Prasannan Parthasarathi: Why Europe Grew Rich and Asia Did Not. Global Economic Divergence, 1600-1850, Cambridge: Cambridge University Press 2011, XIV + 365 S., 4 Kt., 6 s/w-Abb., ISBN 978-0-521-16824-3, GBP 17,99
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Als das hier zu besprechende Buch 2011 auf den Markt kam, wurde es gleich von zwei weiteren wichtigen Studien begleitet, die sich letztlich mit derselben Frage beschäftigen: Warum dominierte Europa im 19. Jahrhundert die Welt und nicht Asien? [1] Parthasarathis Werk grenzt sich durch seinen Vergleich von Indien und England in der Frühen Neuzeit von diesen beiden Arbeiten ab. Dies ist letztlich eine Stärke des Textes, denn die Forschung hat sich in den letzten Jahren doch allzu sehr auf den west-europäisch-chinesischen Vergleich konzentriert und andere asiatische Großregionen außer Acht gelassen.
Begeben wir uns zunächst in das westliche Setting der Studie: Zu Beginn des 18. Jahrhunderts erfuhr das wirtschaftliche Leben einiger Regionen Westeuropas eine grundlegende Veränderung. Revolutionäre Produktionstechniken und innovative Maschinen verbreiteten sich rasant und steigerten alsbald die Produktivität des Menschen um das Hundertfache. Neue Industrien entstanden vor allem in Großbritannien, Belgien, Frankreich und Deutschland, die Entwicklung schritt bis zur Mitte des Jahrhunderts in atemberaubendem Tempo voran. Bereits um 1850 bildete Westeuropa das unumstrittene Zentrum des globalen Wirtschaftshandels und hatte durch immensen Export von Baumwolle, Garn und Tuch, Eisen und anderen Fabrikaten die Industrien in Indien, China und anderen asiatischen Regionen konkurrenzunfähig gemacht.
In dieser Zeit erschienen nun auch erste wissenschaftliche Arbeiten, welche diese wachsende Divergenz zu erklären versuchten. Als Gründe für die wirtschaftliche Dominanz gegenüber Asien wurden die europäischen Märkte, die Bevölkerung und Eigentumsrechte genannt. Ein protestantisches Arbeitsethos und dessen ökonomische Rationalität sowie administrativ vorbildlich arbeitende staatliche Systeme wurden ebenso zur Erklärung herangezogen wie das säkularisierte Leben in Europas. [2] Gegen dieses klassischen Erklärungsmuster wendet sich Parthasarathi: "Drawing on scholarship that points to profound similarities in political and economic institutions between the advanced regions of Europe and Asia, it rejects claims for European difference. This does not mean that these regions were identical. While there were some areas of economic life in which Europe was more advanced, in others the opposite was the case. However, the stark differences that were once believed to be plausible explanations for Europe's divergence are looking less stark and less plausible. Narratives which attribute divergence to difference are also less credible because understandings of economic life have grown more sophisticated. A diverse body of economic theory argues that there is no straightforward correspondence between economic variables and economic outcomes. 'Economies with the same deep properties could have markedly different equilibria' is how Joseph Stiglitz has put it in a review of the economics of information. More critical for the arguments of this book, however, are findings that the economic 'situation' or context shapes the decisions, choices and actions of individuals. These advances in economic thinking indicate that divergent paths of development need not imply - nor require - deep differences in economic institutions, for context matters." (1-2)
Folgt man Parthasarathis Ausführungen, so erkennt man schnell Parallelen zur Methodik der California School, deren Hauptvertreter Kenneth Pomeranz und Andre Gunder Frank sind. Diese argumentieren, auf China bezogen, dass die Wirtschaft nach der Ming-Zeit (1368-1644) keineswegs einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Niedergang, sondern vielmehr einen erneuten Boom erlebte. China, so Frank, den Parthasarathi zitiert, war "(...) the undisputed center of the world economy in the seventeenth and eighteenth centuries." (47)
Parthasarathi wendet eine ähnliche Argumentation an auf Indien von 1600-1800, das zweite Hauptsetting der Abhandlung. In seinem zweiten Kapitel, das von dem ökonomischen Zustand Indiens handelt (India and the global economy, 1600-1800, 21-50), vermag der Autor dank seiner beeindruckenden Kenntnis der Quellen wie der relevanten Forschung den Leser schnell in den Bann zu ziehen und für seine Hauptthese zu gewinnen: Das von den Moguln (1526-1857) regierte Indien sei keinesfalls rückständig und primitiv gewesen, so Parthasarathi. Ebenso hätten die Eliten der Förderung und der gesellschaftlichen Implementierung neuer Wirtschafts- und Produktionstechniken nicht ignorant gegenübergestanden. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall gewesen. So berichteten europäische Reisende bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts ausführlich über den beindruckenden technologischen und wissenschaftlichen Zustand indischer Handels- und Bildungszentren, ihre effizient organisierten und strukturierten Institutionen und, vor allem, über die zahlreichen prosperierenden Märkte. Darüber hinaus waren zu dieser Zeit, also um 1800, Indiens Baumwolle und eine große Anzahl seiner Industrieprodukte weltweit nach wie vor sehr gefragt.
