Ayşen Anadol / Zeynep Avcı / Nazan Ölçer et al.: Louvre Koleksiyonlarından Başyapıtlarla İslam Sanatının 3 Başkenti İstanbul, Isfahan, Delhi, Istanbul: Sabancı Üniversitesi 2008, 337 S., ISBN 978-975-8362-79-0
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David O. Morgan / Anthony Reid (eds.): The Eastern Islamic World. Eleventh to Eighteenth Centuries, Cambridge: Cambridge University Press 2010
Nathan Hofer: The Popularisation of Sufism in Ayyubid and Mamluk Egypt, 1173-1325, Edinburgh: Edinburgh University Press 2015
Julien Loiseau: Les Mamelouks. XIIIe -XIVe siècle. Une expérience du pouvoir dans l'Islam medieval, Paris: Éditions du Seuil 2014
Rifaat Y. Ebied / David Thomas (eds.): Muslim-Christian Polemic during the Crusades. The Letter from the People of Cyrus and Ibn Abī Ṭālib al-Dimashqī's Response, Leiden / Boston: Brill 2005
Peter Feldbauer / Jean-Paul Lehners (Hgg.): Die Welt im 16. Jahrhundert, Wien: Mandelbaum 2008
Sönke Finnern: Narratologie und biblische Exegese. Eine integrative Methode der Erzählanalyse und ihr Ertrag am Beispiel von Matthäus 28, Tübingen: Mohr Siebeck 2010
Geert Mak: Die Brücke von Istanbul. Eine Reise zwischen Orient und Okzident. Aus d. Niederländischen v. Andreas Ecke, 2. Aufl., New York: Pantheon Books 2007
Nach wie vor sehen sich Vertreter/innen globalgeschichtlicher Ansätze, teils zu Recht, mit dem Vorwurf konfrontiert, ihre Arbeit und Methodik sei gar nicht global ausgerichtet, sondern eine weitere euro-zentrische Hinsicht. Diese vor allem im Westen praktizierte Herangehensweise sei, so die Kritiker der Globalgeschichte, letztlich nur eine neue Form des intellektuellen Imperialismus, dessen einziges Ziel es sei, die Geschichte der Globalisierung als ein primär europäisches Narrativ auszulegen, in dem andere Kulturen und Weltregionen nur noch dann analysiert werden, wenn in ihrer Geschichte eine Verflechtung mit Europa bestand.
"Diese Befürchtungen sind ernst zu nehmen und kaum einfach von der Hand zu weisen", argumentiert auch Sebastian Conrad (Berlin): "Insbesondere besteht die Tendenz, die Suche nach relevanter Sekundärliteratur zunehmend auf englischsprachige Publikationen zu beschränken. Einige Felder - etwa die Globalgeschichte der Menschenrechte - sind für solche Perspektiven besonders anfällig (...)", und es ist eben problematisch, dass "(...) in Patrick Mannings Überblickswerk Navigating World History die Forschungslandschaft konsequent mit der englischsprachigen Literatur gleichgesetzt wird." Das Ziel, so Conrad, müsse daher "(...) eine avancierte Globalgeschichte sein, die nicht im Vogelflug über die Erde kreist und lediglich eine abstrakte Makroebene historischer Entwicklung bearbeitet, sondern lokal und regional zurückgebunden bleibt und auf der Basis ausgeprägter fachlicher Expertise zu sprachlichen, kulturellen und historischen Bedingungen in unterschiedlichen Regionen betrieben wird. Ohne die Verankerung in den Regionalwissenschaften und ihren Forschungsergebnissen bleibt Globalgeschichte unbefriedigend." [1]
Hinzu kommt, dass, obwohl in den letzten Jahren einige wichtige Studien und Forschungszentren zur mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Globalgeschichte entstanden sind, sich die große Masse globalgeschichtlicher Studien vor allem auf die Zeit ab 1800 konzentriert, auf einen Zeitraum also, in der europäische Nationen bereits zunehmend als global players in Erscheinung traten, nachdem sie zuvor von den Machthabern der hier zu behandelnden drei islamischen Imperien allenfalls als ein Handelspartner unter vielen betrachtet worden waren.
Gerade in diesem Zusammenhang ist die vorliegende Studie von großer Bedeutung, schafft sie es doch konsequent, die von Conrad vorgebrachten Aspekte produktiv abzuarbeiten. [2] Dies wird einerseits durch das internationale Autorenteam deutlich, das sich keinesfalls auf westliche Wissenschaftler/innen beschränkt, sowie durch den behandelten Zeitraum, der sich ganz auf die Frühe Neuzeit konzentriert, eine Epoche somit, in der europäische Mächte eben noch nicht als Hegemon auftraten.
