Hilke Günther-Arndt (Hg.): Geschichts-Didaktik. Praxishandbuch für die Sekundarstufe I und II, Berlin: Cornelsen 2003, 293 S., 30 Abb., ISBN 978-3-589-21858-5, EUR 19,95
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Der anzuzeigende Sammelband, der Bernd Mütter zum 65. Geburtstag gewidmet ist, dürfte zur Zeit wohl der aktuellste Beitrag der universitären Fachdidaktik zu Fragen des Geschichtsunterrichts sein. Wie der Untertitel bereits verrät, konzentriert sich der Band weniger auf theoretische Grundlegungen, sondern vielmehr auf Fragen der Unterrichtsmethodik im Schulfach Geschichte. Diese Zielsetzung wird bereits in der Einleitung deutlich formuliert: "Die Arbeit mit diesem Buch soll [...] vielmehr die von der KMK-Kommission für Lehrerbildung operationalisierten Kernkompetenzen für den Lehrberuf im Studium oder im Referendariat oder für bereits professionalisierte Lehrkräfte verstärken" (9). Der Band gliedert sich dabei in drei Teile: Grundfragen der Geschichtsdidaktik und des Geschichtsunterrichts, Probleme der "theoriegeleitete[n] Planung, Gestaltung, Durchführung und Auswertung von Geschichtsunterricht" (9) sowie Reflexion über neue Anforderungen und Aufgaben des Fachs.
Im ersten Teil verdient insbesondere der Beitrag Bernd Schönemanns "Geschichtsdidaktik, Geschichtskultur, Geschichtswissenschaft" (11-22) Erwähnung, da sich hier eine auch für Studierende gut verständliche Darstellung der Grundlagen der Disziplin findet, die künftig auch in geschichtsdidaktischen Universitätsveranstaltungen gute Verwendung finden wird. Schönemanns Beitrag zu "Lehrplänen und Richtlinien" (48-62) bietet zwar auch eine hilfreiche Systematisierung der in Deutschland hoch aktuellen und überaus problematischen Lehrplandiskussion, enthält dabei aber keine weiteren Neuigkeiten. Schönemanns Klage über "Beliebigkeit und mangelnde Koordination" (49 f.) in der durch die Lehrplanfrage selbstverständlich eng berührten Geschichtslehrerausbildung kann allerdings nicht ausreichend unterstützt werden.
Im zweiten Teil sei der Beitrag von Norbert Zwölfer hervorgehoben, der sich des Themas "Filmische Quellen und Darstellungen" (125-136) annimmt und dabei auch eine für Geschichtslehrerinnen und -lehrer sicher hilfreiche kleine "Schule des Sehens" verfasst hat. Dass gerade der Umgang mit Filmmaterial in der gegenwärtigen Schulpraxis zu oft geradezu verantwortungslos erfolgt, ist leider immer wieder festzustellen. Besonders verdienstvoll ist weiterhin, dass Zwölfer für den Geschichtsunterricht nicht nur die übliche Auseinandersetzung mit historischen Dokumentationen, sondern ausdrücklich auch mit historischen Spielfilmen, wenngleich leider nur in Ausschnitten, fordert. Auch auf Waldemar Groschs Beitrag "Evaluation, Lernkontrolle und Leistungsbewertung" (206-218) sei noch verwiesen, widmet er sich doch damit einem in der Tat "bisher eher stiefmütterlich" (10) behandelten Thema.
Im letzen Teil des Buches ist insbesondere Hilke Günther-Arndts Beitrag zu "Pisa und der Geschichtsunterricht" (254-264) von Interesse. Es mag banal erscheinen, aber es ist, wie die Lehrpraxis an den Universitäten leider zeigt, doch von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit, dass auf "Lesekompetenz als Basiskompetenz" (256-262) endlich einmal so energisch verwiesen wird, wie es hier geschieht.
Weitere Beiträge, auf die hier jetzt nicht näher eingegangen werden soll, sind "Historisches Lernen und Wissenserwerb" (Hilke-Günther Arndt), "Schriftliche Quellen und Darstellungen" (Waldemar Grosch), "Visuelle Quellen und Darstellungen" (Edda Grafe, Carsten Hinrichs), "Gegenständliche Quellen und museale Darstellungen" (Dietmar von Reeken), "Methodik des Geschichtsunterrichts" (Hilke Günther-Arndt), "Die Vorbereitung einer Unterrichtsstunde" (Norbert Zwölfer), "Computer und Geschichtsunterricht", "Interkulturelles Lernen im Geschichtsunterricht" (Dietmar von Reeken) und "Fächerverbindender und fächerübergreifender Geschichtsunterricht" (Waldemar Grosch). Eine Übersicht über geschichtsdidaktische Handbücher, Bibliografien, Zeitschriften und Internetportale rundet die Beiträge ab.
Insbesondere Studierende und Referendare werden dieses überwiegend straffe, verständlich geschriebene, handfest-methodenorientierte, allerdings nicht immer gleichermaßen innovative und - dem eigenen Anspruch gemäß - wenig theoriefundierte Zusatzangebot zum "Handbuch Geschichtsdidaktik", zu Rohlfes' "Geschichte und ihre Didaktik" sowie zu Sauers 2001 erschienenem Band "Geschichte unterrichten" als Orientierungshilfe im Dschungel der wissenschaftlichen Diskurse zu schätzen und sinnvoll zu verwenden wissen.
Tobias Arand