Monika Lücke / Christof Römer (Bearb.): Die Mönchsklöster der Benediktiner in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen (= Germania Benedictina; Bd. X), St. Ottilien: EOS Verlag 2012, 2 Bde., 1611 S., ISBN 978-3-8306-7571-6, EUR 165,00
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Historische Sektion der bayerischen Benediktinerakademie München (Hg.): Die Männer- und Frauenklöster der Benediktiner in Bayern (1-3). Bearbeitet von Michael Kaufmann, Helmut Flachenecker, Wolfgang Wüst und Manfred Heim (= Germania Benedictina; Bd. II), St. Ottilien: EOS Verlag 2014, 3 Bde., 2853 S., ISBN 978-3-8306-7657-7, EUR 198,00
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Bertram Resmini (Bearb.): Germania Sacra. Dritte Folge 11: Die Bistümer der Kirchenprovinz Trier. Das Erzbistum Trier 13. Die Benediktinerabtei St. Maximin vor Trier, Berlin: De Gruyter 2016
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1965 wurde die Germania Benedictina ins Leben gerufen. Die Historische Sektion der Bayerischen Benediktinerakademie reagierte damit auf eine allenthalben beklagte Forschungslücke und setzte sich zum Ziel, sämtliche Klöster mit Benediktsregel im deutschsprachigen Raum, sowohl bestehende als auch untergegangene, zu erfassen und historisch zu würdigen. Sollten zunächst nur Mönchsklöster berücksichtigt werden - der erste gedruckte Band widmete sich 1970 den Benediktinerklöstern in Bayern - änderte sich dies in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts: 1984 erschien der Band über Frauenklöster in Norddeutschland. Und hatte man zunächst einen einzigen Bearbeiter für jeden Band vorgesehen, wurde auch hier nachjustiert: angesichts blühender Forschungen zur monastischen Geschichte war es keinem einzelnen Bearbeiter mehr möglich, die Gesamtheit aller Klöster in einem gegebenen Raum im Blick zu behalten. Somit wurden für jedes Kloster die möglichst besten Spezialisten mit der Abfassung eines historischen Abrisses betraut. So ist es bis heute geblieben, und die erfreulichen Folgen sind auch in den hier zu besprechenden Bänden zu bestaunen.
Zunächst zu den beiden Volumina, die sich den Klöstern in den "neuen Bundesländern" widmen, insgesamt 1611 Seiten umfassend, von Ammersleben und Arneburg über Erfurt (St. Jakob und St. Peter) bis hin zu Huysburg und Konradsburg (Bd. 1, 24 Beiträge), von Magdeburg (St. Johannis, St. Moritz), Memleben und Merseburg über Naumburg und Ohrdruf bis hin zu Wechselburg und Zella (Bd. 2, 18 Beiträge): Da in ihnen die heutigen politischen Staats- bzw. Landesgrenzen zugrunde gelegt wurden, konnte die historisch gewachsene mittel- und ostdeutsche Klosterlandschaft nicht in ihrer Gesamtheit dargestellt werden. Elf ehemalige deutschsprachige Klöster gehören heute beispielsweise zur Republik Polen. 25 Jahre nach der Wiedervereinigung hat man Schwierigkeiten, sich die Probleme zu vergegenwärtigen, die mit der Abfassung des zehnten Bandes der Germania Benedictina verbunden waren. Christof Römer vom Landesmuseum Braunschweig hatte sich 1986 nach dem Tod des ursprünglich vorgesehenen Bearbeiters Ursmar Engelmann, Erzabt von Beuron, bereitgefunden, sich der Klosterlandschaft Ostdeutschlands zu widmen und war auf erhebliche Widerstände auf Seiten der kommunistischen Machthaber in der DDR gestoßen. Der Fall der Mauer kam (auch hier) zur rechten Zeit.