Die hier behandelte Studie ging aus der vom 18. Februar 2008 bis zum 1. Juni 2008 im bedeutenden Sakıp Sabancı Müzesi in Istanbul abgehaltenen und vielbesuchten Ausstellung İslam Sanatının 3 Başkenti: İstanbul, Isfahan, Delhi - Louvre Koleksiyonundan Başyapıtlarla hervor, welche die drei Metropolen der frühneuzeitlichen islamischen Imperien sowie deren Künstler und Werke vorstellen. Die hier ausgestellten 220 Meisterwerke stammen aus dem Musée du Louvre und dem Musée des arts décoratifs [2] und decken Höhepunkte des künstlerischen Schaffens des Osmanischen Reiches (1299-1923), der iranischen Safawiden (1501-1722) und die über Indien herrschende Mogul-Dynastie (1526-1858) ab. [3]
Die Entstehung dieser drei Großreiche, ein Prozess der sich etwa von 1450-1550 hinzog, war ein Ereignis von allerhöchster Bedeutung und faszinierte Historiker und Intellektuelle von Beginn an. Trotz aller Rivalitäten und Kriege blieben diese drei Großmächte vor allem durch die florierende Ökonomie aber auch in kultureller Hinsicht eng miteinander verbunden. So stellte der zentral gelegene Herrschaftsverband der Safawiden, welches ab dem beginnenden 16. Jahrhundert die Zwölfer-Šīʿa zur Staatsreligion erklärte, das schwächste der Großreichen dar. Erst unter Šāh ʿAbbās I. (gestorben 1629) kam es zu einer wirksamen Zentralisierung des Staates. Zudem stieg die Armee nach und nach auf Feuerwaffen nach dem osmanischen Modell der Yeñiçeri Ocaġı (Janitscharen) um; globalgeschichtlich betrachtet blieb das Reich der Ṣafawīya jedoch ein überdurchschnittlich reicher und wohlorganisierter Staat, welcher - nicht zuletzt aufgrund seiner exklusiven Seidenproduktion am Kaspischen Meer - zahlreiche europäische Händler anzog,
Im Westen grenzte es an das sicherlich mächtigste der drei Staatengebilde an, nämlich an das sunnitisch geprägte Osmanische Reich. Dieses vermochte ab dem beginnenden 16. Jahrhundert die im Wesentlichen messianisch legitimierte Expansion der Ṣafawīya nach Westen hin im Verlauf von zahlreichen Feldzügen zu stoppen.
Im Osten regierten die sunnitischen Moguln, die sich bis weit ins 17. Jahrhundert ebenfalls regelmäßig Kriege mit den Safawiden lieferten; für ein gezielt gemeinsames Vorgehen der beiden sunnitischen Mächte gegen die schiitische Ṣafawīya genügten die damaligen Kenntnisse und Kommunikationsmittel jedoch nicht - dennoch treten einige Gelehrte mit ihrem Wissen über die Vorgänge in den weit entfernten Reichen deutlich hervor. Genannt sei hier etwa der berühmte osmanische Chronist Muṣṭafā Naʿīmā (gestorben 1716), der in seinen Notizen sehr genau über die Nachfolgekriege im Mogulreich ab 1658 und den daran anschließenden Machtantritt Aurangzībs (gestorben 1707) berichtet.
Die beiden Reiche waren also durch dauernde Kriege und Konflikte eng miteinander verknüpft, wodurch die Regionen durch einen kontinuierlichen Austausch-, Adaptions- und Lernprozess charakterisiert waren. Hinzu kamen kulturelle Aspekte und eine hohe Mobilität der Reisenden, Künstler und der intellektuellen Eliten.
Letzten Endes war es jedoch das Osmanische Reich, welchem das aktuelle Forum der Islamischen Welten gewidmet ist, das über die Jahrhunderte hinweg einen beachtlichen Reformwillen vorweisen und dadurch seine beiden Nachbarn überdauern konnte. Neben der Adaptionsfähigkeit des Osmanischen Reiches mag der Grund für sein langes Bestehen auch in der kontinuierlich vorangetriebenen Expansion und einer spezifisch früh-neuzeitlichen Neugierde liegen, die, wie Giancarlo Casale jüngst beeindruckend aufzeigen konnte, eben nicht einzig auf das Europa der Frühen Neuzeit begrenzt werden darf. [4] Denn seit der Eroberung Ägyptens im Jahre 1517 durch Sultan Selīm (gestorben 1520) kam auch das Osmanische Reich zum ersten Mal in seiner Geschichte in direkten Kontakt mit der Kultur und dem Handel des Indischen Ozeans. In den nun folgenden Jahrzenten engagierten sich die Osmanen konsequent in dieser riesigen und ihnen bisher unbekannte Region und mit der Zeit entstand in den führenden Kreisen dieses Reiches eine eigene Ideologie, die sich nun primär gegen die militärischen und ökonomischen Herausforderungen der Portugiesen richtete, die ihre Hauptkonkurrenten um die Kontrolle der lukrativen Handelsrouten des maritimen Asiens wurden.