Wie konnte die Situation zu Beginn des 19. Jahrhundert in Indien dann aber so schnell ins Negative kippen? Parthasarathis Argumentation fußt stark auf seiner Interpretation der industriellen Revolution in Großbritannien und deren langfristigen Folgen. Für ihn war diese insbesondere eine Antwort auf das dichter zusammenwachsende globale Wirtschaftssystem und ein letztlich von der aus einer Notlage heraus handelnden britischen Politik bestimmter Prozess. Diese, so Parthasarathi, sah sich seit dem 17. Jahrhundert mit einer immer stärkeren Konkurrenz aus dem asiatischen Raum, vor allem aus Indien, konfrontiert und musste auf die zu diesem Zeitpunkt dominante Position Indiens im Weltmarkt des 17. und 18. Jahrhunderts reagieren. Erst auf diese Weise sei es zur Erfindung neuer Produktionstechniken gekommen.
Zusammenfasst liest sich Parthasarathis Kernthese so: Großbritannien litt seit geraumer Zeit am Mangel an Holz und musste sich daher früh dem Kohleabbau zuwenden, wofür als Grundlage technische Innovationen notwendig waren, welche später auf indischer Seite fehlen sollten. Indien hingegen konnte im 17. und 18. Jahrhundert auf ein großes Holzvorkommen zurückgreifen und sah keine Notwendigkeit, sich dem Kohleabbau und somit der Entwicklung neuer Fördertechnologien zu widmen. Auf britischer Seite wurde man zu dem mit der Konkurrenz durch hochwertige Textilien aus Indien konfrontiert und musste daher auf die Mechanisierung der Textilproduktion umstellen, was wiederum der Entwicklung neuer Maschinen bedurfte. Indische Textilproduzenten hingegen sahen sich im 17. und 18. Jahrhundert keinem solchen Druck ausgesetzt, wodurch der Zwang zu technischen Innovation wegfiel. Hierzu stimmt Peer Vries in seiner Besprechung zur vorliegenden Studie mit Parthasarathi in diesem Punkt überein: "No one can seriously doubt that British textile manufacturers from the seventeenth century onward knew that their Indian counterparts produced better and more attractive textiles, in particular cotton textiles, and that they found plenty of buyers even though their products weren't cheap. Nor can anyone seriously doubt that British producers were annoyed by that fact. Indeed, industrialization of cotton production in Britain, as Parthasarathi emphatically claims, was inspired by Indian examples and primarily driven by emulation." [3]
Die Entwicklung neuer Fördertechniken im Kohleabbau und die Mechanisierung der Textilindustrie gaben also den Auslöser zur britischen Industrialisierung, so Parthasarathi. Hinzu kam die erfolgreiche Reaktion des britischen Staates, der eine gezielte Zoll- und Wirtschaftspolitik betrieb und auf diese Weise den Innovationsprozess erfolgreich unterstützte. Was für Großbritannien galt, so Parthasarathi, galt noch mehr für die kontinentalen Länder, wo die Industriepolitik Geschwindigkeit und Form der wirtschaftlichen Entwicklung entscheidend prägte. Einzig Indien hätte damit nach 1800 noch mithalten können, wenn nicht die britische Regierung, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Nordindien festgesetzt hatte, in dieser so entscheidenden Phase des Wachstums gezielt in die indische Entwicklung eingegriffen hätte. Die Interessen Londons waren, so der Autor, einzig auf die eigenen ökonomischen Vorteile bedacht. Sie verweigerten indischen Produkten den Zugang zum britischen Markt und zwangen andererseits den Indern billige und qualitativ minderwertige britische Baumwollprodukte auf. So überfluteten bereits um 1820 Produkte aus Lancashire den indischen Markt in einem derartigen Ausmaß, dass eine Pauperisierung ganzer Landstrichte und ehemals prosperierender Industrieregionen die Folge war: "(...) the sophisticated Indian knowledge order continued to offer enormous possibilities, but the constraints of British rule narrowed the economic options. Within a few decades of the rise of British power, the reservoir of technical know-how that had been amassed over the previous 200 years began to be dissipated. Colonial India was, therefore, a very different place than the India of the early-modern period." (185)
