinq sens dans la liturgie monastique du haut Moyen Âge" (271-290) anhand der ersten Consuetudo aus Fleury die Bedeutung der fünf menschlichen Sinne in der monastischen Liturgie und in monastischen Visionen. Die fünf Sinne seien während der Liturgie etwa durch Objekte, Lichteffekte, Gerüche und haptische Erfahrungen angeregt worden.

Alain Rauwel widmet sich in seinem Beitrag "Les choix de la régularité. Observations sur l'adoption de la règle de saint Augustin dans les diocèses de Langres et Autun au XIIe siècle" (291-303) den Anpassungstendenzen der Augustinusregel in Burgund und den verschiedenen Reformbestrebungen der Regularkanoniker um 1130.

Bert Roest beschließt mit seinem Artikel "Rules, Customs, and Constitutions within the Medieval Order of Poor Clares" (305-330) den Band. Er untersucht Regeln, Consuetudines und andere Dokumente, die in Clarissenkonventen gebraucht wurden. Roest kann nachzeichnen, dass in den Konventen eine Vielzahl von verschiedenen Regeln gebraucht wurden. Diese Diversität des Gebrauchs habe jedoch in einem Spannungsverhältnis zu vereinheitlichenden Tendenzen gestanden. Es folgen noch Bibliographie und Index.

Der Band vereint zu der Thematik eine Vielzahl fundierter Studien und man wird ihn mit Gewinn konsultieren können. Lobend hervorzuheben ist insbesondere die Verbindung von Textanalyse, Archäologie und Kunstgeschichte. Der Titel des Bandes kann jedoch auch missverstanden werden: Manche könnten eine Art Quellenkunde bzw. ein Handbuch zu mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Consuetudines und Regeln erwarten. Und dies kann und soll ein Tagungsband, wie es der vorliegende ist, nicht leisten.

Stefan Burkhardt