Friederike Neumann: Schreiben im Geschichtsstudium (= Schreiben im Studium; Bd. 5), Stuttgart: UTB 2018, 110 S., zahlr. s/w-Abb., ISBN 978-3-8252-4843-7, EUR 12,99
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Dass wissenschaftliches Schreiben eine Kulturtechnik ist, die erlernt und geübt werden muss und vermittelt werden kann, ist eine Erkenntnis, die sich in den letzten Jahren auch an den Universitäten durchsetzt. Hiervon zeugen die vielen Schreibwerkstätten und schreibdidaktischen Zentren, die in dieser Zeit an Universitäten und Hochschulen eingerichtet wurden, wie auch die schreibdidaktischen Maßnahmen, die aus dem Qualitätspakt Lehre finanziert werden. Im Fach Geschichte mag die Sensibilität für die sprachliche Verfasstheit der fachwissenschaftlichen Erkenntnisse ausgeprägter sein als in anderen Fächern. Nichtsdestotrotz hat auch in unserem Fach das Nachdenken über die fachspezifische Vermittlung geschichtswissenschaftlichen Schreibens an Fahrt aufgenommen. Ausdruck dieser Dynamik sind Veröffentlichungen wie "Geschichtswissenschaftliches Schreiben lehren" [1] von Heidrun Ochs, das sich an Lehrende richtet, oder der im März 2018 in Bielefeld durchgeführte Workshop "Geschichtswissenschaftliches Schreiben lehren? Studierende bei der Entwicklung fachspezifischer Schreibkompetenz unterstützen". [2]
Den Markt an Angeboten für Studierende, sich diese Kulturtechnik anzueignen, bereichert nun Friederike Neumann mit ihrem Band "Schreiben im Geschichtsstudium". Der Band hebt sich in seinem sehr pragmatischen und lebensweltnahen Zugriff wohltuend von älteren Arbeiten von Historikerinnen und Historikern ab [3] - aber auch von den zahlreichen fachunspezifischen allgemeinen Studienratgebern zum wissenschaftlichen Schreiben, die die fachspezifischen Eigenheiten dieses Schreibens und damit ihre zentrale Eigenschaft kaum thematisieren.
Friederike Neumann folgt in ihrer Gliederung dem Erleben der Studierenden: Sie klärt zunächst, dass und wieso im Fach geschrieben und wie dies im Studium erlebt wird. Danach arbeitet sie von der Themenfindung und -eingrenzung über die Fragestellung, das Finden und Auswerten von Literatur, das Finden und Bearbeiten von Quellen, die Gliederung und Strukturierung des Textes und die konkreten Herausforderungen im eigentlichen Schreibprozess alle wichtigen Etappen bei der Erstellung einer Seminararbeit ab. Auch Fragen des Zeitmanagements wie die Überarbeitung, aber auch der Umgang mit Schwierigkeiten und Blockaden werden angesprochen.
In allen Bereichen formuliert Neumann sehr unprätentiös, nie besserwissend, sondern zupackend und ermutigend und immer sehr nah am Schreiberleben der Studierenden. Sie verzichtet dabei fast vollständig auf schreibdidaktische Terminologie. Zu jeder Herausforderung formuliert sie praktische kleine Methoden, mit denen sich diese Herausforderungen oft gut bewältigen lassen. Dass Schreiben immer auch auf das Lesen verwiesen ist, dass Schreiben kein durchweg gerichteter Prozess ist, all das stellt sie den studierenden Leserinnen und Lesern vor. Auf Ballast, der in erster Linie der Absicherung gegen die Lektüre durch Kolleginnen und Kollegen dienen würde, verzichtet sie.
Offen bleibt vielleicht, was das spezifisch Geschichtswissenschaftliche an der historischen Seminararbeit gegenüber anderen fachspezifischen Schreibkulturen ist. Das zu thematisieren hätte einen Umweg über das Konzept geschichtswissenschaftlichen Denkens erfordert, der in diesem praxisnahen Ratgeber nicht geleistet werden konnte. Die Beispiele sind jedoch durchweg so gewählt, dass sie die üblichen Anforderungen an eine heutige geschichtswissenschaftliche Seminararbeit abdecken dürften; und Neumanns Erläuterungen verzichten nicht auf die fachliche Kontextualisierung. Das ist genau das, was die Autorin den studierenden Leserinnen und Lesern verspricht - und was diese typischerweise brauchen werden.
Anmerkungen:
[1] Heidrun Ochs: Geschichtswissenschaftliches Schreiben lehren, Schwalbach/Ts. 2016.
[2] http://www.hsozkult.de/event/id/termine-36676, Zugriff am 03.07.2018.
[3] Als Beispiel Wolfgang Schmale: Schreib-Guide Geschichte. Schritt für Schritt wissenschaftliches Schreiben lernen, Wien u.a. 2006, das vor der Expansion der universitären Schreibdidaktiken entstand und damals fortschrittlich war, modernen Ansprüchen damit aber nicht mehr genügt.
Andreas Frings