Darüber hinaus müsse die langsame Industrialisierung oder zumindest das Fehlen eines schnellen industriellen Wachstums in Indien dem mangelnden Interesse ausländischer Investitionen zugeschrieben werden. Auch hier, so der Autor, war die britische Blockadeeinstellung ganz entscheidend, die über Jahrzehnte verhinderte, dass in aufkommende Großindustrien in Indien investiert wurde. Diese verheerende Kombination aus britischer Interessen-und Handelspolitik auf der einen und einem imperialen Ethos auf der anderen Seite, veranlasste die britische Regierung konstant dazu, Indien lediglich zu regieren. Sie verwaltete undstabilisierte es im eigenen Interesse, ohne jedoch die indische Gesellschaft und ihr Wirtschaftssystem so zu gestalten, dass sie sich zu einer Konkurrenz gegenüber der englischen hätte entwickeln können.
All das klingt für den Rezensenten - einen Anhänger der Postcolonial Studies - sehr verlockend und würde gerne kritiklos abgehakt werden. Allerdings ist diese Argumentation natürlich nicht ganz neu - wenn sie auch selten derart rhetorisch brillant und mit einer solch beindruckenden Kenntnis der Quellen und der Forschungsliteratur dargelegt wurde. Doch genau hier liegen auch die Probleme des Buches und eben auch, mittlerweile, seine politische Relevanz. So sehr das Buch für den amerikanisch-westlichen Markt sicherlich ein Gewinn ist, will es doch aufzeigen, dass Indien in der Frühen Neuzeit keinesfalls eine statisch feudale und rückwärtsgewandte Gesellschaft war (was dem Autor ohne Zweifel gelungen ist), so sieht es beim indischen Lesepublikum seit einigen Jahren bedauerlicherweise etwas anders aus. Denn Bücher wie das hier rezensierte können in einer Zeit neuer Nationalismen leicht instrumentalisiert werden. Es verwundert ein wenig, dass der Autor diese Gefahr nicht wenigstens in einer Fußnote anspricht. Denn für die seit Jahren regierende ultranationale Hindu-Partei BJP ist Parthasarathis Argumentation eine ausgezeichnete Bereicherung für ihre Version der indischen Geschichte, die sich natürlich nicht mit der Aussage des Autors deckt: Indien, vor allem ohne die Muslime und überhaupt alle Ausländer sei schon immer eine ökonomische und kulturelle Großmacht gewesen, wären da nicht die Briten gekommen. Letzteres ist jedoch das Kernargument Parthasarathis, welche es so verfänglich für eine politische Instrumentalisierung macht. Denn allzu sehr verfällt der Autor ins Kirschenlesen, wenn es um die Unterfütterung seiner Argumentation geht, wie es bspw. Joel Mokyr in seiner ausführlichen Besprechung zur vorliegenden Studie bemerkt: "By blaming the Raj squarely for everything that went wrong with India's nineteenth century development, Parthasarathi offers us a warmed-up old nationalist chestnut, and his waving at the post-colonial literature does not add much credibility to his case. While he is surely right that one can easily overstate the weaknesses of the Indian economy on the eve of the Industrial Revolution, his cherry-picking of examples (there are only a few tables in the book and only one of them pertains to India) simply does not persuade. (...) But why would we believe that a counterfactual Indian independent government would have performed like Belgians or Prussians and not more like the Qing? To make his case stick, Parthasarathi ought perhaps have argued that India's society was much like Japan's, and that in the absence of colonial domination it would have made its own rules work for it. But such arguments are never made, and I suspect for good reason." [4]
