Wolfdieter Bihl: Der Erste Weltkrieg. 1914-1918. Chronik - Daten - Fakten, Wien: Böhlau 2010, 351 S., ISBN 978-3-205-78379-4, EUR 24,90
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Zum Ersten Weltkrieg liegt eine Reihe von Nachschlagewerken vor. Aktuell im deutschsprachigen Bereich am wichtigsten ist die von Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz herausgegebene "Enzyklopädie Erster Weltkrieg", die 2003 zum ersten Mal erschien und inzwischen weitere Auflagen erlebt hat. [1] In die Kategorie Nachschlagewerke gehört auch Wolfdieter Bihls "Der Erste Weltkrieg 1914-1918. Chronik - Daten - Fakten". Der Autor, emeritierter Professor für Neuere Geschichte in Wien und ausgewiesener Experte für den mittel-, südost- und osteuropäischen Raum, möchte, wie es im kurzen Vorwort (eigentlich ist es nur eine Notiz) heißt, die "innen- und außenpolitischen, militärischen, sozioökonomischen, psychologischen, mentalitätsgeschichtlichen und ansatzweise auch kulturgeschichtlichen Faktoren" erfassen (8).
Am Beginn steht eine Auflistung und Kurzbeschreibung der wichtigsten internationalen Abkommen von 1806 bis 1914. Es folgen 60 meist wenige Seiten umfassende, in Einzelfällen auch längere Stichworte zur Geschichte des Ersten Weltkriegs. Sie werden durch einige Karten verschiedener Kriegsschauplätze sowie ein kurzes Literaturverzeichnis am Ende des Bandes ergänzt. Die im Untertitel angekündigte Chronik wird eher implizit über die chronologische Anordnung der Stichworte gegeben.
Entgegen der im zitierten Vorwort genannten Schwerpunkte widmet sich die überwiegende Zahl der Einträge militärischen Ereignissen. Es finden sich die verschiedenen Isonzoschlachten ebenso wie Einträge zu anderen wichtigen Schlachten und Feldzügen an Ost- und Westfront, auf dem Balkan oder in den Kolonien. Hinzu kommen vor allem Skizzen zur inneren Lage der kriegführenden Staaten, die nach Kriegsjahren sortiert sind, sowie weitere systematische Stichworte, etwa zum Kriegseintritt Italiens und der USA oder zum See- und Luftkrieg.
Die meisten Angaben beschränken sich auf ereignishistorische Fakten und militärische Daten. Wo der Band über solche Grundinformationen hinausgeht, wird nicht immer die neuere Forschung berücksichtigt. So ist es keineswegs sicher, dass die britische Regierung 1914 "die alte[n] britische[n] Balance of Power-Politik" reaktivierte (75). Ebenso lässt die Aussage zur Julikrise "Berlin glaubt bis zuletzt an ein Nichteingreifen Londons" stutzen (52). Und auch, dass die Erfahrungen der zurückliegenden Kriege im Vorfeld des Ersten Weltkriegs "unberücksichtigt" geblieben seien und die Verantwortlichen entsprechend mit einem völlig falschen Kriegsbild in die Schlacht zogen, sieht die Forschung inzwischen deutlich differenzierter (55).
So bleiben die Daten und Fakten. Allerdings hätte man sich auch hier gewünscht, dass dem Band häufiger die Balance zwischen detailgenauen militärischen Schilderungen und allzu pauschalen Passagen gelingt, die dann nur noch wenig erklären. So findet sich zur inneren Lage des Osmanischen Reichs von 1917 zum Beispiel die lakonische Aussage: "Kriegsmüdigkeit, Elend, Teuerung, Bereicherung weniger, Desertionen, Krankheiten und Erschöpfung bei den Soldaten." (179) Dagegen heißt es zur österreichischen Offensive in Südtirol im Frühjahr 1916 unter anderem sehr ausführlich: "Das VIII. Korps nimmt Stellungen auf der Zugna Torta, den Ort Pozza (18. Mai), am 19. Mai den Col Santo. Das XX. Korps erstürmt die Höhe Costa d'Agra, den Monte Coston, am 16. Mai die Stellungen auf dem Soglio d'Aspio [...]. Das XVII. Korps erobert am 22. Mai Borgo, am 26. Mai den Civaron. Das III. Korps nimmt am 21. Mai die Cost'alta und den Costesinrücken" (138).
Am Schluss bleibt noch der Hinweis, dass man sich für eine Arbeit, die überblicksartig Grundwissen vermitteln und als Nachschlagewerk dienen möchte, auch eine ansprechendere grafische Gestaltung hätte wünschen können. Das aber ist sicherlich nicht dem Autor anzulasten.
Anmerkung:
[1]. Gerhard Hirschfeld / Gerd Krumeich / Irina Renz (Hg. in Verbindung mit Markus Pöhlmann): Enzyklopädie Erster Weltkrieg, Paderborn u.a. 2003 (aktual. und erw. Studienbuchausgabe bei UTB 2009).
Friedrich Kießling