Metin Kunt und Lale Uluç führen den Leser sehr gut in dieses über Jahrhunderte andauernde polit-ökonomische Spannungsverhältnis der drei islamischen Großreiche und ihre jeweiligen geo-strategischen Interessen ein. Dies war zwar auf den ersten Blick durch zahlreiche militärische Konflikte und wirtschaftliche Konkurrenz geprägt; auf der anderen Seite finden wir jedoch auch zahlreiche kulturelle Gemeinsamkeiten, welche die Gesellschaften miteinander verbanden.
Die vorliegende Studie ist gerade deshalb so begrüßenswert, weil sie durchgehend auf den intensiven kulturellen Transfer und die enge künstlerische Verflechtung dieser drei Großreiche hinweist; die Autoren vergessen jedoch nie, auf die spezifischen und regionalen Besonderheiten der Künstler und ihrer Werkstätten hinzuweisen, die ihren ganz individuellen Stil bei der Herstellung der hier präsentierten auserlesenen Dolche, Teppiche, Portraits, erotischen Malereien, Keramikwaren, Schnitzereien, Buchverzierungen, etc. entwickelten und pflegten.
Dieses Zusammenspiel vom dauernden Austausch auf der einen, sowie der Suche nach einer eigenen, spezifischen Ausdrucksweise auf der anderen Seite und der Ablehnung 'fremder' Einflüsse, welche sich in der Kunst, wie auch den Militärtechniken und Moden ausdrückte, zeigen daran anschließend Susan Day und Annabelle Colline in ihren beiden überzeugenden Beiträgen. Der Band endet schließlich mit drei weiteren, sehr anschaulichen Studien, welche sich mit den mit den spezifischen Besonderheiten der jeweiligen Regionen beschäftigt (Charlotte Maury arbeitet über die eindrucksvollen osmanischen İzmir-Kacheln und Keramiken, Yolande Crowe über ihre safawidischen Gegenstücke. Der Band schließt mit Aminda Okadas Beitrag, dessen Fokus auf indischen Skulpturen und Einlegearbeiten liegt).
Die Vernetzungsgeschichte der drei frühneuzeitlichen islamischen Imperien steht gerade erst am Anfang, wie etwa Stephen Dale in seiner wichtigen Studie unlängst bemerkte. [5] Gerade hier kann die vorliegende Abhandlung als ausgezeichnete Einführung und wichtiger Beitrag in die Thematik dienen, was bei einem Museumsführer sicher keine Selbstverständlichkeit ist. Im Unterschied zu Monographien kreist die zu besprechende Publikation natürlich um zahlreiche prächtige Einzelstücken, die allesamt in sehr guten Druckqualität abgebildet sind und ausgezeichnet erklärt werden.
Den Organisatoren und Herausgebern von İslam Sanatını 3 Başkenti: İstanbul, Isfahan, Delhi darf gratuliert werden. Ein Besuch der nun wieder nach Paris zurückgekehrten Meisterwerke lohnt sich nun umso mehr, denn nach der Lektüre der Artikel des Bandes (und des erwähnten Werkes von Dale) eröffnet sich dem Betrachter vor Ort noch einmal das einzigartige kulturelle Leben dieser drei Großeiche; die Studie gehört ohne Zweifel in jede islamwissenschaftliche Bibliothek.
Anmerkungen:
[1] Conrad Sebastian / Tilman Kulke / Moritz von Brescius : Interview über die Globalgeschichte mit Prof. Dr. Sebastian Conrad (Berlin) , in: zeitenblicke 12, Nr. 1, [10.06.2013], URL: http://www.zeitenblicke.de/2013/1/Conrad/index_html, URN: urn:nbn:de:0009-9-36162.
[2] Hierzu liefert Sophie Makariou zuletzt einen sehr guten Überblick, siehe Idem (éd..): Les Arts de l'Islam au Musée du Louvre, Paris 2012.
[3] Und so ist es nur zu begrüßen, dass der Band zuerst auf Türkisch und bald darauf Englisch herausgeben wurde, siehe Carol LaMotte (ed.): Istanbul, Isfahan, Delhi, 3 Capitals of Islamic Art, Masterpieces From the Louvre Collection, Istanbul 2008.
[4] Giancarlo Casale: The Ottoman Age of Exploration, Oxford 2010.
[5] Siehe Stephen Dale: The Muslim Empires of the Ottomans, Safavids, and Mughals, Cambridge 2010.
Tilmann Kulke