Folgt man einer im 13. Jahrhundert gefälschten Urkunde, so wäre 707 in Erfurt ein erstes Kloster gegründet worden - doch wie bei nahezu allen im Band versammelten Artikeln, ist es schwierig, konkrete Gründungsdaten anzugeben. Auf etwas sichererem Terrain bewegt man sich im Falle von Ohrdruf, wo durch Bonifatius um 725 eine klösterlich organisierte Gemeinschaft angesiedelt wurde. Die mitteldeutsche Klosterlandschaft wurde durch Reformation und Bauernkriege in Mitleidenschaft gezogen. Die wohl einschneidendsten Veränderungen erfolgten aber im Zuge der Säkularisierungen des frühen 19. Jahrhunderts. Was damals verloren ging, konnte im 20. Jahrhundert nur in Teilen wieder hergestellt werden. Heute sind es nicht politische Umwälzungen oder gar Kriege, die zur Schließung von Klöstern führen, sondern Probleme, die sich daraus ergeben, ausreichenden und/oder kompetenten Nachwuchs zu finden. Benediktinisches Klosterleben ist heute in den "neuen" Bundesländern nur noch in Schwundformen vorhanden. Lediglich zwei bestehen noch bzw. wieder: Huysburg und Wechselburg.
In einer umfangreichen Einleitung (11-48) zeichnen die Herausgeber Christof Römer und Monika Lücke die Entwicklung der monastischen Landschaft nach, von den Anfängen über wirtschaftliche und monastische Entwicklungen bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts, von Reformation, Bauernkrieg und landesherrlichen Eingriffen bis hin zum Ende der Klosterherrschaft. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf Kirchen- und Klosterreformen gerichtet: auf die Bursfelder Union ebenso wie auf das generelle Bestreben mittels intensivierter Provinzialkapitel monastische Gravamina zeitnah und energisch anzugehen. Der Rezensent hätte wohl gezögert den knappen abschließenden Abschnitt der Einleitung als "hoffnungsvollen Neubeginn im 20. Jahrhundert" zu apostrophieren - zu prekär scheint die Situation der von St. Matthias/Trier und Ettal abhängigen Priorate auf der Huysburg und in Wechselburg. Anerkennung verdienen beide Initiativen jedoch gleichermaßen. Die Gründung der seit der Reformation ersten benediktinischen Niederlassung in Sachsen war tatsächlich nur möglich - und Gabriel Heuser OSB weist in seinem Wechselburg gewidmeten Beitrag (1455-1460) zu Recht darauf hin - weil sich in Ettal selbst die Nachwuchssituation erfreulich stabil zeigte und ein "missionarischer Aufbruch" gen Osten die Zustimmung des Gesamtkonvents fand.
Die inhaltliche Gliederung jeden Artikels ist identisch: es finden sich zunächst Angaben zu historischen Namensformen, zur politischen und kirchlichen Topographie und zu den Patronen. Es schließt sich der "Geschichtliche Überblick" an - das Herzstück eines jeden Beitrags, das in den allermeisten Fällen an der Abfolge der Abbatiate ausgerichtet ist. So einsichtig diese methodische Vorgehensweise scheint, so problematisch ist sie: nach der zumeist detailliert geführten Diskussion der Gründungsdaten mit einer ausführlichen Darstellung des Für und Wider insbesondere von Frühdatierungen, macht sich bei nicht wenigen Artikeln das Gefühl breit, eine schlichte Aneinanderreihung von Biogrammen rezipieren zu müssen. Es folgen Angaben zu den wirtschaftlichen, rechtlichen und sozialen Verhältnissen, zu Patronaten und Inkorporationen, zur Bibliotheks- und zur Bau- und Kunstgeschichte. Den Abschluss bilden jeweils eine Abtsliste und die in gedruckte Quellen und Literatur unterteilte, umfangreiche Bibliographie. In den meisten Fällen findet sich die Interaktion von jeweiligem Kloster mit der Stadtgemeinde bzw. Bürgerschaft, vor allem aber das Verhältnis der in einer Stadt ansässigen Klöster untereinander nur knapp umrissen. Natürlich ist dies von der jeweiligen Quellensituation abhängig, können doch nur wenige Beiträge in Hinblick auf die "sozialen" Verhältnisse im Kloster selbst, d.h. auf Zusammensetzung, Personalstärke und Klosterämter aus dem Vollen schöpfen. Zumeist etwas besser präsentiert sich die Situation hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse der jeweiligen Klöster, und so werden hier unzählige Forschungsperspektiven eröffnet, zumal dort, wo sich die einschlägigen Quellen mit aktuellen Signaturen detailliert in den Fußnoten verzeichnet finden. Mangelnde Akribie bei der Ausarbeitung der Artikel wird man den allermeisten Beiträgern nicht absprechen können. Hinsichtlich der Bibliotheksgeschichte hätte man gerne mehr über die Veräußerung der Handschriften in "Zeiten der Not" erfahren - denn einige der heutigen Aufbewahrungsorte geben Anlass zum Staunen und sind eigentlich nur über eine (wiederholte?) Veräußerung der Manuskripte (und Zimelien) auf dem internationalen Auktionsmarkt erklärbar.
