Georges Tamer (Hg.): Humor in der arabischen Kultur, Berlin: De Gruyter 2009, XX + 387 S., ISBN 978-3-11-019825-6, EUR 78,00
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Der von Georges Tamer herausgegebene Sammelband beruht weitgehend auf Vorträgen, welche vom 5. bis 7. Juli 2007 auf einer Konferenz zum Thema "Humor in der Arabischen Welt" an der Freien Universität Berlin gehalten wurden. Ziel des Werkes ist es, dem Leser verschiedene Aspekte von Humor in der arabischen Welt vorzustellen. Zu diesem Zweck diskutiert der Herausgeber in der Einleitung zunächst unterschiedliche Definitionen von Humor und Komik. Aus dieser Übersicht leitet Tamer die Grundthese ab, dass Humor als stimulierende Kommunikationsform in jeder Kultur existiert. Um Humor als ein die Kulturen übergreifendes Phänomen besser fassen und beschreiben zu können, formuliert der Herausgeber einige Leitfragen, die möglichst in den einzelnen Beiträgen reflektiert und aufgegriffen werden sollen: Betrachten alle Kulturen die gleichen Situationen als humorvoll? Welche äußeren Umstände bestimmen, was als Humor empfunden wird? Inwiefern spiegelt Humor Regime- oder Sozialkritik wider?
Von diesen Fragestellungen ausgehend betritt der Sammelband für die arabische Welt weitgehend Neuland. Zwar liegen verschiedene Werke zu Theorie und Terminologie von Humor im Allgemeinen vor, es gibt jedoch noch keine umfangreichere Studie für das arabischsprachige Umfeld. Der vorliegende Sammelband ist daher als ein erster Schritt in diese Richtung zu sehen. Er macht mit seinen verschiedenen Beiträgen auf diese Forschungslücke aufmerksam und liefert zahlreiche Ansätze für weiterführende Projekte.
Der Band weist eine klare Struktur auf. Nach der thematischen Einleitung von Tamer gliedert sich das Werk in vier übergeordnete Rubriken, die insgesamt Raum für 22 Aufsätze in deutscher und englischer Sprache geben. Die erste Rubrik steht unter dem Obertitel "Religion and Humor" und beinhaltet fünf Beiträge. Die ersten drei Darstellungen befassen sich mit der Frage, inwiefern Humor mit Koran, Scharia und Mystik in Einklang zu bringen ist. In Ergänzung zu diesen Kontributionen, in denen die Religion der Muslime im Zentrum steht, befassen sich die beiden anderen Artikel mit dem Verhältnis von Humor und Christen- bzw. Judentum. Zur zweiten Themengruppe gehören vier Studien, die sich mit transkulturellen Humorformen auseinandersetzen. Sie analysieren etwa den Witz als gemeinsames Kulturgut des Mittelmeerraumes. Darüber hinaus zeigen zwei Autoren sehr schön die Übernahme antiken bzw. byzantinischen Humors durch die Araber. Der letzte Beitrag widmet sich schließlich der Frage, inwiefern witzige Anekdoten von verschiedenen sozialen Schichten unterschiedlich rezipiert wurden.
Die dritte und vierte Rubrik stellen mit insgesamt dreizehn Artikeln den Hauptteil des Sammelbandes dar und gehen konkret auf den Humor in der mittelalterlichen und modernen arabischen Literatur ein. Im dritten Teil behandelt der erste Aufsatz die Grenzbereiche des klassisch-arabischen Witzes. Alle weiteren Darstellungen setzen sich dann mit Texten eines Autors auseinander, wobei die Verfasser zunächst Werk und Textproduzent vorstellen und anschließend Beispiele von Humor präsentieren. Exemplarisch sei hier auf den Beitrag von Claudia Ott hingewiesen, die Witze in Tausendundeine Nacht analysiert. Der vierte und letzte Bereich ist analog zum dritten strukturiert. Allerdings ist der Begriff Literatur diesmal weit gefasst, da die Artikel sich auch mit Humor im Theater und in Karikaturen befassen. Interessant ist in dieser Rubrik insbesondere die regionale Dimension, da neben Ägypten und dem Libanon auch Tunesien und Algerien einbezogen werden.
Der Sammelband bietet einen umfassenden Einblick in verschiedene Aspekte des Humors in der arabischen Welt. Er weist durch die Vielfalt seiner Beiträge sowohl auf Gemeinsamkeiten als auch auf Unterschiede zu anderen Kulturen hin. Im Hinblick auf die eingangs gestellten Fragen erscheinen Teil drei und vier als besonders aussagekräftig. Hier geben die von den Verfassern ausgewählten Beispiele für arabischen Witz dem Leser die Möglichkeit zu prüfen, ob die dargestellten Situationen für ihn selbst humorvoll sind oder nicht.
Tonia Schüller