Dazu noch einmal Peer Vries, der in seinem Essay zur vorliegenden Studie ähnliche Worte findet: "If growth in Britain was such a broad phenomenon, its economy at the time of its industrialization must have been doing more than just taking up the challenges of Indian textiles and shortages of wood. I agree with Kristine Bruland when she writes that "innovation was a broad process, pervasively embedded in many industries, even those that were essentially matters of hand technology (...) There is in fact a wide array of evidence from business, technological and industrial histories to lead us to the firm conclusion that innovation in the industrial revolution was present across virtually all activities that comprised the British economy at that time (...) Cotton, coal, and steam in the end would make a fundamental difference in industry. That, however, should not make us lose sight of the fact that Britain at the time was struck by a wave of inventions, innovations, and adaptations in all sectors of the economy (agriculture, transport, manufacture, trade, and finance) in hard technology as well as organization, which contributed substantially to total economic growth. These simply cannot all be connected to the two challenges that are crucial in Parthasarathi's analysis." [5]
Es ist also sicherlich etwas zu kurz gegriffen, die westeuropäische industrielle Revolution einzig darauf zurückzuführen, dass sie nur auf die bereits existierende indische Vormachtstellung reagieren musste und es, einzig aus der Not geboren, zu neuen technischen Erfindungen kam, während Indien sich auf seiner ökonomischen Überlegenheit im 17. und 18. Jahrhundert ausruhen konnte. Ebenso greift es zu kurz, Indien in späterer Zeit als Opfer darzustellen, ohne dabei andere, nicht minder wichtige Gründe anzubringen.
Diese Kritik verhindert aber nicht, ausdrücklich zu betonen, wie wichtig Parthasarathis für die aktuelle Diskussion ist. Die Studie liest sich flüssig und fungiert seitenweise wie ein einziger Augenöffner mit zahlreichen Aha-Effekten, gerade weil der Autor ein breites Arsenal bisher unbekannter und überzeugender zeitgenössischer Quellen vorweisen kann. Durch diese exzellente Mischung aus beeindruckenden historischen Berichten und aktuellster Forschungsliteratur steigt die Neugierde nach jedem Kapitel. Erkenntnisbringende Passagen häufen sich bis zum Ende der Studie, wie etwa im folgenden Beispiel: "In addition to their ability with dyes, Indian manufacturers were unparalleled in the production of fine muslin cloths. These textiles had long been famous around the world and they were in great demand in the eighteenth century. The superfine varieties of Dacca are the best known and the lightness of the cloth and fineness of the weave were legendary. These qualities were captured in the names of the different varieties, which included subnam (evening dew) because the cloth resembled the dew on sand, abraban (running water) because it could not be seen in water, alaballee (very fine), tanjeb (ornament of the body) and kasa (elegant). Europeans gave them similarly whimsical names, including ventus textilis (textile breeze), web of woven air and cobweb. Stories of the extraordinary lightness and fineness of muslins circulated both inside and outside the Indian subcontinent. There is, of course, the famous account of Aurangzeb, who became angry with his daughter for wearing cloth so transparent that her skin could be seen. She protested that she was wearing seven jamahs orsuits. In the seventeenth century, an Iranian ambassador to India returned home with a coconut in which a muslin turban that was thirty yards in length had been carefully folded. Dacca muslin manufacturers were famous for producing cloth that could be folded to the size of a matchbox. Another test of fineness was to pass a piece of cloth through a ring, which could be done with pieces from Dacca that were twenty yards long and one yard wide. At times Indian cloths possessed qualities that appeared intangible, but nevertheless appealed to discerning buyers. A striking example comes from West Africa where the French exported blue cloth from South India in order to purchase gum Arabic, an essential thickening agent for the cloth-printing industry. In the early nineteenth century, French traders marketed a European imitation of the Indian cloth, but African buyers rejected it on the grounds that the smell and feel were not right. Because of the importance of gum Arabic, the French continued to procure the blue cloth in their South Indian possession of Pondicherry, from where they exported it to West Africa until the mid-nineteenth century." (33-34)