Seit 1990 plante man eine Neuauflage der Germania Benedictina II. War die 1970 erschienene Vorgängerauflage nur den Männerklöstern gewidmet, finden sich nun auch die Frauenklöster mit aufgenommen: Ergebnis sind drei schwergewichtige Bände mit insgesamt fast 2700 Seiten, von Altomünster über Frauenchiemsee und Ottobeuren bis hin zu Sankt Ottilien, Tutzing und Zellingen 249 Beiträge umfassend - ein monumentales Werk, das die Aussage Ulrich Fausts, des Herausgebers, bestätigt: "Bayern ist geradezu ein benediktinisches Land." (13) Bearbeitet wurden die Bände von Michael Kaufmann, Helmut Flachenecker, Wolfgang Wüst und Manfred Heim, allesamt Spezialisten der (benediktinischen) Ordensgeschichte, die insgesamt eine glückliche Hand bei der Auswahl der Beiträger bewiesen und auch selbst qualitativ Hochwertiges beigetragen haben. Anders als im Falle der Germania Benedictina X verweist das Inhaltsverzeichnis auf eine Vielzahl noch immer existierender und prosperierender Klöster: nach der Lektüre des Ettal gewidmeten Beitrags (Winfrid Hahn/Willibald Schneider, I, 587-615) versteht man sehr viel besser, weshalb dieses Kloster zu einer Neugründung im sächsischen Wechselburg in der Lage war. Eindrücklich beschrieben wird, wie sehr sich bei vielen Klöstern Vergangenheit und Gegenwart verschränken. Wenn beispielsweise Birgitta Klemenz in ihren Ausführungen zu Kloster Andechs, dessen raison d'être seit jeher in der Sorge um einen umfangreichen Heiltumsschatzes bestand, davon spricht, die Heiltumsweisung sei "seit dem ersten Drittel des 12. Jahrhunderts" bezeugt und unmittelbar darauf anschließt, "die Wallfahrer kommen heute in der Kreuzwoche" (I, 64), dann verweist dies auf einen "Sitz im Leben", auf eine Verankerung in der Gesellschaft, in der Klöster nicht als Fremdkörper, sondern als integraler Bestandteil lokaler Frömmigkeit und Tradition begriffen werden.
Egal, ob man nun Germania Benedictina II oder X zur Hand nimmt: der Leser wird mit Informationen beschenkt, die profund und verlässlich sind und den jeweils aktuellen Stand der Forschung widerspiegeln. Ja noch mehr: es gibt wohl keinen Artikel, in dem nicht neuen Forschungsprojekten der Weg gewiesen würde. Die Bayerische Benediktinerakademie jedenfalls ist in mehrfacher Hinsicht zu beglückwünschen: in einer Zeit, in der Langzeitprojekte wissenschaftspolitisch einen schweren Stand haben, hält sie unbeirrt am einmal eingeschlagenen Kurs fest (was inhaltliche und konzeptionelle Modifikationen keineswegs ausschließt), schafft es, eine Vielzahl kompetenter Forscher zur Mitarbeit zu bewegen und stellt so eindrucksvoll die Leistungsfähigkeit der deutschen Ordensgeschichte unter Beweis. Dass man auch bei der Einwerbung von Förder- und Sponsorenmittel nicht ganz ungeschickt vorgegangen ist, zeigt der moderate Preis der Bände, denen sehr viel mehr als ein Schattendasein in universitären Seminarbibliotheken beschieden sein dürfte. Auf die Folgebände darf man gespannt sein.
Ralf Lützelschwab