Geschenktipps zu Weihnachten

Christoph Cornelißen, Kiel



Fünf unsystematische, hierarchisierte und launige Empfehlungen vom Schreibtisch und aus dem Ohrensessel

I. Für die Studierenden:
a) der späten Neuzeit:

Edgar Wolfrum, Die Bundesrepublik Deutschland 1949-1990 (= Gebhardt Handbuch der Deutschen Geschichte) 10., völlig neu bearb. Aufl, Stuttgart 2005

Ein flott geschriebenes, gerade neu erschienenes Handbuch zur neuesten Geschichte der Bundesrepublik bis zur Vereinigung mit der Deutschen Demokratischen Republik. Das Buch behandelt nicht nur, wie es in den älteren Auflagen des Gebhardt üblich war, die Politik- oder teilweise auch die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, sondern es räumt der neueren Kulturgeschichte ebenfalls hinreichenden Raum ein. So erfährt der Leser nicht nur etwas über Konrad Adenauer und Helmut Kohl, sondern auch manches über Garagenbands und andere Dimensionen der neuesten "Erlebniskultur". Kurz: Eine sehr nützliche und verständlich geschriebene Einführung in die Geschichte der "ersten" Bundesrepublik.

b) der frühen Neuzeit:

Olaf Mörke: Die Reformation. Voraussetzungen und Durchsetzung (=Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 74), München 2005

Dieser Band hat den Test bestanden! Ein Spätneuzeitler hat das Buch seines Fachkollegen (Frühneuzeitler), der nur wenige Zimmer entfernt residiert, verstanden. Es hat ihm bereits nützliche Dienste als Prüfungsvorbereitung (für den Prüfer) geleistet, und dürfte ebenso sinnvolle Dienstleistungen für die Studierenden abgeben. Die Bände in der Reihe "Enzyklopädie deustche Geschichte" sind die denkbar knappsten Zusammenfassungen und Forschungsberichte zu schwierigen Fragen der Geschichte. Und was gibt es Schwierigeres, als das welthistorische Ereignis "Reformation" auf 125 Seiten zu bannen. Deswegen eine unbedingte Kaufempfehlung, von der der Autor nichts weiß!!


II. für Interessierte an Forschungs- und Methodenfragen:
Ute Frevert/Heinz-Gerhard Haupt (Hg.): Neue Politikgeschichte. Perspektiven einer historischen Politikforschung, Frankfurt a. M. Campus 2005

Mit Interesse liest man von großen neuen Entdeckungen in Bielefeld. Dort, wo man einst der Politikgeschichte den Garaus gemacht hat, wird neuerdings der Nutzen der Politikgeschichte neu entdeckt. Da das Projekt von der Bielefelder Alm stammt, kommt es nicht ohne schmückende Beiwörter aus. Also: Neue Politikgeschichte soll es sein! Ob und was an den hier vorgestellten Teilprojekten wirklich neu ist, soll dem Urteil der Leserinnen und Leser überlassen bleiben. Nützlich für eine Wiederaufnahme einer doch schon (sehr alten) Debatte ist der Sammelband allemal.


III) für "gebildete Leser":
Bernd Roeck/Andreas Tönnesmann: Die Nase Italiens. Federico da Montefeltro, Herzog von Urbino, Berlin: Wagenbach 2005

Bekanntlich steht Wagenbach für schöne Bücher. Auch dieses gehört dazu. Wer mehr über das Kriegswesen in der Frühen Neuzeit und die Herrschaftsverhältnisse in Italien belehrt werden will, erhält in diesem elegant formulierten Buch vielerlei Aufschlüsse. Dass es von einem Historiker und einem Kunsthistoriker geschrieben wird ist, verweist bereits auf den nächsten Historikertag in Konstanz. Auch da wird es um Bilder gehen und ihre Geschichte beziehungsweise die Geschichte, die sie vermitteln. Und genau über dieses uralte Medium bietet der vorliegende Band viele wertvolle Einsichten.


IV) alte Kamellen neu gelesen:
Malcom Bradbury, The History man: London 1986 u.ö.

Warum sollte man so ein altes Buch nochmals lesen, nachdem Dietrich Schwanitz mit "Der Campus" 1995 eine erfolgreiche deutsche Variante nachlieferte? Eben deswegen! Der englische Universitätsroman ist originaler und origineller als seine deutschen Nachfolger. In Zeiten von dauernden BA-/MA-Sitzungen und einer sich zu Tode reformierenden Universität bietet der Roman Bradburys psychologische Labsal für Kollegen/Kolleginnen und Studierende. Denn er zeigt sehr schön auf, was man an einer reformierten Universität alles lernen kann: Nichts! Jedenfalls nichts Nützliches für das berufliche Leben, auch nicht für das private! Nur "Schlüsselqualifikationen" für Schlösser, die keiner kennt.