Das große Verdienst der Studie liegt also ohne Zweifel darin, einem anglo-amerikanischen, primär akademischen Publikum aufzuzeigen, dass die westeuropäische industrielle Revolution keineswegs ein rein interner ökonomischer und gesellschaftlicher Prozess war, sondern dass dieser bereits fest in die übergreifenden globalen Wirtschaftsstrukturen eingebettet war und in vielen Bereichen als eine Antwort auf die globalen Herausforderungen verstanden werden muss, welche zu dieser Zeit von asiatischen Regionen entscheidend mitgestaltet wurden. Diese Argumentation mag in einigen, nicht allen (!) wissenschaftlichen Kreisen bereits akzeptiert worden sein, jedoch keinesfalls in der breiteren, öffentlichen Debatte. Nach wie dient gerade die Sattelzeit als ideale Basis (neo-)-eurozentristischer Argumentationen innerhalb der öffentlichen Medien und den politisch-kulturellen Debatten, welche, bedauerlicherweise, zudem immer nationalistischere Züge annehmen.
Es gibt also nach wie vor allerhand zu tun und Parthasarathi ist gerade in diesem Zusammenhang ein äußerst wichtiger Wurf gelungen. Seit der Erstveröffentlichung der Studie sind nun aber schon einige Jahre verstrichen und man darf nur hoffen, dass Prasannan Parthasarathi auf die Kritik an seiner Studie eingehen wird.
Parthasarathis œuvre würde ein neues Level erreichen, würde der Autor im Nachhinein nur einige seiner Aussagen ein wenig revidieren, jedoch bei seinem Kernanliegen bleiben, die ökonomischen und gesellschaftlichen Prozesse im frühneuzeitlichen Indien und Westeuropa globalhistorisch einzubetten und komparatistisch zu analysieren. Darüber hinaus wäre es zu begrüßen, wenn der Autor sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung als Historiker im Zusammenhang mit einem solch brisanten Thema bewusst würde und sich von einer Vereinnahmung durch intellektuelle Anhänger der BJP und ihre historisch-kulturellen Deutungsmuster dezidiert absetzte. Als endgültiges Fazit bleibt jedoch vorerst (!) festzuhalten: Externe Gründe waren ganz entscheidende Faktoren dafür, dass es in Westeuropa, nicht aber in Indien zur industriellen Revolution kam; sie sind aber nicht die alles Entscheidenden.
Anmerkungen:
[1] Jean-Laurent Rosenthal / R. Bin Wong: Before and Beyond Divergence. The Politics of Economic Change in China and Europe, Cambridge/Mass. 2011, Ian Morris: Why the West Rules for Now. The Patterns of History, and what they reveal about the Future, London 2011. Zuletzt Jürgen Osterhammel: Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts, München 2009.
[2] Diese Argumentation erhält momentan in Form des Neo-Eurocentrism neuen Auftrieb. Siehe Walter Mignolo / Arturo Escobar (eds.): Globalization and the Decolonial Option, London 2013; Wulf Hund / Alana Lentin (eds.): Racism and Sociology, Münster 2014; Arun Bala (ed.): Asia, Europe, and the Emergence of Modern Science. Knowledge Crossing Boundaries, Basingstoke 2012.
[3] Peer Vries: Challenges, (Non-)Responses, and Politics: A Review of Prasannan Parthasarathi, Why Europe Grew Rich and Asia Did Not: Global Economic Divergence, 1600-1850, in: Journal of World History, Volume 23, Number 3, September 2012, 639-664, 651.
[4] Joel Mokyr: Review: Prasannan Parthasarathi: Why Europe Grew Rich and Asia Did Not: Global Economic Divergence, 1600-1850, in: EH.Net, Jan. 2012 (https://eh.net/book_reviews/why-europe-grew-rich-and-asia-did-not-global-economic-divergence-1600-1850/)
[5] Vries: Challenges, 648.
Tilmann Kulke