Geschenktipps zu Weihnachten

Günther Lottes, Potsdam



Pablo de Santis, Voltaires Kalligraph. Unionsverlag Berlin 2005.

Dies ist keiner der gängigen historischen (Kriminal)- oder Schauerromane, wie sie heute jedes Jahr zu Dutzenden auf den Markt geworden werfen. Der Argentier Pablo de Santis nutzt diese literarische Tarnung, die übrigens durchaus für sich bestehen könnte, für ein vielschichtiges, scharfsinniges und witziges Spiel mit der Aufklärungsepoche. Schon der Titel, Voltaires Kalligraph drückt diese Doppelbödigkeit aus. Denn Voltaire brauchte keinen und war kein Schönschreiber., wohl aber ein Schreibkünstler eigener Art. Am Ende macht es mehr Spaß, die vielen Bedeutungsebenen und Anspielungen, die de Santis in den Text einwebt, zu entschlüsseln, als der Geschichte zu folgen, die dem Feuerwerk seiner Einfälle als Gerüst dient.


Getrud Himmelfarb, The Roads to Modernit. The British, French, and American Enlightenments. Martin A. Knopf New York 2004.

Die Aufklärung hat wieder einmal Konjunkur als historischer Bezugshorizont, diesmal als Gründungsepoche der okzidentalen Welt und ihrer politischen Kultur. Wie diese Epoche im Zeichen der anglo-amerikanischen Hegemonie im wahrsten Sinne des Wortes ohne Rücksicht auf Verluste einseitig vereinnahmt werden kann, zeigt in ihrem neuen Buch Getrud Himmelfarb, führende Gesinnungshistorikerin des konservativen Amerika. Um es so kurz zu machen, wie das Buch es auch tut: Die gute Aufklärung ist die anglo-amerikanische, die böse die französische; andere Aufklärungen befürfen der Erwähnung nicht. Wer sich mit der Aufklärung beschäftigt, der braucht sich mit diesem Buch nicht aufzuhalten. Wer sich aber für amerikanische Erinnerungskultur interessiert und wissen will, wie die neuen Konservativen in den USA sich das Erbe des 18. Jahrhunderts zurechtschneiden, auf den wartet eine spannende Lektüre.


Ridicule - dvd. Edition speciale 2 dvds. Avril 2005.

Es gibt Geschichtsfilme, die man im Seminar als Quelle vorführen möchte, weil sie die Quellen so in die Sprache der Bilder umsetzen, dass sie ein dem Medium des Textes zunehmend entwöhntes studentisches Publikium zu erreichen versprechen. Ridicule mit Charles Berlin, Fanny Ardant und Jean Rochefort gehört zu diesen Streifen, die das 18. Jahrhundert ebenso packend und quellengenau, ebenso provozierend wie hintergründig witzig auf die Leinwand bringen. Die große Welt des Hofes unter dem so wenig höfischen Ludwig XVI.. wenige Jahre vor der Revolution erscheint als ein Treibhaus der kuriosen Leidenschaften und Fertigkeiten einer anderen Kultur kurz vor ihrer Vernichtung. Und doch ist diese Welt auch im Sinne Barbara Tuchmans ein ferner Spiegel der großen Welten zu aller Zeit, die bei Licht, hier beim Licht der Aufklärung gesehen, doch nicht mehr sind als kleine Welten der Intrigen, Täuschungen und Rankünen im ewigen Wettkampf der Eitelkeiten.


Poesie des Augenblicks. Meisterwerke der französischen Genremalerei im Zeitalter von Watteau, Chardin und Fragonard. Katalog zur Ausstellung im Alten Museum, Berlin, 4. Februar - 9. Mai 2004.

Die Ausstellung - zu der dieser Katalog erschien - war eine einzigartige Dokumentation zur französischen Kultur und Kulturausstrahlung im 18. Jahrhundert "quand l'Europe parlait francais". Selbst ohne den Ausstellungbezug ist dieser Katalog ein Muss für jeden, der sich für die Epoche des untergehenden Ancien Régime zwischen Dämmerung und heraufziehendem Licht der Moderne interessiert.