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Stephan Conermann: Islamische Welten. Einführung, in: sehepunkte 19 (2019), Nr. 6 [15.06.2019], URL: https://www.sehepunkte.de
/2019/06/forum/islamische-welten-237/

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Islamische Welten

Einführung

Von Stephan Conermann

Dieses FORUM "Islamische Welten" bietet wieder einmal ein repräsentatives Spektrum an islamwissenschaftlichen Neuerscheinungen:

Vielen Aspekten des islamischen Wirtschafts- und Vertragsrechts sind bisher fundierte Abhandlungen gewidmet worden. Nun liegt auch eine ganz nützliche Einführung in das Thema vor, deren Schwerpunkt die Darstellung des klassischen Rechts vom 10. Jahrhundert bis zum Beginn der Moderne bildet. Allerdings geht es nur um den normativen Diskurs unter Gelehrten, die Praxis wird vollkommen unberücksichtigt gelassen. (Hubert-Köster zu Oberauer)

Wenn von "Turandot" die Rede ist, haben die meisten die gleichnamige Puccini-Oper mit ihrem chinesischen Schauplatz im Sinn. Letztlich stammt der Stoff jedoch aus dem iranischen Erzählrepertoire. Zwei Baseler Islamwissenschaftler haben jetzt eine sehr schöne Edition und Übersetzung einer "Ur-Fassung" und einer im Laufe der Zeit stark erweiterten und veränderten Version vorgelegt. (Conermann zu Mogtader/Schoeler)

Obgleich Jalāl al-Dīn al-Suyūṭī (1445-1505) bis heute zu den bekanntesten Schriftgelehrten der arabischen Welt gehört, sind viele seiner zahlreichen Texte immer noch nicht erschlossen. Einen Schritt hin zu einem besseren Verständnis der vielfältigen Interessen und der komplexen Geisteswelt dieses Universalgelehrten stellt ein Sammelband dar, der aus einem Thementag auf der ersten Konferenz der School of Mamluk Studies, die vom 23. bis zum 25. Juni 2014 an der Ca' Foscari Universität in Venedig stattfand, hervorgegangen ist. (Conermann zu Ghersetti)

Wir haben bisher nur sehr wenige Monographien über osmanische Gelehrte, die im 18. Jahrhundert gelebt haben. Wie wichtig biographische Zugänge für das Verständnis der Lebenswelten einer gewissen Schicht sein können, zeigt eine Studie zu der wechselvollen Geschichte des Hofchronisten Ahmed Vâsιf (gest. 1806). (Dramali/Conermann zu Menchinger)

Auf die Frage, wie es zur Dominanz Europas im Laufe des langen 19. Jahrhunderts kommen konnte, gibt es seit Max Webers 1904/05 erschienener Studie "Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus" sehr viele unterschiedliche Antworten. In dem für das FORUM besprochenen Buch führt der Autor die Great Divergence vor allem auf die Entstehung neuer Fördertechniken im Kohleabbau und die Mechanisierung der Textilproduktion in Großbritannien zurück. Hinzu kam eine strikte britische Handelspolitik, die darauf abzielte, indischen Produkten den Zugang zum britischen Markt zu verwehren und gleichzeitig britische Produkte auf den indischen Markt zu bringen. Interessant vorgebracht, allerdings auch ein wenig zu kurz gegriffen, meint der Rezensent. (Kulke zu Parthasarathi)

Ebenfalls in der Zeit von 1800 bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges kam es an vielen Orten zu interessanten Neuinterpretationen des Islam. Die zunehmende Vernetzung der Welt und der damit verbundene globale Wettstreit führte zu Austauschprozessen mit anderen Religionen. Es entstanden stetig wachsende religiöse Märkte, die zu einer quasi unternehmerischen Konkurrenz der Konfessionen führte. Im Zuge der christlich-muslimischen Interaktionen im imperialen Kontext adaptierten Muslime bemerkenswerterweise christliche Missionsmethoden. (Kulke zu Green)

Anis Haroon gehört zu den weithin bekannten Aktivistinnen für Frauenrechte in Pakistan. Ihre jüngst erschienenen Memoiren bieten sowohl eine spannende Lektüre ihres bewegten Lebens als auch einen tiefen Einblick in die pakistanische Gesellschaft seit den 1960er Jahren. (Jamal zu Haroon)

Seit 2002 ist in der Türkei die Adalet ve Kalkιnma Partisi (AKP) an der Regierung. Offenbar hat es die Partei mit dem von ihr forcierten Neo-Osmanismus geschafft, die Bedürfnisse einer großen Zahl konservativer Muslime zu befriedigen. Insbesondere Recep Tayyip Erdoğan konnte mit seiner oftmals öffentlich formulierten Rückbesinnung auf osmanische Werte und seinem Gebaren als starker Herrscher nach 2009 offensichtlich bei vielen Türken punkten. (Celik zu Tokdoğan)

Die große Bandbreite an politischen Parteien und die damit einhergehende vielfältige Parteienkultur im Libanon in der Zeit von 1975 bis 2015 steht im Mittelpunkt eines weiteren Buches. Der öffentliche Raum der Zedernrepublik ist angesichts von 18 anerkannten Religionsgemeinschaften, komplizierten Clanstrukturen und einem ausgeprägten Klientelismus stark umkämpft. Jeder versucht, insbesondere die Jugend und die Mittelschicht mit eigenen Narrativen, Symbolen und performativen Praktiken für sich zu gewinnen. Dies wird anhand einer Gegenüberstellung der drusischen "Progressiv-Sozialistischen Partei" und der christlichen "Katā'ib-Partei" sehr schön deutlich gemacht. (Dierauff zu Albrecht)

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern eine spannende Lektüre der Besprechungen.

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