Peter Ilisch: Dorf - Adel - Kirche - Wirtschaft. Historische Fallstudien aus dem Münsterland (= Westfalen in der Vormoderne. Studien zur mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Landesgeschichte; Bd. 36), Münster: Aschendorff 2022, 455 S., 33 s/w-Abb., ISBN 978-3-402-15088-7, EUR 65,00
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Der kürzlich verstorbene Münsteraner Historiker Peter Ilisch galt vor allem als Experte für mittelalterliche und frühneuzeitliche Numismatik, war aber auch mit einer Reihe von Veröffentlichungen zur Geschichte des Hochstifts Münster hervorgetreten; zu diesen zählt das zusammen mit Christoph Kösters herausgegebene Standardwerk "Die Patrozinien Westfalens von den Anfängen bis zum Ende des Alten Reiches". Der vorliegende Band stellt eine Sammlung von Fallstudien zur mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Wirtschafts-, Sozial- und Kirchengeschichte des ländlichen Raumes des Fürstbistums Münster, speziell des Kreises Coesfeld, dar, die zwischen 1976 und 2020 in verschiedenen Zeitschriften des Münsterlandes, besonders in den "Geschichtsblättern des Kreises Coesfeld" erschienen sind.
Der Bogen der Abhandlungen spannt sich von der Siedlungsgenese und Entwicklung von Dörfern, wie Darfeld und Nottuln, über jüdisches Leben in der Gemeinde Billerbeck, das in seinen Möglichkeiten und Bedrängnissen beschrieben wird, bis zu Fragen der Grundherrschaft und der bisher wenig untersuchten adligen Eigenlandwirtschaft. Hinsichtlich der Untersuchungen zum Niederadel liegt der Schwerpunkt auf den Familien der Häuser Hameren sowie Buldern und Meinhövel. Die letzteren waren zum Calvinismus übergetreten; in diesem Zusammenhang hätte man deshalb gern noch mehr über ihre Stellung und ihr Handeln in einer katholischen Umgebung erfahren. Aufschlussreich sind die Ausführungen über Marie Antoinette von Raesfeld zu Hameren (1736-1788), die mit dem Erbdrosten auf Haus Darfeld verheiratet war, als Witwe nach Hameren zurückkehrte und Haus und Gutsbetrieb energisch bewirtschaftete. Der Aufsatz "Pastoren zu Zeiten des Fürstbistums Münster" listet, soweit möglich, die Seelsorger in den Gemeinden Billerbeck und Darup auf und gibt Einblicke in deren Lebenskultur und Arbeitswelt. Im letzten Teil werden die Lebensbedingungen von Knechten und Mägden in der vorindustriellen Zeit dargestellt; man erfährt Einzelheiten über ihre soziale Herkunft, ihre Entlohnung und ihre Ausgaben. Die Abhandlung über dörfliche Kaufhändler in Darfeld macht deutlich, dass diese neben ihren Handelsaktivitäten häufig auch eine dörfliche Gastwirtschaft betrieben und im Geldverleih tätig waren. Den Abschluss bildet die Biographie des Fabrikanten Heinrich Joseph Trippelvoet (1724-1760), der durch Tabakproduktion und -handel zu einem gewissen Reichtum gelangt war; zum Seelenheil seiner Familie stiftete er an der Coesfelder Lambertikirche eine Vikarie.
Die Abhandlungen sind durch die Aufführung einer Fülle von Details gekennzeichnet, die der Verfasser aufgrund intensiven Studiums einer Vielzahl unveröffentlichter Quellen erarbeitete. Sinnvoll wären erklärende Zusammenfassungen am Ende der Aufsätze gewesen, die den Vergleich mit anderen Regionen erleichtert hätten, sowie eine stärkere Einordnung in den jeweiligen Forschungsstand, was die Besonderheiten des Münsterlandes akzentuiert hätte.
Hans-Georg Aschoff