Bernard J. Muir / Nicholas A. Sparks (eds.): The Peterborough Chronicle, Volume 1: Introduction and Text, London: Anthem Press 2023, 282 S., 95 s/w-Abb., ISBN 978-1-83998-699-4, GBP 120,00
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Bernard J. Muir / Nicholas A. Sparks (eds.): The Peterborough Chronicle, Volume 2: Translation, Indexes and Plates, London: Anthem Press 2023, 310 S., ISBN 978-1-83998-702-1, GBP 120,00
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Patricia Clare Ingham: The Medieval New. Ambivalence in an Age of Innovation, Philadelphia, PA: University of Pennsylvania Press 2015
Gesine Jordan: "Nichts als Nahrung und Kleidung". Laien und Kleriker als Wohngäste bei den Mönchen von St. Gallen und Redon (8. und 9. Jahrhundert), Berlin: Akademie Verlag 2007
Steven Vanderputten: Imagining Religious Leadership in the Middle Ages. Richard of Saint-Vanne and the Politics of Reform, Ithaca / London: Cornell University Press 2015
Das Peterborough Chronicle ist eine Version (E) des Anglo-Saxon Chronicle (ASC), des wichtigsten früh- und hochmittelalterlichen Annalenwerks in altenglischer Sprache, mit einem Akzent auf Nordengland. Es wurde 1121 im Kloster Peterborough nach nicht erhaltener Vorlage des ASC erstellt, um 31, zumeist lateinischen Vorlagen entnommene Interpolationen bereichert und anschließend zunächst, weit detaillierter, von demselben Schreiber bis 1131 und dann von anderer Hand bis 1155 fortgesetzt.
In dieser Form ist die Chronik in der Handschrift Oxford, Bodleian Libr. Ms. Laud. Misc. 636 (und sieben weiteren Textzeugen) erhalten und danach von Muir und Sparks erstmals vollständig (mit den Interpolationen), als eigenständige Version ediert und mit neuer Übersetzung versehen worden. Die bisherige Edition von Thorpe (1861) mit Revisionen und ausführlichem Kommentar von Plummer (1882/1889) und noch einmal von Whitelock (1952) gliedern E in die Gesamtedition des ASC ein, während Clark (1958) nur die zeitgenössischen Partien seit 1070 ediert hat. Whitelock hatte 1954 außerdem eine Faksimileausgabe der Oxforder Handschrift des Peterborough Chronicle vorgelegt.
In der sehr ausführlichen Einleitung werden Inhalt und Struktur sowie die Besitzgeschichte der Handschrift dargelegt und die kodikologischen Grundlagen (genaue Beschreibung der jetzigen, im 17. Jahrhundert zusammengebundenen Handschrift) mit Schreibern, Schrift und Ausschmückungen vorgestellt, die Vorläufer und benutzten Vorlagen sowie die acht erhaltenen Handschriften beschrieben und dem noch Ausführungen zum (gehobenen) Stil und zur Rhetorik des selbstständigen Teils seit 1121 angeschlossen.
Die Edition umfasst den gesamten Text von Anfang an und Jahr für Jahr (einschließlich aller Leerjahre), beginnend mit einer Beda entnommenen Beschreibung Britanniens. In der frühen Zeit sind einzelne Einträge noch in lateinischer Sprache verblieben (zuletzt zum Jahr 449). Die Interpolationen sind durch Petitdruck deutlich erkennbar gemacht. Ein ausführlicher (textkritischer) Kommentar enthält überwiegend Informationen zur Handschrift, zu deren Wortlaut bei Emendationen der zahlreichen Schreibfehler in der Handschrift, Korrekturen zur Datierung, Angaben zu den Vorlagen und die Lesarten der anderen Textzeugen. Verzichtet hat man hingegen auf alle Hinweise für Abweichungen gegenüber den anderen vier Versionen des ASC. Dazu sind weiterhin die vorhandenen Editionen zu konsultieren und zu vergleichen.
Der zweite Band enthält die Übersetzung, die eng an die altenglisch-frühmittelenglische Vorlage angelehnt ist und dadurch manchmal etwas 'holprig' wirkt, aber deren Sinn gut wiedergibt. Die Übersetzung enthält ebenfalls ausführliche Kommentare zu Personen und Sachverhalten, zeitlichen und inhaltlichen Korrekturen am Textinhalt wie auch Kommentare früherer Ausgaben. Bedauerlich ist es aber gerade wegen der guten, auf Edition und Übersetzung verteilten Kommentare, dass Originaltext und Übersetzung in zwei getrennten Bänden vorliegen und nicht auf die linken und rechten Seiten eines Bandes oder in zwei Spalten platziert sind. Das hätte nicht nur eine Gegenüberstellung, sondern vor allem auch das Lesen der hilfreichen Kommentare und Erläuterungen sehr erleichtert. Dazu muss man nun jeweils die beiden großformatigen Bände gleichzeitig nebeneinander benutzen.
Den Band beschließen zwei Register der Personennamen sowie der Orte, Völker und Ereignisse und über 100 Abbildungen, die zwar beschrieben, deren Funktion für die Edition aber nicht erläutert und auf die auch nicht in der Einleitung verwiesen wird. Sie zeigen einerseits Abbildungen aus Peterborough, deren Schrift der Handschrift des Peterborough Chronicle ähnelt und die Herkunft belegen sollen, aber auch Beispiele anderer Textzeugen der Fassung E. Nur wenige Abbildungen betreffen die der Edition zugrunde gelegte Oxforder Handschrift, vermutlich weil sie anderweitig als Faksimile vorliegt.
Insgesamt liegt mit dieser Edition aber ein wichtiger Textzeuge des ASC vor, der geschichtswissenschaftlich wie sprachwissenschaftlich von hoher Bedeutung ist. Wenn ich es richtig sehe, hat sich die sprachwissenschaftliche Anglistik, anders als die Germanistik, bislang noch wenig mit historiographischen und anderen nicht-fiktionalen Texten befasst. Auch dazu könnte die Edition mit dem Text aus der Umbruchszeit vom Alt- zum Mittelenglischen einen Anreiz bieten.
Hans-Werner Goetz